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BGH: Nichtbezahlung einer Geldbuße wegen Verletzung der Berufspflicht begründet regelmäßig keine gesondert zu ahndende Berufspflichtverletzung

Urteil des BGH vom 14.8.2012 - WpSt (R) 1/12

Die Nicht­be­zah­lung ei­ner we­gen ei­ner Be­rufs­pflicht­ver­let­zung verhäng­ten Geldbuße begründet re­gelmäßig keine ge­son­dert zu ahn­dende Be­rufs­pflicht­ver­let­zung. Die Geldbuße begründet keine ei­genständige be­ruf­li­che Pflicht, son­dern ist die Sank­tion, die auf eine Ver­let­zung be­ruf­li­cher Pflich­ten folgt.

Der Sach­ver­halt:
Der Be­rufs­an­gehörige war ver­ei­dig­ter Buchprüfer. Er hatte eine ihm durch Ur­teil des LG im Juni 2003 im be­rufs­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren auf­er­legte Geldbuße von 10.000 € nicht vollständig be­zahlt. Bis zum Zeit­punkt der An­schul­di­gungs­schrift im Fe­bruar 2009 wa­ren noch 9.200 € of­fen. Auch Ra­ten­zah­lungs­ver­ein­ba­run­gen hielt der Be­rufs­an­gehörige nicht ein. Wei­ter­hin ent­rich­tete er seine Kam­mer­beiträge für die Jahre 2004, 2005, 2007 und 2008 nicht, so dass An­fang 2009 ein Rück­stand von über 1.500 € be­stand. Die Kam­mer­beiträge be­glich der Be­rufs­an­gehörige schließlich im März 2009, auf die Geldbuße leis­tete er al­ler­dings nur einen wei­te­ren Teil­be­trag von knapp 2.000 €.

Das LG sprach des­we­gen ein Tätig­keits­ver­bot von drei Jah­ren aus. Auf die Be­ru­fung des ver­ei­dig­ten Buchprüfers hob das KG das Ur­teil auf und sprach ihn frei. Es war der An­sicht, die Nicht­zah­lung der Geldbuße stelle keine Be­rufs­pflicht­ver­let­zung dar. Dies er­gebe sich schon dar­aus, dass der Ge­setz­ge­ber die Nicht­be­ach­tung ei­ner Sank­tion in der Wirt­schaftsprüfer­ord­nung je­den­falls für den Ver­stoß ge­gen ein Tätig­keits- oder Be­rufs­ver­bot ei­ner ei­genständi­gen Sank­tio­nie­rung un­ter­wor­fen habe. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion der Staats­an­walt­schaft hatte vor dem BGH nur teil­weise Er­folg.

Die Gründe:
Die Pflicht­verstöße wa­ren nicht aus der Ge­ne­ralklau­sel, son­dern aus der Ver­let­zung spe­zi­el­ler be­rufs­recht­li­cher Vor­schrif­ten her­zu­lei­ten, nämlich der Zah­lungs­pflicht aus ei­ner be­rufs­ge­richt­li­chen Maßnahme nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 WPO und der gem. § 61 Abs. 1 S. 1 WPO für den Be­rufs­an­gehöri­gen be­ste­hen­den Pflicht, die Kam­mer­beiträge gemäß der Bei­trags­ord­nung zu ent­rich­ten. Des­halb war al­lein maßge­bend, ob sich aus die­sen Nor­men be­ruf­li­che Pflich­ten des Be­rufs­an­gehöri­gen er­ga­ben, de­ren schuld­hafte Ver­let­zung die Grund­lage ei­ner be­rufs­ge­richt­li­chen Ahn­dung bil­den konnte. In­fol­ge­des­sen hatte das KG zu Recht die un­ter­blie­bene vollständige Be­zah­lung der Geldbuße nicht als Be­rufs­pflicht­ver­let­zung ge­wer­tet.

