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Steuerberatung

Fremdvergleichsübliche Vergütungen für einfache Marketing- und Vertriebstätigkeiten - bald einfacher zu ermitteln?

Wer­den in­ner­halb ei­ner Un­ter­neh­mens­gruppe grenzüber­schrei­tende Mar­ke­ting- und Ver­triebstätig­kei­ten getätigt, ist auf eine fremd­ver­gleichsübli­che Be­prei­sung die­ser Tätig­kei­ten zu ach­ten. An­dern­falls dro­hen Steu­er­nach­zah­lun­gen bzw. schlimms­ten­falls eine Dop­pel­be­steue­rung. Mit dem nun am 19.02.2024 veröff­ent­lich­ten Be­richt zum Amount B be­ab­sich­tigt die OECD eine ver­ein­fachte und stan­dar­di­sierte Vergütung für Ba­sistätig­kei­ten im Be­reich Mar­ke­ting und Ver­trieb, wel­che mehr Rechts­si­cher­heit so­wie auch Ent­las­tun­gen für Steu­er­pflich­tige und Steu­er­ver­wal­tun­gen be­wir­ken sollte.

Hintergrund

Amount B folgt als Teil der so ge­nann­ten Zwei-Säulen-Lösung der OECD im Rah­men des BEPS-Pro­jek­tes. Die OECD hat Amount B-Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lun­gen für Ba­sis­ver­triebstätig­kei­ten erst­mals in 2020 the­ma­ti­siert, ge­folgt von zwei Kon­sul­ta­ti­ons­pa­pie­ren in 2022 und 2023. Nun liegt der fi­nale OECD-Be­richt zu Amount B mit der neuen Be­zeich­nung „SSA“ („Sim­pli­fied and Steam­li­ned Ap­proach for ba­se­line mar­ke­ting and dis­tri­bu­tion func­tions“) vor und soll in die OECD-Ver­rech­nungs­preis­richt­li­nien auf­ge­nom­men wer­den.

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An­ders als bei Amount A (Pil­lar One des BEPS-Pro­jekts) kommt der SSA un­abhängig von der Un­ter­neh­mensgröße zur An­wen­dung und wird alle Un­ter­neh­mens­grup­pen mit grenzüber­schrei­ten­den Mar­ke­ting- und Ver­triebstätig­kei­ten be­tref­fen.

Erstmalige Anwendung

Der SSA wird als An­hang zum Ka­pi­tel IV der OECD Trans­fer Pri­cing Gui­de­lines auf­ge­nom­men und fin­det An­wen­dung für die Wirt­schafts­jahre, die nach dem 31.12.2024 be­gin­nen. Al­ler­dings wird den Staa­ten frei­ge­stellt, ob und wie sie den SSA an­wen­den wer­den. So kann ent­we­der eine ver­pflich­tende oder op­tio­nale Er­mitt­lung der Ver­rech­nungs­preise für Ba­sis-Mar­ke­ting- und Ver­triebstätig­kei­ten ba­sie­rend auf dem SSA-An­satz vor­ge­se­hen sein. Eine ab­schließende Liste sei­tens der OECD, die die An­wen­dung des SSA-An­sat­zes pro Staat klärt, liegt noch nicht vor.

Ab­zu­war­ten bleibt da­mit, wie sich Deutsch­land po­si­tio­niert. So ist zu­min­dest mit ei­ner Ver­laut­ba­rung des BMF zu rech­nen, ob der SSA in Deutsch­land ver­pflich­tend oder op­tio­nal zum Ein­satz kommt. Aus Rechts­si­cher­heitsgründen wäre ein ge­setz­ge­be­ri­sches Han­deln begrüßen­swert, in­dem - wie z. B. bei den DEMPE-Funk­tio­nen - eine ge­setz­li­che Re­ge­lung er­folgt.

Anwendungsbereich

Der An­wen­dungs­be­reich von Amount B um­fasst den Kauf/Ver­kauf von Fer­tig­wa­ren (Großhan­del) an fremde Dritte, so­wie auch die Tätig­kei­ten ei­nes Han­dels­ver­tre­ters oder Kom­mis­sionärs. Von der An­wen­dung des SSA sind die Tätig­kei­ten, die den Ver­trieb von im­ma­te­ri­el­len Wirt­schaftsgütern (z. B. Soft­ware), Dienst­leis­tun­gen oder be­stimm­ten Roh­stof­fen be­inhal­ten, aus­ge­nom­men.

Der Amount B setzt vor­aus, dass die Vergütung der Ba­sis­ver­triebstätig­keit an­hand der ein­sei­ti­gen TNMM-Me­thode er­fol­gen soll (maßge­bende Ge­winn­kenn­zif­fer ist da­mit das EBIT). Aus­ge­nom­men hier­von ist der Fall, in dem lo­kale Ver­gleichs­da­ten vor­lie­gen, die dem Steu­er­pflich­ti­gen bzw. der Fi­nanz­ver­wal­tung, die An­wen­dung der Preis­ver­gleichs­me­thode ermögli­chen.

Die Tätig­kei­ten wer­den auch nur dann vom SSA er­fasst, wenn die jähr­li­chen Be­triebs­aus­ga­ben des Grup­pen­un­ter­neh­mens min­des­tens 3 % im Verhält­nis zum jähr­li­chen Um­satz be­tra­gen, aber zu­gleich eine fest­zu­le­gende Ober­grenze von 20 % bis 30 % der jähr­li­chen Umsätze nicht über­stei­gen. Ba­sis­ver­triebstätig­kei­ten lie­gen gemäß dem SSA-An­satz vor, wenn das Grup­pen­un­ter­neh­men keine ein­zig­ar­ti­gen und wert­vol­len Wert­schöpfungs­beiträge leis­tet.

