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Hessisches FG zum Widerruf einer Bescheinigung über die abgeführte Kapitalertragsteuer bei sog. "cum-/ex-Geschäften"

Beschluss des Hessisches FG vom 8.10.2012 - 4 V 1661/11

Wird die Ka­pi­tal­er­trag­steu­er­an­rech­nungs­be­schei­ni­gung von dem aus­stel­len­den Kre­dit­in­sti­tut wi­der­ru­fen, ob­liegt es grundsätz­lich dem Steu­er­pflich­ti­gen, die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer auf Di­vi­den­den- bzw. Di­vi­den­den­kom­pen­sa­ti­ons­zah­lun­gen an­hand an­de­rer ge­eig­ne­ter Be­weis­mit­tel nach­zu­wei­sen.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­le­rin be­treibt ein Un­ter­neh­men, das die Ver­wal­tung ei­ge­ner Vermögens­werte, ins­bes. den Han­del mit Fi­nanz­in­stru­men­ten für ei­gene Rech­nung zum Ge­gen­stand hat. In den Jah­ren 2006 bis 2008 tätigte sie Ge­schäfte mit marktgängi­gen di­vi­den­den­be­rech­tig­ten Ak­tien deut­scher Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten, die über­wie­gend im DAX 30 und ver­ein­zelt in M-DAX ge­lis­tet wa­ren.

Die Ak­tien wur­den kurz vor bzw. am Tag der je­wei­li­gen Haupt­ver­samm­lung "cum di­vi­dende" ge­kauft und kurz nach der Di­vi­den­den­zah­lung wie­der ver­kauft (sog. "cum-/ex-Ge­schäfte"). Dazu hatte die An­trag­stel­le­rin ei­ner Bank, die zu­gleich die Kon­ten- und Wert­pa­pier­de­pots der An­trag­stel­le­rin führte, einen schrift­li­chen Auf­trag zur Ausführung von Wert­pa­pier- und De­ri­vat­ge­schäften er­teilt. Die Bank be­schei­nigte der An­trag­stel­le­rin in den Jah­res­steu­er­be­schei­ni­gun­gen für die Streit­jahre zunächst den Ein­be­halt der Ka­pi­tal­er­trag­steuer auf Di­vi­den­den­erträge.

Nach­dem das Fi­nanz­amt dar­auf­hin Körper­schaft­steu­er­be­scheide er­las­sen hatte, in de­nen je­weils Ka­pi­tal­er­trag­steuer auf Di­vi­den­den­erträge in beträcht­li­cher Höhe an­ge­rech­net wor­den war, er­ließ es im Zuge ei­ner Be­triebsprüfung bei der An­trag­stel­le­rin für die Jahre 2006 bis 2008 geänderte An­rech­nungs­verfügun­gen. Darin wurde die An­rech­nung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO zurück­ge­nom­men, was zur Rück­for­de­rung der An­rech­nungs­beträge nebst Fest­set­zung von Zin­sen in er­heb­li­cher Höhe führte, weil die Bank zwi­schen­zeit­lich die Jah­res­steu­er­be­schei­ni­gun­gen wi­der­ru­fen hatte.

Das FG lehnte den An­trag der An­trag­stel­le­rin auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung der geänder­ten An­rech­nungs­verfügun­gen für 2006 bis 2008 ab.

Die Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Ände­rung der An­rech­nungs­be­scheide la­gen vor, weil die An­trag­stel­le­rin durch ihre An­ga­ben in den Steu­er­erklärun­gen und durch die vor­ge­leg­ten Be­schei­ni­gun­gen zu Un­recht den Ein­druck er­weckt hat, dass an­re­chen­bare Ka­pi­tal­er­trag­steuer vor­liege, um die die Körper­schaft­steu­er­schuld zu min­dern sei.

Ent­schei­dend ist, ob auf die zu er­fas­sen­den Einkünfte der Steu­er­ab­zug tatsäch­lich vor­ge­nom­men wurde. Zwar hat die An­trag­stel­le­rin bei Ab­gabe der Steu­er­erklärun­gen eine An­rech­nungs­be­schei­ni­gung der Bank vor­ge­legt, was re­gelmäßig den An­scheins­be­weis für die Zah­lung der an­zu­rech­nen­den Ka­pi­tal­er­trag­steuer er­bringt. Wenn aber - wie im Streit­fall - die aus­stel­lende Bank die Be­schei­ni­gung zurück­for­dert, weil we­gen mögli­cher Ein­schal­tung ei­ner ausländi­schen De­pot­bank begründete Zwei­fel an dem Ein­be­halt der Ka­pi­tal­er­trag­steuer auf die ge­leis­te­ten Zah­lun­gen be­ste­hen, kann die Be­schei­ni­gung kei­nen Nach­weis mehr für die Ent­rich­tung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer bie­ten.

Um die An­rech­nung er­ho­be­ner Ka­pi­tal­er­trag­steuer zu er­rei­chen, be­darf es dann in einem sol­chen Fall zum Nach­weis für die Er­he­bung der Ka­pi­tal­er­trag­steuer an­de­rer ge­eig­ne­ter Be­weis­mit­tel. Die­sen Nach­weis hat die An­trag­stel­le­rin vor­lie­gend aber nicht er­bracht. Der Auf­fas­sung, dass das Ge­setz eine mehr­fa­che An­rech­nung nur ein­mal ent­rich­te­ter Ka­pi­tal­er­trag­steuer zu­las­sen könnte, ist nicht zu fol­gen.

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