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Steuerberatung

Grunderwerbsteuer bei Rückerwerb

BFH v. 20.2.2019 - II R 27/16

§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist auch auf Er­werbs­vorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG an­wend­bar. Das gilt auch dann, wenn zwar der Ers­ter­werb, nicht aber der Rücker­werb steu­er­bar ist. Ist zwar der Rücker­werb, nicht aber der Ers­ter­werb steu­er­bar, so kann § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nur an­wend­bar sein, wenn zum Zeit­punkt des Ers­ter­werbs das Grundstück dem da­ma­li­gen Veräußerer grund­er­werb­steu­er­recht­lich zu­zu­ord­nen war.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin der von ihr er­rich­te­ten Y1-GmbH. Die Y2-GmbH war in der­sel­ben Bran­che tätig. 2005 wur­den ver­schie­dene no­ta­ri­ell be­ur­kun­dete Ver­ein­ba­run­gen ge­schlos­sen (UR-Nr. 0001 bis 0004/2005). In dem Ver­trag UR-Nr. 0001/2005 ver­kaufte die Y2-GmbH der Y1-GmbH einen be­stimm­ten Ge­schäfts­be­reich mit den da­zu­gehöri­gen, näher be­schrie­be­nen Wirt­schaftsgütern zu einem mit ei­ner Gleit­klau­sel ver­se­he­nen Ge­samt­kauf­preis. Zu dem Ge­schäfts­be­trieb gehörte auch ein Grundstück. Dazu hieß es im Ver­trag, der Verkäufer ver­kaufe das in ei­ner An­lage näher be­zeich­nete Grundstück; der Käufer nehme hier­mit das Ver­kaufs­an­ge­bot an. Wel­cher Teil des Kauf­prei­ses auf das Grundstück ent­fiel, war nicht fest­ge­legt. Der Ver­trags­voll­zug war im Wege der auf­schie­ben­den Be­din­gung an den Ab­schluss ergänzen­der Ver­ein­ba­run­gen geknüpft, zu de­nen ein no­ta­ri­ell be­glau­big­ter Ver­trag über die Über­tra­gung des Grundstücks so­wie der An­teilsüber­tra­gungs­ver­trag gehörte.

Mit dem Ver­trag un­ter UR-Nr. 0002/2005 kaufte die Y2-GmbH von der Kläge­rin einen Ge­schäfts­an­teil von 24,9 % an der Y1-GmbH. In der Ur­kunde UR-Nr. 0003/2005 re­gel­ten die Kläge­rin und die Y2-GmbH ihre Rechts­verhält­nisse als Mit­ge­sell­schaf­ter der Y1-GmbH und ver­ein­bar­ten u.a. beid­sei­tige Op­ti­ons­rechte für den Rück­kauf des vor­ge­nann­ten Ge­schäfts­an­teils an der Y1-GmbH durch die Kläge­rin. Die Kläge­rin konnte die ihr zu­ste­hende "Call Op­tion" je­der­zeit durch no­ta­ri­ell be­glau­bigte Erklärung ab­ge­ben. In der­sel­ben Ur­kunde (0003/2005) erklärten die Par­teien den Ab­schluss des Kauf­ver­trags über den Ge­schäfts­an­teil mit wirt­schaft­li­cher Wir­kung zum Op­ti­ons­stich­tag. Die Y2-GmbH erklärte die Ab­tre­tung un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung des Op­ti­ons­clo­sing­ta­ges. Un­ter der UR-Nr. 0004/2005 schlos­sen die Par­teien den in der UR-Nr. 0001/2005 vor­ge­se­he­nen Grundstücks­kauf­ver­trag mit Auf­las­sung. 2007 (Ur­kunde UR-Nr. 1/2007) übte die Kläge­rin die Call Op­tion aus und nahm die Ab­tre­tung an.

2012 führte ein an­de­res Fi­nanz­amt eine Prüfung be­tref­fend die Grund­er­werb­steuer bei der Kläge­rin durch. Es kam zu der Auf­fas­sung, dass die Ausübung der Op­tion im Zu­sam­men­hang mit dem Ver­trag von 2005 (UR-Nr. 0003/2005) ein Rechts­ge­schäft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG begründe (Ver­ei­ni­gung von 100 % der An­teile an der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft un­mit­tel­bar in der Hand der Kläge­rin). § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG greife ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin nicht ein. Das Fi­nanz­amt setzte dar­auf­hin Grund­er­werb­steuer fest. Die Kläge­rin focht beide Be­scheide an. Mit ih­rer Klage be­rief sie sich auf § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG und stellte vor­sorg­lich den da­nach er­for­der­li­chen An­trag.

Das FG gab der Klage aus for­mel­len Gründen statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Er­wirbt der Veräußerer das Ei­gen­tum an dem veräußer­ten Grundstück zurück, so wird auf An­trag so­wohl für den Rücker­werb als auch für den vor­aus­ge­gan­ge­nen Er­werbs­vor­gang die Steuer nicht fest­ge­setzt oder die Steu­er­fest­set­zung auf­ge­ho­ben, wenn u.a. der Rücker­werb in­ner­halb von zwei Jah­ren seit der Ent­ste­hung der Steuer für den vor­aus­ge­gan­ge­nen Er­werbs­vor­gang statt­fin­det (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Die Vor­schrift ist über ih­ren Wort­laut hin­aus auch auf Er­werbs­vorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG an­wend­bar.

Die Vor­schrift ist ein­schlägig, wenn auf einen steu­er­ba­ren Er­werb durch An­teils­ver­ei­ni­gung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein Rücker­werb folgt, der zwar für sich nicht steu­er­bar ist, der aber be­wirkt, dass das für die Steu­er­bar­keit der An­teils­ver­ei­ni­gung maßge­bende Quan­tum von 95 % un­ter­schrit­ten wird. Den im Streit­fall vor­lie­gende um­ge­kehrte Fall (feh­lende Steu­er­bar­keit des ers­ten Er­werbs, Steu­er­bar­keit des Rücker­werbs) hat der BFH bis­her noch nicht ent­schie­den. Vor­aus­set­zung wäre je­den­falls, dass bei dem vor­aus­ge­gan­ge­nen Er­werbs­vor­gang, auf den sich die wirk­li­che oder ver­meint­li­che Rückgängig­ma­chung be­zieht, das be­tref­fende Grundstück dem Veräußerer grund­er­werb­steu­er­recht­lich zu­zu­ord­nen war, mit­hin we­nigs­tens eine lo­gi­sche Se­kunde vor dem Er­werbs­vor­gang in den grund­er­werb­steu­er­li­chen Zu­rech­nungs­be­reich des Veräußer­ers ge­langt ist. Fehlt es daran, so liegt kein Rücker­werb, son­dern ein Ers­ter­werb vor.

So ver­hielt es sich vor­lie­gend, denn der An­spruch auf Übe­reig­nung wurde ent­we­der zeit­gleich oder da­nach, je­den­falls aber nicht da­vor begründet. Gleich­wohl war der Streit­fall an die Vor­in­stanz zur wei­te­ren Sach­ver­halts­er­mitt­lung und er­neu­ten Ent­schei­dung zurück­zu­ver­wei­sen, da das FG keine Fest­stel­lun­gen zu et­wai­gen verjährungs­hem­men­den oder verjährungs­un­ter­bre­chen­den Tat­beständen ge­trof­fen hatte.

Link­hin­weis:

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