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Gemeinnützigkeit: Betrieb eines Hotels als steuerbegünstigter Zweckbetrieb?

FG Köln 19.2.2015, 13 K 3354/10

In der Recht­spre­chung ist bis­lang nicht hin­rei­chend geklärt, ob und in­wie­weit Be­wei­ser­leich­te­run­gen bei Prüfung der Zwei-Drit­tel-Quote gem. § 66 Abs. 3 AO oder des Merk­mals der "Ge­samt­rich­tung" gem. § 65 Nr. 1 AO gewährt wer­den können. Von grundsätz­li­cher Be­deu­tung ist fer­ner die Frage, ob die Förde­rung der Ju­gend­hilfe sämt­li­che nach dem SGB VIII mögli­chen Maßnah­men, auch sol­che der all­ge­mei­nen Förde­rung der Er­zie­hung in der Fa­mi­lie, auch so­weit diese frei­wil­lig von Trägern der freien Ju­gend­hilfe durch­geführt wer­den, er­fasst.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein seit 1968 ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein und als ge­meinnützige Körper­schaft an­er­kannt. Laut sei­ner Sat­zung ist sein Zweck die Un­terstützung hilfs­bedürf­ti­ger Per­so­nen, die Förde­rung der Ju­gend- und Al­ten­hilfe, die Bil­dung von Ju­gend­li­chen und Er­wach­se­nen, die Förde­rung der Fa­mi­lie und ins­be­son­dere die Förde­rung von Er­ho­lung und Bil­dung. Der Sat­zungs­zweck wird ins­be­son­dere durch die Träger­schaft und Un­ter­hal­tung ei­ner Fe­rien- und Bil­dungsstätte (nach­fol­gend Ho­tel) ver­wirk­licht.

Das Ho­tel ist mit Zim­mern für Ein­zel­per­so­nen, Paare (Dop­pel­zim­mer) und Fa­mi­lien aus­ge­stat­tet, fer­ner gibt es spe­zi­elle Be­hin­der­ten­zim­mer. Als Ge­mein­schaftsräume ste­hen di­verse Grup­penräume, dar­un­ter meh­rere Spei­seräume so­wie Kon­fe­renzräume, und ein - erst nach den Streit­jah­ren 2003 und 2005 eröff­ne­tes - Ge­sund­heits- und Er­ho­lungs­zen­trum zur Verfügung. Für Kin­der sind eine Turn­halle so­wie wei­tere Räume und Außen­an­la­gen verfügbar. Das Ho­tel bie­tet fer­ner ein Café, eine Brau­stube und einen Bier­gar­ten, die auch für auswärtige Be­su­cher nutz­bar sind.

Mit dem Fi­nanz­amt stritt der Kläger darüber, ob er in den Streit­jah­ren mit dem Be­trieb des Ho­tels teil­weise einen steu­er­begüns­tig­ten Zweck­be­trieb un­ter­hielt oder ob der Ho­tel­be­trieb im vollen Um­fang einen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb dar­stellte. Er war der An­sicht, das Fi­nanz­amt über­sehe, dass § 16 SGB VIII ge­rade An­ge­bote der Er­ho­lung und Bil­dung als Maßnah­men der Kin­der- und Ju­gend­hilfe de­fi­niere und er - der Kläger - diese Zwecke ver­folge. An­ge­bote i.S.d. § 16 SGB VIII um­fass­ten schon be­grifflich Un­ter­kunfts- und Ver­pfle­gungs­an­ge­bote, eine Un­ter­schei­dung von un­mit­tel­ba­ren und mit­tel­ba­ren Leis­tun­gen sehe das Ge­setz nicht vor. Ebenso be­stehe keine Be­gren­zung auf Fa­mi­lien in be­son­ders be­las­te­ten Si­tua­tio­nen. Un­abhängig da­von sei sein An­ge­bot in weit stärke­rem Maße als kom­mer­zi­elle Ho­tel­be­triebe auf der­ar­tige Si­tua­tio­nen aus­ge­legt.

