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Rechtsberatung

Krankenhausabrechnung: Bundestag beschließt Gesetz über bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz)

Der Bun­des­tag hat am 7.11.2019 in zwei­ter und drit­ter Le­sung über den „Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes über bes­sere und un­abhängi­gere Prüfun­gen (MDK-Re­form­ge­setz)“ be­ra­ten und das Ge­setz in der durch den Ge­sund­heits­aus­schuss vor­ge­leg­ten Fas­sung (Be­schluss­ent­wurf, BT-Drs. 19/14871) an­ge­nom­men.

Das MDK-Re­form­ge­setz wird am 1. Ja­nuar 2020 in Kraft tre­ten. Der Zu­stim­mung des Bun­des­ra­tes be­darf es nicht. Mit dem Ge­setz soll die Kran­ken­haus­ab­rech­nung trans­pa­ren­ter ge­stal­tet und da­mit Strei­tig­kei­ten zwi­schen Kran­kenhäusern und Kran­ken­kas­sen re­du­ziert wer­den. Die hierzu vor­ge­se­he­nen Maßnah­men sind ins­be­son­dere:

Bundestag beschließt MDK-Reformgesetz zur Verbesserung der Krankenhausabrechnung© Thinkstock

Medizinischer Dienst

Der „Me­di­zi­ni­sche Dienst der Kran­ken­kas­sen“ (MDK) wird or­ga­ni­sa­to­ri­sch von den Kran­ken­kas­sen ab­ge­kop­pelt und zum „Me­di­zi­ni­schen Dienst“ (MD), der als Körper­schaft des öff­ent­li­chen Rechts in je­dem Bun­des­land er­rich­tet wird. 

Begrenzung von Einzelfallprüfungen über Prüfquoten und Einführung von Aufschlagszahlungen

Die Kran­ken­kas­sen müssen Ein­zel­fallprüfun­gen durch den MD in­ner­halb von vier Mo­na­ten nach Ein­gang der Rech­nung ein­lei­ten. Der Um­fang die­ser Ein­zel­fallprüfun­gen wird über sog. quar­tals­be­zo­gene Prüfquo­ten je Kran­ken­haus be­grenzt. Die Prüfquote für das Jahr 2020 wird da­bei auf 12,5% der pro Quar­tal ein­ge­gan­ge­nen Schluss­rech­nun­gen be­grenzt; ab dem Jahr 2021 wird die quar­tals­be­zo­gene Prüfquote je Kran­ken­haus auf 5%, 10% und 15% fest­ge­legt, je in Abhängig­keit von dem pro­zen­tua­len An­teil un­be­an­stan­det ge­blie­be­ner Rech­nun­gen.

Für un­be­an­stan­det ge­blie­bene Rech­nun­gen ver­bleibt es da­bei, dass die Kran­ken­kas­sen eine Auf­wands­pau­schale von EUR 300 an die Kran­kenhäuser zu ent­rich­ten ha­ben.

Für be­an­stan­dete Rech­nun­gen ha­ben Kran­kenhäuser künf­tig Auf­schlags­zah­lun­gen an die Kran­ken­kas­sen zu ent­rich­ten: für das Jahr 2020 ha­ben die Kran­kenhäuser da­nach einen Auf­schlag in Höhe von 10% des Dif­fe­renz­be­trags zwi­schen dem ur­sprüng­li­chen und dem nach Prüfung durch den MD ge­min­der­ten Ab­rech­nungs­be­trag an die Kran­ken­kas­sen zu zah­len; ab dem Jahr 2021 ha­ben die Kran­kenhäuser bei einem An­teil un­be­an­stan­de­ter Rech­nun­gen von un­ter 60% - also ei­ner Be­an­stan­dungs­quote ab 40% - einen Auf­schlag von 25% - 50% des Dif­fe­renz­be­trags zwi­schen dem ur­sprüng­li­chen und dem ge­min­der­ten Ab­rech­nungs­be­trag, min­des­tens aber EUR 300 zu zah­len. Der Be­trag ist be­grenzt auf ma­xi­mal 10% des ge­min­der­ten Ab­rech­nungs­be­trags.

Wi­der­spruch und Klage ge­gen die Gel­tend­ma­chung von Auf­schlags­zah­lun­gen und ge­gen die Er­mitt­lung der Prüfquote ha­ben keine auf­schie­bende Wir­kung. Ein­wen­dun­gen, behörd­li­che oder ge­richt­li­che Fest­stel­lun­gen zu Ein­zel­fallprüfun­gen können die er­mit­telte Prüfquote nicht verändern.

