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Neuregelung zur sog. Körperschaftsteuererhöhung verfassungsgemäß

FG Düsseldorf 18.3.2014, 6 K 2087/11 F

Das FG Düssel­dorf hält die Neu­re­ge­lung des Körper­schaft­steu­er­erhöhungs­be­tra­ges für ver­fas­sungs­gemäß. Da der Ge­setz­ge­ber einen be­son­ders wei­ten Spiel­raum bei der Um­struk­tu­rie­rung kom­ple­xer Re­ge­lungs­sys­teme hat, war er be­rech­tigt, die aus­schüttungs­un­abhängige Nach­ver­steue­rung auf Steu­er­pflich­tige zu er­stre­cken, die in der Ver­gan­gen­heit keine Aus­schüttun­gen vor­ge­nom­men hat­ten und be­haup­te­ten, im ge­sam­ten Überg­angs­zeit­raum von 18 Jah­ren Aus­schüttun­gen nicht zu be­ab­sich­ti­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist ein ehe­mals ge­meinnützi­ges Woh­nungs­un­ter­neh­men. Sie wandte sich ge­gen den vom Fi­nanz­amt gem. § 38 Abs. 5 u. 6 i.V.m. § 34 Abs. 16 KStG fest­ge­stell­ten Körper­schaft­steu­er­erhöhungs­be­trag i.H.v. 73,9 Mio. €. Die Kläge­rin hielt die Neu­re­ge­lung für ver­fas­sungs­wid­rig. Die Vor­schrift des § 38 Abs. 5 u. 6 KStG ent­fal­te­ten eine ver­fas­sungs­recht­lich un­zulässige Rück­wir­kung. Außer­dem sei es mit Art. 3 Abs. 1 GG un­ver­ein­bar, dass durch § 38 Abs. 5 KStG eine endgültige Ab­gel­tung des letzt­ma­lig fest­ge­stell­ten po­si­ti­ven End­be­trags des EK 02 un­abhängig von ei­ner Aus­schüttung her­bei­geführt werde.

Darüber hin­aus war die Kläge­rin der Auf­fas­sung, dass § 38 Abs. 4 bis 10 KStG ge­gen die Mut­ter-Toch­ter-Richt­li­nie ver­stoße, wenn und so­weit eine im EU-Aus­land ansässige Mut­ter­ge­sell­schaft an der den Körper­schaft­steu­er­erhöhungs­be­trag schul­den­den und un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Toch­ter­ge­sell­schaft be­tei­ligt sei und die­ses eine Un­gleich­be­hand­lung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG be­deute, wenn die Rechtmäßig­keit der Er­he­bung ei­ner Ab­gel­tungs­steuer da­von abhängig sein sollte, ob die je­wei­lige Mut­ter­ge­sell­schaft im In­land oder im EU-Aus­land ansässig sei. Letzt­lich ver­letze auch die Be­schränkung der Op­ti­ons­re­ge­lung des § 34 Abs. 16 KStG auf be­stimmte Un­ter­neh­men aus der Woh­nungs­wirt­schaft Art. 3 GG.

Die Kläge­rin be­an­tragte hilfs­weise, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und eine Ent­schei­dung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG ein­zu­ho­len. Das FG wies die Klage voll­umfäng­lich ab. Al­ler­dings wurde gem. § 115 Abs. 2 FGO die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
§ 38 Abs. 5 u. 6 KStG und § 34 Abs. 16 KStG sind nicht ver­fas­sungs­wid­rig, so dass das Ver­fah­ren nicht aus­ge­setzt wer­den mus­ste, um eine Ent­schei­dung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG ein­zu­ho­len.

Nach der ge­setz­li­chen Neu­re­ge­lung beträgt der Körper­schaft­steu­er­erhöhungs­be­trag grundsätz­lich 3/100 des letzt­ma­lig auf den 31.12.2006 fest­ge­stell­ten End­be­trags an sog. EK 02 (bis­lang un­ver­steu­er­tes Ei­gen­ka­pi­tal). Mit­hilfe der Neu­re­ge­lung soll die Körper­schaft­steu­er­erhöhung, die nach Maßgabe der Vorgänger­re­ge­lung während des 15- bzw. 18-jähri­gen Überg­angs­zeit­raums bei Aus­schüttun­gen ein­trat, in pau­scha­lier­ter Form (aus­schüttungs­un­abhängig) ab­ge­gol­ten wer­den.

