Dem Beschluss liegt ein Bestechungsfall zugrunde.
In der Vorinstanz hatte das Landgericht Hamburg die Beteiligten wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit zu Bewährungsstrafen verurteilt und gegen das Unternehmen eine Geldbuße nach § 30 OWiG in Höhe von 150.000 Euro festgesetzt.
Hinweis: § 30 OWiG ermöglicht es, das Unternehmen selbst zum Ziel des Verfahrens zu machen und dieses mit einer Geldbuße zu belegen.
Diese Entscheidung bestätigte der BGH und stellte insbesondere die zutreffende Bemessung der Geldbuße fest.
Nach Ansicht der Richter habe das Landgericht den Abschöpfungsteil der Geldbuße unter Anwendung des geltenden Nettoprinzips gemäß § 17 Abs. 4 OWiG rechtsfehlerfrei bestimmt. Maßgeblich sei dabei der Rohgewinn des Unternehmens, der sich aus den durch die Aufträge des Bauhofes erzielten Netto-Umsätzen ergebe. Der BGH betont, es seien in diesem Zusammenhang grundsätzlich sogar grobe Schätzungen ausreichend, wenn sie auf nachprüfbaren Angaben beruhten. Der für den Abschöpfungsteil maßgebliche wirtschaftliche Vorteil wird im Sinne des § 17 Abs. 4 OWiG nach der reinen wirtschaftlichen Betrachtungsweise berechnet. Somit werden auch zugeflossene Schmiergeldzahlungen von dem Gewinn abgezogen. Zu beachten sei der entscheidende Unterschied zur Einziehung des Gewinns aus der Tat und dem hierbei herrschenden Bruttoprinzip.
Der BGH unterstreicht zudem die Bedeutung von Compliance Management Systemen im Rahmen der Bemessung der Geldbuße. Neben der Berücksichtigung der Schwere der Anlasstat und dem Ausmaß der Pflichtverletzung der Leitungsperson seien die wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbeteiligten ein wichtiges Bemessungskriterium. Darüber hinaus sollen etwaige Eintragungen in relevante Register, wie dem Wettbewerbsregister, und die zivilrechtliche Inanspruchnahme der Nebenbeteiligten ebenfalls mildernd in die Zumessung einfließen. In diesem Zusammenhang war vorliegend insbesondere der nach den Taten durchlaufene und umfangreiche „Selbstreinigungsprozess“ des Unternehmens zu honorieren. Der BGH betont hierbei explizit die Einführung umfassender Compliance-Maßnahmen sowie eines Hinweisgebersystems.
Nachdem der BGH im Jahr 2017 erstmals die Einführung von Compliance Management Systemen ausdrücklich bußgeldmildernd berücksichtigt hatte, hebt der er in seinem aktuellen Beschluss nochmals hervor, dass die Einrichtung entsprechender Systeme sich jederzeit positiv für ein Unternehmen auswirkt. Die Erwähnung des Hinweisgebersystems, das mit dem zeitnahen Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes für zahlreiche Unternehmen alsbald auch verpflichtend sein wird, spiegelt zudem die Bedeutung einer solchen Maßnahme wider. Eine zusätzliche Relevanz resultiert aus der bestehenden Verpflichtung zur Abfrage des Wettbewerbsregisters seit dem 01.06.2022. Darin ist die „Selbstreinigung“ Voraussetzung für die Löschung eines entsprechenden Eintrags und erfordert unter anderem eine Sachverhaltsaufklärung sowie angemessene Compliance-Maßnahmen.
Einmal mehr wird deutlich, dass die Bedeutung von angemessenen Compliance-Maßnahmen sowohl für Ermittlungsbehörden sowie im Anschluss auch für die Gerichte ein unverzichtbares Kriterium bei der Bewertung von straf- und bußgeldrechtlich relevantem Verhalten und seinen Folgen ist. Für Unternehmen gilt weiterhin die bestehende Pflichtentrias im Falle von Compliance-Verstößen: „Aufklären, Abstellen, Ahnden“. In jedem Fall ist zu empfehlen, auf Basis einer umfassenden Risikoanalyse ein individuell zugeschnittenes Compliance Management System zu implementieren beziehungsweise Optimierungen und Anpassungen mit Blick auf Gesetzesverschärfungen vorzunehmen.