Einführung von Strukturprüfungen als Abrechnungsvoraussetzung

Vor­aus­set­zung für die Ver­ein­ba­rung und Ab­rech­nung von Struk­tur­merk­ma­len nach dem Ope­ra­tio­nen- und Pro­ze­du­ren­schlüssel (OPS) ist ab 2021 die vor­he­rige Überprüfung von Struk­tur­merk­ma­len durch den MD. Nach Er­halt ei­nes po­si­ti­ven Gut­ach­tens darf das Kran­ken­haus die Struk­tur­merk­male dann für den in dem Struk­tur­gut­ach­ten be­nann­ten Zeit­raum im Rah­men der Ent­gelt­ver­hand­lun­gen ver­ein­ba­ren und zur Ab­rech­nung brin­gen.

Aufrechnungsverbot

Es wird ein Auf­rech­nungs­ver­bot ein­geführt: Kran­ken­kas­sen dürfen mit Rück­for­de­rungs­an­sprüchen nicht (mehr) ge­gen Vergütungs­an­sprüche der Kran­kenhäuser auf­rech­nen. Bis­lang war dies in ei­ni­gen Bun­desländern auf­grund der lan­des­recht­lich be­ste­hen­den Re­ge­lun­gen möglich.    

Schlichtungsausschuss auf Bundesebene

Ein Schlich­tungs­aus­schuss auf Bun­des­ebene soll Kon­flikte zwi­schen Kran­kenhäusern und Kran­ken­kas­sen schnel­ler lösen.

Hinweis

Das MDK-Re­form­ge­setz wird in der durch den Bun­des­tag an­ge­nom­me­nen Fas­sung nicht zu der er­hoff­ten or­ga­ni­sa­to­ri­schen und fi­nan­zi­el­len Ent­las­tung der Kran­kenhäuser führen. Die Re­ge­lun­gen zu Auf­schlags­zah­lun­gen, die von den Kran­kenhäusern bei Rech­nungs­be­an­stan­dung (ne­ben Rück­zah­lung des Dif­fe­renz­be­trags) an die Kran­ken­kas­sen ab­zuführen sind, sank­tio­nie­ren Kran­kenhäuser für jede be­an­stan­dete Rech­nung mit einem Min­dest­be­trag von EUR 300, so­fern im Vor-Quar­tal der An­teil un­be­an­stan­de­ter Rech­nun­gen un­ter 60% lag. Da­mit wird der or­ga­ni­sa­to­ri­sche und fi­nan­zi­elle Auf­wand auf Sei­ten der Kran­kenhäuser bei der Ab­rech­nung von sta­tionären Kran­ken­haus­leis­tun­gen künf­tig vor al­lem von der Prüf- bzw. Be­an­stan­dungs­quote des vo­ri­gen Quar­tals abhängen. Da die Fest­stel­lung der quar­tals­be­zo­ge­nen Prüfquote durch Wi­der­spruchs­be­scheid oder Ur­teil zu Ein­zel­fallprüfun­gen un­berührt bleibt, können sich Kran­kenhäuser im Hin­blick auf (aus ih­rer Sicht zu Un­recht) fest­ge­setzte Prüfquo­ten auch nicht durch behörd­li­che oder ge­richt­li­che Überprüfung der Ein­zel­fallprüfun­gen des MD be­hel­fen. Hier müssen Kran­kenhäuser in Vor­leis­tung tre­ten und ggf. par­al­lel die Er­mitt­lung der Prüfquote und die Auf­schlags­zah­lun­gen an­grei­fen. 

Für die Ab­rech­nun­gen von Kom­plex­leis­tun­gen ist künf­tig nicht mehr aus­rei­chend, dass die Par­teien der Ent­gelt­ver­ein­ba­run­gen sich über das Vor­lie­gen der Struk­tur­merk­male ei­nig sind. Vor­aus­set­zung ist jetzt, dass ein po­si­ti­ves Struk­tur­gut­ach­ten des MD zu den je­wei­li­gen Struk­tur­merk­ma­len vor­liegt. Die Kran­kenhäuser müssen den ört­lich zuständi­gen MD da­her recht­zei­tig vor den Ent­gelt­ver­hand­lun­gen mit dem Struk­tur­gut­ach­ten be­auf­tra­gen. Kommt der MD zu dem Er­geb­nis, dass das je­wei­lige Kran­ken­haus die struk­tu­rel­len Vor­aus­set­zun­gen nicht erfüllt, dürfen die Leis­tun­gen (ab 2021) nicht mehr ver­ein­bart und ab­ge­rech­net wer­den. Da die Klage ge­gen die Ent­schei­dung des MD in die­sem Fall auf­schie­bende Wir­kung hat, können Kran­kenhäuser bis­lang ver­ein­barte Kom­plex­leis­tun­gen bis zum Vor­lie­gen der rechtskräfti­gen Ent­schei­dung, die die Nichterfüllung der Struk­tur­merk­male aus­weist, wei­ter ab­rech­nen.

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