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Bundesgerichtshof zu den Anforderungen an die Darlegung eines Mangels einer Mietwohnung

Urteil des BGH vom 29. Februar 2012 – VIII ZR 155/11
Der achte Se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) hat mit ei­ner Ent­schei­dung vom 29.02.2012 seine Recht­spre­chung zu den An­for­de­run­gen an die Dar­le­gung ei­nes Man­gels ei­ner Miet­sa­che bekräftigt.
Die Be­klag­ten sind Mie­ter ei­ner Woh­nung in einem Mehr­fa­mi­li­en­haus der Kläge­rin in Ber­lin-Mitte. Einen Teil der Woh­nun­gen ver­mie­tet die Kläge­rin als Fe­ri­en­woh­nun­gen an Tou­ris­ten. Die Be­klag­ten min­der­ten die Miete um 20 %, da es durch die Ver­mie­tung an Tou­ris­ten zu er­heb­li­chen Belästi­gun­gen durch Lärm und Schmutz komme. We­gen des auf­ge­lau­fe­nen Mietrück­stands kündigte die Kläge­rin das Miet­verhält­nis mit den Be­klag­ten frist­los, hilfs­weise frist­gemäß. Nach der Kündi­gung zahl­ten die Be­klag­ten un­ter Vor­be­halt einen Be­trag von 3.704,68 €.
Mit ih­rer Klage be­gehrt die Kläge­rin Räum­ung der Woh­nung. Im Wege der Wi­der­klage ver­lan­gen die Be­klag­ten die Rück­zah­lung des un­ter Vor­be­halt ge­zahl­ten Be­trags so­wie die Fest­stel­lung, dass sie zur Miet­min­de­rung be­rech­tigt sind. Das Amts­ge­richt hat die von den Mie­tern vor­ge­nom­mene Min­de­rung der Miete für an­ge­mes­sen ge­hal­ten und die Räum­ungs­klage ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin hat das Land­ge­richt die Be­klag­ten zur Räum­ung der Woh­nung ver­ur­teilt und die Wi­der­klage ab­ge­wie­sen.
Die da­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion der be­klag­ten Mie­ter hatte Er­folg. Der VIII. Zi­vil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat ent­schie­den, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die An­for­de­run­gen an die Dar­le­gung ei­nes Sach­man­gels (§ 536 BGB*) in un­ver­tret­ba­rer Weise über­spannt hat.
Zu­tref­fend ist al­ler­dings die An­nahme des Be­ru­fungs­ge­richts, dass eine Be­einträch­ti­gung des Miet­ge­brauchs nicht schon darin liegt, dass die Kläge­rin Woh­nun­gen an Fe­ri­engäste und Tou­ris­ten ver­mie­tet. Denn dies führt nicht zwangsläufig zu Be­einträch­ti­gun­gen der übri­gen Mie­ter, die über das Maß von Störun­gen hin­aus­geht, die bei ei­ner Wohn­nut­zung ty­pi­scher­weise zu er­war­ten und in ei­ner Wohn­an­lage mit vie­len Par­teien kaum zu ver­mei­den sind. In einem Mehr­fa­mi­li­en­haus sind etwa ge­le­gent­lich auf­tre­tende Be­einträch­ti­gun­gen wie ein­zelne Strei­tig­kei­ten von Be­woh­nern oder ge­le­gent­li­ches Fei­ern als so­zi­aladäquat hin­zu­neh­men.
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ge­hen aber die Ein­wir­kun­gen, die nach der Dar­stel­lung der Be­klag­ten durch die Ver­mie­tungs­pra­xis der Kläge­rin ver­ur­sacht wer­den, über der­ar­tige kaum zu ver­mei­dende Be­einträch­ti­gun­gen weit hin­aus. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat in­so­weit die An­for­de­run­gen an die vom Mie­ter ge­for­derte Dar­le­gung der Be­einträch­ti­gun­gen ver­kannt. Da die Min­de­rung nach § 536 Abs. 1 BGB* kraft Ge­set­zes ein­tritt, muss der Mie­ter nur einen kon­kre­ten Sach­man­gel, der die Taug­lich­keit der Miet­sa­che zum ver­trags­gemäßen Ge­brauch be­einträch­tigt, vor­tra­gen. Das Maß der Ge­brauchs­be­einträch­ti­gung (oder einen be­stimm­ten Min­de­rungs­be­trag) braucht er hin­ge­gen nicht an­zu­ge­ben. Bei wie­der­keh­ren­den Be­einträch­ti­gun­gen durch Lärm oder Schmutz ist des­halb die Vor­lage ei­nes "Pro­to­kolls" nicht er­for­der­lich. Viel­mehr genügt grundsätz­lich eine Be­schrei­bung, aus der sich er­gibt, um wel­che Art von Be­einträch­ti­gun­gen (Par­ty­geräusche, Mu­sik, Lärm durch Putz­ko­lon­nen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu wel­chen Ta­ges­zei­ten, über wel­che Zeit­dauer und in wel­cher Fre­quenz diese un­gefähr auf­tre­ten. Die­sen An­for­de­run­gen wird der Vor­trag der Be­klag­ten ge­recht. Die Sa­che ist an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­ver­wie­sen wor­den, da­mit die­ses Fest­stel­lun­gen zu den gel­tend ge­mach­ten Be­einträch­ti­gun­gen trifft. * § 536 BGB: Miet­min­de­rung bei Sach- und Rechtsmängeln (1) Hat die Miet­sa­che zur Zeit der Über­las­sung an den Mie­ter einen Man­gel, der ihre Taug­lich­keit zum ver­trags­gemäßen Ge­brauch auf­hebt, oder ent­steht während der Miet­zeit ein sol­cher Man­gel, so ist der Mie­ter für die Zeit, in der die Taug­lich­keit auf­ge­ho­ben ist, von der Ent­rich­tung der Miete be­freit. Für die Zeit, während der die Taug­lich­keit ge­min­dert ist, hat er nur eine an­ge­mes­sen her­ab­ge­setzte Miete zu ent­rich­ten. Eine un­er­heb­li­che Min­de­rung der Taug­lich­keit bleibt außer Be­tracht. Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des BGH Nr. 28/2012 vom 29.02.2012
01.03.2012 nach oben

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