Die Neu­re­ge­lung stellt keine ver­fas­sungs­wid­rige Vermögens­be­steue­rung dar. Im Rah­men des Sys­tem­wech­sels vom An­rech­nungs- zum Halb- bzw. Tei­leinkünf­te­ver­fah­ren wird das Sys­tem der aus­schüttungs­be­ding­ten Körper­schaft­steu­er­erhöhung durch eine pau­schale Ab­schlag­zah­lung er­setzt. Da­bei han­delt es sich nicht um eine Vermögens­be­steue­rung, son­dern um einen Er­satz­tat­be­stand für die bis­he­rige aus­schüttungs­abhängige Nach­ver­steue­rung un­ver­steu­er­ten Ei­gen­ka­pi­tals mit 30 % des aus­ge­schütte­ten Ei­gen­ka­pi­tals. Da der Ge­setz­ge­ber einen be­son­ders wei­ten Spiel­raum bei der Um­struk­tu­rie­rung kom­ple­xer Re­ge­lungs­sys­teme hat, war er be­rech­tigt, die aus­schüttungs­un­abhängige Nach­ver­steue­rung auf Steu­er­pflich­tige zu er­stre­cken, die - wie die Kläge­rin - in der Ver­gan­gen­heit keine Aus­schüttun­gen vor­ge­nom­men hat­ten und be­haup­te­ten, im ge­sam­ten Überg­angs­zeit­raum von 18 Jah­ren Aus­schüttun­gen nicht zu be­ab­sich­ti­gen.

Es liegt auch keine ver­fas­sungs­recht­lich un­zulässige Rück­wir­kung vor, und die vor­lie­gende "un­echte Rück­wir­kung" be­einträch­tigt das ver­fas­sungs­recht­lich ge­schützte Ver­trauen des Ein­zel­nen nicht un­verhält­nismäßig. Die Er­war­tung der Kläge­rin, dass das EK 02 nach Ab­lauf der Überg­angs­zeit steu­er­frei sein würde, ge­nießt als bloße all­ge­meine Er­war­tung in den Fort­be­stand der al­ten Rechts­lage in­so­fern kei­nen be­son­de­ren ver­fas­sungs­recht­li­chen Schutz.

Fer­ner ist es mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz ver­ein­bar, dass durch die Neu­re­ge­lung eine endgültige Ab­gel­tung des letzt­ma­lig fest­ge­stell­ten po­si­ti­ven End­be­trags des EK 02 un­abhängig von ei­ner Aus­schüttung her­bei­geführt wird. Das Prin­zip der Be­steue­rung nach der fi­nan­zi­el­len Leis­tungsfähig­keit wird nicht ver­letzt und eine Übermaßbe­steue­rung nicht aus­gelöst. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass das EK 02 der Kläge­rin dar­auf be­ruhte, dass sie als ehe­mals ge­meinnützi­ges Woh­nungs­un­ter­neh­men in der Schluss­bi­lanz zum 31.12.1990 ihre Wirt­schaftsgüter mit dem Teil­wert hatte an­set­zen müssen. Der großzügige Ein­schätzungs- und Ty­pi­sie­rungs­spiel­raum des Steu­er­ge­setz­ge­bers er­laubt ihm das Ab­se­hen von ei­ner be­son­de­ren Vor­schrift.

Schließlich ist der all­ge­meine Gleich­heits­satz auch nicht da­durch ver­letzt, dass die be­ste­hende Op­ti­ons­re­ge­lung auf be­stimmte Un­ter­neh­men der Woh­nungs­wirt­schaft be­schränkt ist. Denn die Pri­vi­le­gie­rung knüpft an be­son­dere Struk­tur­merk­male an, wel­che die Kläge­rin nicht erfüllte. Im Übri­gen hatte die Kläge­rin den er­for­der­li­chen An­trag nicht frist­ge­recht ge­stellt.

Link­hin­weis:

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