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Handlungsbedarf bei Ltd. und SE

Nach dem Aus­schei­den des Ver­ei­nig­ten König­reichs aus der EU ver­liert eine Ge­sell­schaft, die nach eng­li­schem Recht in der Rechts­form ei­ner Li­mited (Ltd.) gegründet wurde, ih­ren Ver­wal­tungs­sitz aber in Deutsch­land hat, in Deutsch­land ih­ren Sta­tus als Ka­pi­tal­ge­sell­schaft.

Da die Ge­sell­schaft da­mit nach deut­schem Recht als Ge­sell­schaft bürger­li­chen Rechts, als Of­fene Han­dels­ge­sell­schaft oder – im Falle ei­nes Al­lein­ge­sell­schaf­ters – als Ein­zel­un­ter­neh­men zu be­han­deln ist, ändern sich insb. die Haf­tungs­re­ge­lun­gen für die Ge­sell­schaf­ter grund­le­gend, was eine Haf­tung mit ih­rem Pri­vat­vermögen zur Folge hat.
 
Bis zum 31.12.2020 be­steht noch die Möglich­keit ei­nes Form­wech­sels in eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft nach deut­schem Recht oder ei­ner grenzüber­schrei­ten­den Ver­schmel­zung auf eine deut­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft. Darüber hin­aus hat der Ge­setz­ge­ber mit ei­ner Ände­rung des Um­wand­lungs­ge­set­zes die Möglich­keit ge­schaf­fen, dass eine Ltd. mit ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft nach deut­schen Recht grenzüber­schrei­tend ver­schmol­zen wer­den kann, so­fern diese in der Re­gel nicht mehr als 500 Ar­beit­neh­mer be­schäftigt.

Dr. Tim Odendahl, Partner und Rechtsanwalt bei Ebner Stolz in Köln© Dr. Tim Odendahl, Rechtsanwalt und Partner bei Ebner Stolz in Köln
Um die von der Ltd. ge­wohnte Haf­tungs­be­schränkung zu er­hal­ten, bie­tet sich ins­be­son­dere die Ver­schmel­zung auf eine hierfür neu gegründete deut­sche GmbH oder GmbH & Co. KG an. Hier ist Eile ge­bo­ten, da bis zum Jah­res­ende nur noch sehr we­nig Zeit für die dafür not­wen­di­gen Maßnah­men ver­bleibt. (Dr. Tim Oden­dahl)

Zur An­wen­dung die­ser Re­ge­lung wurde ein ge­ord­ne­tes Ver­fah­ren ge­schaf­fen, nach dem er­for­der­lich ist, dass der Ver­schmel­zungs­plan noch vor dem 31.12.2020 no­ta­ri­ell be­ur­kun­det und un­verzüglich, spätes­tens zwei Jahre nach dem vor­ge­nann­ten Zeit­punkt, zur Ein­tra­gung beim Han­dels­re­gis­ter an­ge­mel­det wird.
 
Wird eine die­ser Möglich­kei­ten ge­nutzt, um die Rechts­form der Ltd. noch vor Ab­lauf der Überg­angs­frist zu ändern, kann dies ggf. steu­erneu­tral nach den Vor­ga­ben des Um­wand­lungs­steu­er­ge­set­zes er­fol­gen. Wird hin­ge­gen die recht­zei­tige Um­wand­lung vor dem 31.12.2020 versäumt, führt der dar­auf­fol­gende au­to­ma­ti­sche Form­wech­sel in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft oder ein Ein­zel­un­ter­neh­men zur Auf­de­ckung und Be­steue­rung der stil­len Re­ser­ven im Be­triebs­vermögen der Ge­sell­schaft. In der Folge ist in die­sem Fall nicht mehr das für Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, son­dern das für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten gel­tende Steu­er­re­gime an­zu­wen­den. Be­stimmte Um­struk­tu­rie­rungs­vorgänge bedürfen je­doch bezüglich der An­nahme von Steu­erneu­tra­lität ei­ner ge­son­der­ten Prüfung, um bei­spiels­weise eine zeit­an­tei­lige rück­wir­kende Be­steue­rung zu ver­mei­den.
 
Auch eine Eu­ropäische Ak­ti­en­ge­sell­schaft (SE) mit Sitz im Ver­ei­nig­ten König­reich ver­liert mit dem Ab­lauf des Überg­angs­zeit­raums ihre recht­li­che An­er­ken­nung in Großbri­tan­nien und wird au­to­ma­ti­sch in eine bri­ti­sche Rechts­form um­ge­wan­delt, da die Ge­sell­schafts­form der SE auf EU-Recht be­ruht. Die Hoff­nung, dass Großbri­tan­nien Son­der­re­ge­lun­gen für die­sen Fall trifft, hat sich bis­lang nicht erfüllt. Aus Vor­sichtsgründen sollte da­her - so­fern noch nicht er­folgt - eine Sitz­ver­le­gung der SE noch vor Ab­lauf des 31.12.2020 in einen an­de­ren EU-Mit­glied­staat geprüft wer­den. 
 
So­bald Großbri­tan­nien nicht mehr der EU oder dem EWR an­gehört, sind grenzüber­schrei­tende Ver­schmel­zun­gen von Un­ter­neh­men un­ter Be­tei­li­gung ei­nes bri­ti­schen Un­ter­neh­mens auch recht­lich nicht mehr möglich. Denn die der­zeit an­zu­wen­den­den Re­ge­lun­gen be­ru­hen auf EU-Recht und der An­wen­dungs­be­reich be­schränkt sich auf Ge­sell­schaf­ten mit Sitz oder Ver­wal­tungs­sitz in der EU bzw. dem EWR. Ab­zu­war­ten bleibt auch hier, ob und wann ggf. Er­satz­re­ge­lun­gen zu den bis­he­ri­gen EU-Vor­ga­ben ge­fun­den wer­den.

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