Die Klägerin führt künstliche Befruchtungen durch. Dazu werden der Patientin Eizellen entnommen, befruchtet, kryokonserviert und in einem späteren Zyklus wieder eingesetzt. Überschüssige Eizellen werden für die Herbeiführung von weiteren Schwangerschaften vorgehalten. Die Klägerin behandelte sämtliche Umsätze aus der Kryokonservierung als steuerfrei.
Demgegenüber unterschied das Finanzamt danach, ob die Eizellen für eine erstmalige oder weitere Schwangerschaft verwendet würden. Nur soweit die Konservierung im Zusammenhang mit einer konkreten Fruchtbarkeitsbehandlung dazu diene, überzählige Eizellen aufzubewahren und in einem späteren Zyklus einzusetzen, könne sie Teil einer steuerfreien Heilbehandlung sein. Die Konservierungsleistungen nach einer (ersten) Schwangerschaft stünden aber in keinem Zusammenhang mit der Verhinderung einer Krankheit bzw. einer therapeutischen Maßnahme.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zugelassen, weil die aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.
Die Gründe:
Auch die Umsätze aus der Kryokonservierung nach erfolgreicher erster Schwangerschaft unterfallen der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG.
Die Lagerung der Eizellen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft dient insgesamt therapeutischen Zwecken. Dies gilt unabhängig davon, ob die verwahrten Eizellen für eine erstmalige oder für weitere Schwangerschaften verwendet werden. Verträge über die Kryokonservierung schließt die Klägerin nur ab, wenn bei einem der beiden fortpflanzungswilligen Partner eine organisch bedingte Sterilität vorliegt. Die organisch bedingte Sterilität ist die Krankheit, die von der Klägerin behandelt wird. Der unerfüllte Kinderwunsch ist die Krankheitsfolge.
Diese Krankheitsfolge kann durch die erfolgreiche ärztliche Herbeiführung einer ersten Schwangerschaft gelindert werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die organisch bedingte Sterilität als Krankheit ohne zeitliche Unterbrechung hinaus fortdauert. Die über den Zeitpunkt der erstmaligen Schwangerschaft hinausgehende Lagerung der Eizellen dient insofern der Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft und damit weiterhin therapeutischen Zwecken.
Dabei ist die Kryokonservierung der bereits einmal gewonnenen Eizellen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit das mildeste Mittel im Vergleich mit dem Aufwand und den Risiken, die mit der erneuten Entnahme von Eizellen verbunden wären. Die Kryokonservierung dient somit der Linderung der organisch bedingten Sterilität.
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