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BGH zum Schutzgegenstand eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters

Urteil des BGH vom 8.3.2012 - I ZR 124/10

Führen un­ter­schied­li­che Dar­stel­lun­gen ei­nes Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ters in der An­mel­dung zu Un­klar­hei­ten über den Schutz­ge­gen­stand, ist der Schutz­ge­gen­stand durch Aus­le­gung zu er­mit­teln. Teile oder Ele­mente ei­nes ein­ge­tra­ge­nen Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ters sind nach der Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ter­ver­ord­nung nicht ei­genständig ge­schützt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist In­ha­be­rin ei­nes Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ters (Kla­ge­mus­ter), das im Sep­tem­ber 2005 be­kannt­ge­macht wor­den war. Die Wie­der­gabe des Kla­ge­mus­ters zeigt eine Ka­raffe in sie­ben An­sich­ten. Auf vier An­sich­ten ist die Ka­raffe zu­sam­men mit einem So­ckel zu se­hen, auf drei An­sich­ten ist die Ka­raffe al­lein wie­der­ge­ge­ben.

Die Be­klagte ver­treibt eben­falls Wein­ka­raf­fen, al­ler­dings ohne So­ckel. Nach An­sicht der Kläge­rin ver­letzt die Be­klagte mit dem Ver­trieb die­ser Wein­ka­raf­fen das Kla­ge­mus­ter. Sie nahm des­halb die Be­klagte u.a. auf Un­ter­las­sung und Scha­dens­er­satz in An­spruch. Die Be­klagte trat dem ent­ge­gen­ge­tre­ten und be­an­tragte wi­der­kla­gend, das Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ter der Kläge­rin für nich­tig zu erklären.

LG und OLG wie­sen die Klage und die Wi­der­klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin blieb vor dem BGH er­folg­los.

Die Gründe:
Die Be­klagte hat mit dem Ver­trieb ih­rer Wein­ka­raf­fen das Ge­schmacks­mus­ter der Kläge­rin nicht ver­letzt.

Das ein­ge­tra­gene Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ter gewährt sei­nem In­ha­ber nach Art. 19 Abs. 1 GGV u.a. das aus­schließli­che Recht, Drit­ten zu ver­bie­ten, es ohne seine Zu­stim­mung zu be­nut­zen und ins­be­son­dere an­zu­bie­ten und in Ver­kehr zu brin­gen. Der Um­fang des Schut­zes aus dem Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ter er­streckt sich gem. Art. 10 Abs. 1 GGV auf je­des Mus­ter, das beim in­for­mier­ten Be­nut­zer kei­nen an­de­ren Ge­samt­ein­druck er­weckt. Schutz­ge­gen­stand ist die in der An­mel­dung sicht­bar wie­der­ge­ge­bene Er­schei­nungs­form ei­nes Er­zeug­nis­ses oder ei­nes Teils da­von. Un­ter­schied­li­che Dar­stel­lun­gen in der An­mel­dung bil­den nicht meh­rere Schutz­ge­genstände.

Wei­chen ver­schie­dene Dar­stel­lun­gen ei­nes Ge­schmacks­mus­ters - wie im Streit­fall - von­ein­an­der ab und ent­ste­hen da­durch Un­klar­hei­ten über den Schutz­ge­gen­stand, ist der Schutz­ge­gen­stand des Ge­schmacks­mus­ters durch Aus­le­gung zu be­stim­men. Diese Aus­le­gung kann zu dem Er­geb­nis führen, dass Ab­wei­chun­gen der Wie­der­ga­ben bei der Be­stim­mung des Schutz­ge­gen­stan­des außer Be­tracht blei­ben müssen und Schutz­ge­gen­stand gleich­sam aus der Schnitt­menge der al­len Dar­stel­lun­gen ge­mein­sa­men Merk­male be­steht. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat wei­ter an­ge­nom­men, die von der Be­klag­ten ver­trie­bene Wein­ka­raffe er­we­cke beim in­for­mier­ten Be­nut­zer einen an­de­ren Ge­samt­ein­druck als das Kla­ge­mus­ter, weil der Ge­samt­ein­druck des Kom­bi­na­ti­ons­mus­ters der Kläge­rin maßgeb­lich auch von dem So­ckel mit­be­stimmt werde, auf den die Be­klagte bei dem an­ge­grif­fe­nen Mo­dell ver­zichte. Diese Be­ur­tei­lung ließ kei­nen Rechts­feh­ler er­ken­nen.

Das Be­ru­fungs­ge­richt war letzt­lich auch mit Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die Kläge­rin kei­nen Schutz al­lein für die Ka­raffe als Teil oder Ele­ment des ein­ge­tra­ge­nen Ge­schmacks­mus­ters be­an­spru­chen kann, weil die Ge­schmacks­mus­ter­ver­ord­nung - wie auch die Ge­schmacks­mus­ter­richt­li­nie und das dar­auf be­ru­hende Ge­schmacks­mus­ter­ge­setz in der ab dem 1.6.2004 gel­ten­den Fas­sung - kei­nen Schutz für Teile oder Ele­mente ei­nes ein­ge­tra­ge­nen Mus­ters kennt. Die Rechts­si­cher­heit er­for­dert es, al­lein sol­che Er­schei­nungs­for­men von Tei­len ei­nes Er­zeug­nis­ses als ein­ge­tra­gene Ge­schmacks­mus­ter zu schützen, die als Er­schei­nungs­for­men von Tei­len ei­nes Er­zeug­nis­ses an­ge­mel­det und ein­ge­tra­gen sind. Nur un­ter die­ser Vor­aus­set­zung können die in­ter­es­sier­ten Ver­kehrs­kreise auf­grund ei­ner Ge­schmacks­mus­ter­re­cher­che zu­verlässig fest­stel­len, was Ge­gen­stand des Ge­schmacks­mus­ter­schut­zes ist.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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