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FG Düsseldorf: Kapitalabfindungen aus berufständischen Versorgungseinrichtungen stellen steuerpflichtige Einkünfte dar

FG Düsseldorf 18.1.2012, 15 K 1556/11 E

Ka­pi­tal­ab­fin­dun­gen aus be­rufständi­schen Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen sind als "an­dere Einkünfte" i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3a) aa) EStG und so­mit als steu­er­pflich­tige Einkünfte an­zu­se­hen. Nach dem ein­deu­ti­gen Wil­len des Ge­setz­ge­bers soll­ten von die­sem Tat­be­stands­merk­mal auch Teil­ka­pi­ta­li­sie­run­gen er­fasst sein, da diese an­de­ren­falls nicht steu­er­bar wären.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind ver­hei­ra­tet und wer­den zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Der Kläger im März 2009 von sei­ner be­rufsständi­schen Ver­sor­gungs­ein­rich­tung eine ein­ma­lige Ka­pi­tal­leis­tung i.H.v. rund 350.642 €. Außer­dem be­zog er im Zeit­raum März bis De­zem­ber 2009 ein vor­ge­zo­ge­nes Al­ters­ru­he­geld i.H.v. 2.420 €. Das Fi­nanz­amt er­fasste 58 % der Ka­pi­tal­ab­fin­dung (203.372 €) als steu­er­pflich­tige Einkünfte.

Hier­ge­gen wandte sich der Kläger. Er war der An­sicht, die Ka­pi­tal­ab­fin­dung sei nicht steu­er­pflich­tig. Es han­dele sich we­der um eine Leib­rente i.Sv. § 22 Nr. 1 S. 1 EStG noch um eine an­dere Leis­tung i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG, weil die Ka­pi­tal­ab­fin­dung eine Ein­mal­zah­lung und kei­nen wie­der­keh­ren­den Be­zug dar­stelle. Darüber hin­aus stelle die Be­steue­rung eine un­zulässige echte Rück­wir­kung dar und ver­stoße zum Teil ge­gen das Ver­bot der Dop­pel­be­steue­rung.

Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die Ka­pi­tal­ab­fin­dung an den Kläger so­wohl dem Grunde als auch der Höhe nach der zu­tref­fen­den Be­steue­rung un­ter­wor­fen.

Die Teil­ka­pi­tal­leis­tung war als "an­dere Leis­tung" der be­rufsständi­schen Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen i.S.v. § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG an­zu­se­hen. Der Be­griff der an­de­ren Leis­tun­gen ist durch das Alt­einkG vom 5.7.2004 in Nr. 1 S. 3 ein­gefügt wor­den. Nach dem ein­deu­ti­gen Wil­len des Ge­setz­ge­bers soll­ten von die­sem Tat­be­stands­merk­mal auch Teil­ka­pi­ta­li­sie­run­gen er­fasst sein, da diese an­de­ren­falls nicht steu­er­bar wären. So­weit die Kläger un­ter Hin­weis auf eine in der Li­te­ra­tur ver­tre­tene Auf­fas­sung (etwa Rist­haus in Herr­mann/Heuer/Rau­pach) vor­ge­tra­gen hat­ten, dass vom Ge­set­zes­wort­laut nur wie­der­keh­rende Bezüge um­fasst seien, zu de­nen Ein­mal­zah­lun­gen nicht bzw. je­den­falls nicht durch die hie­sige Ge­set­zes­de­fi­ni­tion de­kla­riert wer­den könn­ten, so folgte der Se­nat dem nicht.

Es war viel­mehr da­von aus­zu­ge­hen, dass "an­dere Leis­tun­gen" i.S.d. 2. Alt. der Vor­schrift im Ge­gen­satz zu Leib­ren­ten lt. der 1. Alt. der Be­stim­mung nicht wie­der­keh­rend sein müssen, weil es nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­tion auf die äußere Form der Zah­lung nicht an­kommt. Aus die­sem Grund war auch der vom Fi­nanz­amt zu­grunde ge­legte Be­steue­rungs­an­teil von 58 % zu­tref­fend. Die­sen Wert sieht § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) EStG für einen Ren­ten­be­ginn ab dem Jahr 2009 vor.

Es han­delte sich hier­bei auch nicht um eine echte, son­dern le­dig­lich um eine un­echte Rück­wir­kung, da die steu­er­li­che Be­las­tung der Ren­ten­einkünfte erst ab dem 1.1.2005, d.h. nach Verkündung der Norm am 9.7.2004 ein­trat. Nach der BFH-Recht­spre­chung hat sich der Ge­setz­ge­ber bei der Aus­ge­stal­tung des Alt­einkG zu­dem in­ner­halb der ver­fas­sungs­recht­li­chen Vor­ga­ben des Ver­trau­ens­schut­zes ge­hal­ten. Zwar er­gab sich die ein­kom­men­steu­er­li­che Be­las­tung der Ren­ten­einkünfte auf­grund des Sys­tem­wech­sels erst nach Verkündung des Alt­EinkG. Der Kläger hatte aber be­reits in Vor­jah­ren die ent­spre­chen­den Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen ge­leis­tet. Es lag so­mit Dis­po­si­tio­nen des Klägers vor, die be­reits ab­schließend voll­zo­gen wor­den wa­ren und nicht mehr geändert wer­den konn­ten.

Letzt­lich konnte auch nicht fest­ge­stellt wer­den, dass die Be­steue­rung der Ka­pi­tal­ab­fin­dung mit einem Be­steue­rungs­an­teil von 58 % einen (teil­wei­sen) Ver­stoß ge­gen das Ver­bot der Dop­pel­be­steue­rung be­inhal­tete. Eine un­be­rech­tigte Zwei­fach­be­steue­rung liegt nämlich erst vor, wenn die Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge aus ver­steu­er­tem Ein­kom­men die steu­er­freien Ren­ten­einkünfte über­stei­gen. Stellte man hier al­ler­dings den steu­er­freien Teil der Ka­pi­tal­ab­fin­dung (42 % von 350.642 € = 147.269 €) den aus ver­steu­er­tem Ein­kom­men ge­leis­te­ten Bei­trags­zah­lun­gen von 123.664 € ge­genüber, dann lag nach die­sem Maßstab keine Dop­pel­be­steue­rung vor.

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