Die Nicht­be­zah­lung ei­ner we­gen ei­ner Be­rufs­pflicht­ver­let­zung verhäng­ten Geldbuße begründet re­gelmäßig keine ge­son­dert zu ahn­dende Be­rufs­pflicht­ver­let­zung. Die Geldbuße hat Ahn­dungs­cha­rak­ter. Sie begründet keine ei­genständige be­ruf­li­che Pflicht, son­dern sie ist die Sank­tion, die auf eine Ver­let­zung be­ruf­li­cher Pflich­ten folgt. Es kommt maßgeb­lich hinzu, dass es dem deut­schen Straf- und Ord­nungs­wid­rig­kei­ten­recht grundsätz­lich fremd ist, die Nichterfüllung ei­ner straf- oder bußgeld­recht­li­chen Ver­ur­tei­lung wie­derum als Straf­tat oder Ord­nungs­wid­rig­keit zu ver­fol­gen.

Hin­sicht­lich der Nicht­be­zah­lung der Kam­mer­beiträge war die Re­vi­sion der Staats­an­walt­schaft al­ler­dings im Er­geb­nis begründet. Ver­ei­dig­ten Buchprüfer sind nach § 128 Abs. 3 WPO Mit­glie­der der Wirt­schaftsprüfer­kam­mern. Schon des­we­gen un­ter­lie­gen sie der Bei­trags­pflicht nach § 61 Abs. 1 S. 1 WPO, weil in­so­weit Son­der­re­ge­lun­gen für ver­ei­digte Buchprüfer nicht be­ste­hen, und zwar ohne dass es hierfür etwa ei­ner wei­ter­ge­hen­den Ver­wei­sung in § 130 WPO bedürfte. Die Recht­spre­chung sieht die schuld­hafte Nicht­zah­lung die­ser Beiträge als eine aus der Bei­trags­pflicht selbst fol­gende Be­rufs­pflicht­ver­let­zung an. Gleich­falls zu­tref­fend hatte das KG aus­geführt, dass im Be­rufs­recht all­ge­mein der Grund­satz der ein­heit­li­chen Pflicht­ver­let­zung gilt, der auch für Dis­zi­pli­narmaßnah­men nach der Wirt­schaftsprüfer­ord­nung An­wen­dung fin­det.

Dies hat zur Folge, dass das zu ahn­dende Ge­samt­ver­hal­ten eine ein­zige Ver­feh­lung bil­det, ohne dass es dar­auf an­kommt, ob es sich je­weils um selbstständige Ta­ten i.S.v. § 264 StPO han­delt. Die­ses Ge­samt­ver­hal­ten wird zu ei­ner ein­heit­lich zu be­wer­ten­den Pflicht­ver­let­zung zu­sam­men­ge­fasst. Der Grund­satz der ein­heit­li­chen Pflicht­ver­let­zung im be­rufs-ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ge­bie­tet die Ein­be­zie­hung er­kenn­bar sach­lich und zeit­lich zu­sam­menhängen­der Pflicht­ver­let­zun­gen in ein ge­richt­li­ches Ver­fah­ren. Nach be­rufs­ge­richt­li­cher Ver­ur­tei­lung hin­dert dies die spätere Ahn­dung so zu­sam­menhängen­der Pflicht­ver­let­zun­gen in einem neuen Ver­fah­ren. Einen ent­spre­chen­den Dis­zi­pli­nar­kla­ge­ver­brauch für das be­rufs­ge­richt­li­che Ver­fah­ren, der dann eine Tei­lein­stel­lung hin­sicht­lich der be­trof­fe­nen Vorwürfe, keine Teil­frei­spre­chung, zur Folge hätte, ver­mochte der Se­nat im vor­lie­gen­den Fall je­doch nicht ohne Wei­te­res zu er­ken­nen.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
  • Die Ent­schei­dung des BGH im Voll­text fin­den Sie hier.

 

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