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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen eine Eigenbedarfskündigung

BVerfG 23.4.2014, 1 BvR 2851/13

Das BVerfG hat die Ver­fas­sungs­be­schwerde ge­gen ein Räum­ungs­ur­teil in Folge ei­ner Ei­gen­be­darfskündi­gung nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men. Die Frage, ob der bloße Wunsch des Ei­gentümers nach ei­ner Zweit­woh­nung die Vor­aus­set­zun­gen des Ei­gen­be­darfs erfüllen kann, oder ob um­ge­kehrt die An­nahme ei­nes Ei­gen­be­darfs be­reits dann aus­ge­schlos­sen ist, wenn der Ver­mie­ter be­reits eine an­dere Woh­nung be­sitzt und diese nicht auf­ge­ben, son­dern wei­ter­hin nut­zen will, ließ die Zu­las­sung der Re­vi­sion un­ter Berück­sich­ti­gung der ständi­gen BGH-Recht­spre­chung nicht na­he­lie­gend er­schei­nen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­schwer­deführe­rin mie­tete 1987 eine knapp 60 qm große Woh­nung in B., de­ren Ei­gentümer seit 1997 der Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens ist. Er lebte bis zum Jahr 2008 eben­falls in B. und ver­zog dann mit sei­ner Ehe­frau und den vier ge­mein­sa­men Kin­dern in eine an­dere Stadt.

Der Kläger kündigte im Jahr 2010 das mit der Be­schwer­deführe­rin be­ste­hende Miet­verhält­nis u.a. we­gen Ei­gen­be­darfs. Hin­sicht­lich des Ei­gen­be­darfs führte er aus, er sei mit sei­ner Fa­mi­lie be­rufs­be­dingt um­ge­zo­gen, habe in B. al­ler­dings eine im Jahr 1999 ge­bo­rene, nicht­ehe­li­che Toch­ter, für die er ge­mein­sam mit der Kin­des­mut­ter das Um­gangs- und Sor­ge­recht habe. Um die­ses auszuüben, sei es er­for­der­lich, dass er sich re­gelmäßig über meh­rere Tage in B. auf­halte. Hierfür benötige er die an die Be­schwer­deführe­rin ver­mie­tete Woh­nung.

Das AG wies die Räum­ungs­klage ab; das LG gab ihr statt. Die Re­vi­sion zum BGH ließ das LG nicht zu. Das BVerfG nahm die Ver­fas­sungs­be­schwerde der Be­schwer­deführe­rin nicht zur Ent­schei­dung an.

Die Gründe:
Die Ver­fas­sungs­be­schwerde war nicht zur Ent­schei­dung an­zu­neh­men, da sie in der Sa­che keine Aus­sicht auf Er­folg hat. Die an­ge­grif­fene Ent­schei­dung des LG ver­letzt die Be­schwer­deführe­rin nicht in ih­rem Recht auf den ge­setz­li­chen Rich­ter aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG.

Für eine willkürli­che Nicht­zu­las­sung der Re­vi­sion ist vor­lie­gend nichts er­sicht­lich. Zwar kommt eine Ver­let­zung von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nach der Recht­spre­chung des BVerfG auch dann in Be­tracht, wenn die Ent­schei­dung des Ge­richts über die Nicht­zu­las­sung nicht näher begründet ist, ob­wohl die Zu­las­sung des Rechts­mit­tels nahe ge­le­gen hätte. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes sol­chen ver­fas­sungs­recht­lich re­le­van­ten Begründungs­de­fi­zits sind vor­lie­gend je­doch nicht ge­ge­ben. Im Streit­fall hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­sion zwar nicht mit ei­ner auf den Ein­zel­fall be­zo­ge­nen Begründung ver­se­hen. Dies führt je­doch nicht zu ei­ner Ver­fas­sungs­ver­let­zung, denn die Zu­las­sung der Re­vi­sion hat nicht im Sinne der ein­schlägi­gen Recht­spre­chung nahe ge­le­gen.

Ins­bes. er­gibt sich keine grundsätz­li­che Be­deu­tung der Rechts­sa­che. Grundsätz­li­che Be­deu­tung hat eine Rechts­sa­che laut BGH dann, wenn eine klärungs­bedürf­tige Frage zu ent­schei­den ist, de­ren Auf­tre­ten in ei­ner un­be­stimm­ten Viel­zahl von Fällen zu er­war­ten ist und des­halb das ab­strakte In­ter­esse der All­ge­mein­heit an ei­ner ein­heit­li­chen Ent­wick­lung und Hand­ha­bung des Rechts berührt. Als in die­sem Sinne klärungs­bedürf­tig käme vor­lie­gend al­len­falls die Frage in Be­tracht, ob der bloße Wunsch des Ei­gentümers nach ei­ner Zweit­woh­nung die Vor­aus­set­zun­gen des Ei­gen­be­darfs erfüllen kann, oder ob um­ge­kehrt die An­nahme ei­nes Ei­gen­be­darfs be­reits dann aus­ge­schlos­sen ist, wenn der Ver­mie­ter be­reits eine an­dere Woh­nung be­sitzt und diese nicht auf­ge­ben, son­dern wei­ter­hin nut­zen will.

Die Zu­las­sung der Re­vi­sion un­ter die­sem Ge­sichts­punkt er­scheint al­ler­dings nach der in­so­weit maßgeb­li­chen Recht­spre­chung der Fach­ge­richte nicht na­he­lie­gend. Nach ständi­ger BGH-Recht­spre­chung reicht zwar al­lein der Wille des Ver­mie­ters, in den ei­ge­nen Räumen zu woh­nen, für die An­nahme von Ei­gen­be­darf nicht aus. Aus­rei­chend sind aber vernünf­tige und nach­voll­zieh­bare Gründe für die In­an­spruch­nahme des Wohn­rau­mes. We­der dem Wort­laut noch dem Zweck der Vor­schrift sei - so die BGH-Recht­spre­chung - zu ent­neh­men, dass dem Ver­mie­ter ein Kündi­gungs­recht nur un­ter der Vor­aus­set­zung zu­stehe, dass er oder eine begüns­tigte Per­son einen Man­gel an Wohn­raum habe oder der Ver­mie­ter sich in ei­ner wohn­be­darfsty­pi­schen Lage be­finde. Eine zusätz­li­che Be­schränkung der Ei­gen­be­darfskündi­gung - etwa die For­de­rung nach der Begründung des Le­bens­mit­tel­punk­tes - lässt sich die­ser Recht­spre­chung nicht ent­neh­men.

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