Das FG wies die ge­gen die Ände­rungs­be­scheide ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Sa­che die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Ho­tel ist kein Zweck­be­trieb ent­spre­chend des in § 68 AO ent­hal­te­nen Ka­ta­logs von Zweck­be­trie­ben. Der Kläger be­treibt kein Heim und kei­nen Mahl­zei­ten­dienst i.S.d. § 68 Nr. 1a AO. Ins­be­son­dere liegt kein Er­ho­lungs­heim vor. Der Be­trieb ei­nes Ho­tels mit Ein­zel­zim­mern, Dop­pel­zim­mern und Fe­ri­en­woh­nun­gen un­ter­schei­det sich deut­lich von einem Heim­be­trieb i.S.d. Heim­ge­set­zes. Da der Kläger schon kein Heim be­treibt, konnte da­hin­ge­stellt blei­ben, ob der Be­trieb über­dies nicht in be­son­de­rem Maße, d.h. gem. § 66 Abs. 3 AO zu zwei Drit­tel sei­ner Leis­tun­gen, den in § 53 AO ge­nann­ten Per­so­nen dient. Der Be­trieb ei­nes Ho­tels fällt auch nicht un­ter die - von den in § 53 AO ge­nann­ten Per­so­nen und der Zwei-Drit­tel-Quote un­abhängi­gen - De­fi­ni­tion in § 68 Nr. 1b AO. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung des vom Kläger be­nann­ten "In­te­gra­ti­ons­an­sat­zes" liegt kein in § 68 AO ge­nann­ter Zweck­be­trieb vor.

Das Ho­tel ist auch keine als Zweck­be­trieb de­fi­nierte Ein­rich­tung der Wohl­fahrts­pflege gem. § 66 AO. Es war schließlich nicht fest­stell­bar, dass zwei Drit­tel der Leis­tun­gen an den in § 53 AO ge­nann­ten Per­so­nen­kreis er­bracht wer­den. Würde man es im Streit­fall oder in ähn­li­chen Fällen aus­rei­chen las­sen, dass eine Schätzung der Be­su­cher­grup­pen ei­nes Über­nach­tungs- oder Be­wir­tungs­be­trie­bes die­sen be­reits zur Ein­rich­tung der Wohl­fahrts­pflege macht, würde dies ne­ben ei­ner sehr streit­anfälli­gen und kaum jus­ti­zia­blen Ver­wal­tungs­pra­xis zu er­heb­li­chen Wett­be­werbs­be­einträch­ti­gun­gen führen.

Das Ho­tel stellt auch kei­nen Zweck­be­trieb nach der all­ge­mei­nen Re­ge­lung des § 65 AO dar. Es la­gen schon die Vor­aus­set­zun­gen des § 65 Nr. 1 AO nicht vor. Da be­reits diese Vor­aus­set­zun­gen nicht vor­la­gen, war es un­er­heb­lich, ob die Ein­ord­nung als Zweck­be­trieb über­dies an § 65 Nr. 2 AO schei­terte. Ebenso war es im Er­geb­nis un­er­heb­lich, ob es über­dies an den Vor­aus­set­zun­gen des § 65 Nr. 3 AO fehlte.

In der Recht­spre­chung ist bis­lang nicht hin­rei­chend geklärt, ob und in­wie­weit Be­wei­ser­leich­te­run­gen bei Prüfung der Zwei-Drit­tel-Quote gem. § 66 Abs. 3 AO oder des Merk­mals der "Ge­samt­rich­tung" gem. § 65 Nr. 1 AO gewährt wer­den können. Von grundsätz­li­cher Be­deu­tung ist fer­ner die Frage, ob die Förde­rung der Ju­gend­hilfe sämt­li­che nach dem SGB VIII mögli­chen Maßnah­men, auch sol­che der all­ge­mei­nen Förde­rung der Er­zie­hung in der Fa­mi­lie, auch so­weit diese frei­wil­lig von Trägern der freien Ju­gend­hilfe durch­geführt wer­den, er­fasst. Auch ist von grundsätz­li­cher Be­deu­tung, ob über den "In­te­gra­ti­ons­ge­dan­ken" eine er­wei­terte Aus­le­gung des Ge­meinnützig­keits- und Zweck­be­triebs­ka­ta­logs, los­gelöst vom Ver­fah­ren der An­er­ken­nung neuer ge­meinnützi­ger Zwecke gem. § 52 Abs. 2 S. 2-3 AO, da­hin­ge­hend möglich ist, dass Leis­tun­gen an eine nicht begüns­tigte Gruppe als In­te­gra­ti­ons­leis­tung an die begüns­tigte Gruppe ver­stan­den wer­den.

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