Hin­weis: Auf OECD-Ebene wird bis Ende März 2024 an einem zusätz­li­chen op­tio­na­len Kri­te­rium ge­ar­bei­tet, das die SSA an­wen­dende Staa­ten ein­set­zen können, um Mar­ke­ting- und Ver­triebstätig­kei­ten als nicht ein­fach zu be­wer­ten und da­mit aus der An­wen­dung des SSA aus­zu­neh­men.

Dokumentation

Steu­er­pflich­tige, die sich für die An­wen­dung des SSA-An­sat­zes ent­schei­den, müssen ent­spre­chende De­tail­in­for­ma­tio­nen in den Lo­cal file auf­neh­men (z.B. Funk­ti­ons- & Ri­si­ko­ana­lyse, Ver­trag über die Ba­sis-Ver­triebstätig­kei­ten, die Be­rech­nun­gen der Kenn­zif­fern) und sol­len sich auf den An­wen­dungs­zeit­raum von drei Jah­ren fest­le­gen. Die Fi­nanz­ver­wal­tung soll bei der erst­ma­li­gen An­wen­dung in­for­miert wer­den. Ein se­pa­ra­ter An­trag ist hierfür nicht vor­ge­se­hen.

Bestimmung der fremdvergleichsüblichen Vergütung

Fal­len Tätig­kei­ten un­ter den SSA, er­folgt de­ren fremd­ver­gleichsübli­che Be­prei­sung un­ter An­wen­dung ei­ner Pri­cing Ma­trix, wel­che von der OECD ba­sie­rend auf ei­ner glo­ba­len Bench­mar­king­stu­die er­mit­telt wurde und alle fünf Jahre an­ge­passt wer­den soll. Darin wer­den Um­satz­ren­di­ten (EBIT-Mar­gen) vor­ge­ge­ben, die durch zwei Di­men­sio­nen be­stimmt wer­den. Zum einen durch die In­dus­trie­grup­pen und zum an­de­ren durch die In­ten­sitätsfak­to­ren (Verhält­nis der ope­ra­ti­ven Vermögens­werte zum Um­satz und Verhält­nis der ope­ra­ti­ven Auf­wen­dun­gen zum Um­satz). Aus der Pri­cing Ma­trix lässt sich dann die her­an­zu­zie­hende Marge ent­neh­men, die zwi­schen 1,50 % bis 5,50 % dif­fe­riert. Zusätz­lich soll ein Überprüfungs­me­cha­nis­mus (Cap and Col­lar) un­ter Berück­sich­ti­gung von Be­triebs­aus­ga­ben im­ple­men­tiert wer­den.

Rechtssicherheit und Doppelbesteuerungsrisiken

Sollten sich Staaten gegen eine Umsetzung vom SSA-Ansatz entscheiden, ist weiterhin der Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien anzuwenden. Dabei ist die fehlende Bindungswirkung des SSA-Ansatzes als kritisch zu sehen, weil dadurch Steuerstreitigkeiten entstehen könnten, welche laut Vorschlag der OECD im Rahmen von Streitbeilegungsverfahren (z. B. MAP-Verfahren) zu lösen wären.

Handlungsempfehlungen und nächste Schritte

Abhängig da­von, wie viele OECD-Staa­ten die An­wen­dung des SSA ab 2025 tatsäch­lich vor­se­hen, können sich durch die An­wen­dung des SSA-An­sat­zes für Un­ter­neh­men Ver­ein­fa­chun­gen bei der Er­mitt­lung fremdübli­cher Ver­rech­nungs­preise er­ge­ben. U. a. könn­ten um­fas­sende An­ge­mes­sen­heits­ana­ly­sen für Ver­triebs­funk­tio­nen, insb. durch Bench­mar­king-Stu­dien, hinfällig wer­den.

Vor die­sem Hin­ter­grund soll­ten be­trof­fene Un­ter­neh­men die Um­set­zung des SSA-An­sat­zes in den ein­zel­nen Staa­ten be­ob­ach­ten und sich de­tail­liert mit den mögli­chen Fol­gen aus des­sen An­wen­dung aus­ein­an­der­set­zen.

Da­bei gilt es, in einem ers­ten Schritt zu prüfen, ob die Ver­triebstätig­kei­ten für den An­wen­dungs­be­reich des SSA-An­sat­zes qua­li­fi­zie­ren oder nicht. Auf die­ser Ba­sis soll­ten be­trof­fene Un­ter­neh­mens­grup­pen die Ent­schei­dung tref­fen, ob es sinn­voll wäre, zeit­nah Um­struk­tu­rie­run­gen durch­zuführen.

Wir als RSM Eb­ner Stolz un­terstützen Sie gern bei der Ana­lyse und der prak­ti­schen Um­set­zung der Neue­run­gen durch den SSA-An­satz. Kon­kret schla­gen wir dazu fol­gende nächste Schritte vor: Überprüfung, ob die Ver­triebstätig­kei­ten Ih­res Un­ter­neh­mens in den An­wen­dungs­be­reich des SSA-An­sat­zes fal­len; Mo­del­lie­rung der Aus­wir­kun­gen des SSA-Re­gel­werks auf Ihr Un­ter­neh­men, Ana­lyse der po­ten­zi­el­len Da­tenlücken und Durchführung von Be­rech­nun­gen und ggf. Über­ar­bei­tung kon­zern­in­ter­ner Verträge.

Mehr In­for­ma­tio­nen zum SSA-An­satz er­hal­ten Sie zu­dem bei un­se­rem Webi­nar am 23.04.2024 „OECD BEPS 2.0 Pil­lar One, Be­trag B“, zu dem Sie sich gerne hier an­mel­den können.

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