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BFH zur Aufrechnung von Umsatzsteuervergütungsansprüchen mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden

Urteil des BFH vom 22.5.2012 - VII R 58/10

Ein durch eine in­sol­venz­freie Tätig­keit er­wor­be­ner Um­satz­steu­er­vergütungs­an­spruch darf vom Fi­nanz­amt mit vor­in­sol­venz­li­chen Steu­er­schul­den ver­rech­net wer­den. Dies gilt auch für An­sprüche, die der Schuld­ner nach Ein­stel­lung des In­sol­venz­ver­fah­rens während der Wohl­ver­hal­tens­phase er­wirbt.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war im Jahr 2005 in In­sol­venz ge­ra­ten. Nach­dem das In­sol­venz­ver­fah­ren ein­ge­stellt wor­den war, der Kläger sich aber noch in der Wohl­ver­hal­tens­phase zur Er­lan­gung der Rest­schuld­be­frei­ung be­fand, eröff­nete er einen Ge­wer­be­be­trieb und er­warb einen Um­satz­steu­er­vergütungs­an­spruch Sep­tem­ber 2006 i.H.v. rund 6.500 €. Das Fi­nanz­amt buchte die­sen Be­trag auf rückständige Ein­kom­men­steuer 1995 um und er­ließ hierüber einen Ab­rech­nungs­be­scheid.

Der Kläger hielt die Auf­rech­nung für un­wirk­sam. Er war der An­sicht, das Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­bot des § 294 Abs. 3 InsO stehe ei­ner Auf­rech­nung ent­ge­gen. Es sei nicht nach­voll­zieh­bar, wes­halb eine Auf­rech­nung nach Auf­he­bung des In­sol­venz­ver­fah­rens möglich sein sollte, die vor Eröff­nung des Ver­fah­rens an­fecht­bar und während des Ver­fah­rens un­zulässig ge­we­sen wäre.

Die Klage blieb in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Die Gründe:
Der Um­satz­steu­er­vergütungs­an­spruch des Klägers ist zum einen nicht unpfänd­bar und zum an­de­ren nicht Ge­gen­stand der Ab­tre­tungs­erklärung nach § 287 Abs. 2 InsO. Ein all­ge­mei­nes Auf­rech­nungs­ver­bot während der Wohl­ver­hal­tens­phase enthält die InsO nicht.

Nach der BFH-Ent­schei­dung vom 1.9.2010 (Az.: VII R 35/08) darf ein durch eine in­sol­venz­freie Tätig­keit er­wor­be­ner Um­satz­steu­er­vergütungs­an­spruch vom Fi­nanz­amt mit vor­in­sol­venz­li­chen Steu­er­schul­den ver­rech­net wer­den. Dies gilt auch für An­sprüche, die der Schuld­ner nach Ein­stel­lung des In­sol­venz­ver­fah­rens während der Wohl­ver­hal­tens­phase er­wirbt. Die Tat­sa­che, dass sich nach Maßgabe der Re­ge­lun­gen der InsO im Fall der Rest­schuld­be­frei­ung die ge­gen den Schuld­ner ge­rich­te­ten For­de­run­gen in Ob­li­ga­tio­nen ver­wan­deln, also nicht mehr durch­setz­bar sind, lässt nicht den Rück­schluss zu, sie dürf­ten vor Gewährung der Rest­schuld­be­frei­ung nicht von Gläubi­gern, die - wie Auf­rech­nungs­be­rech­tigte - die Möglich­keit ei­ner be­vor­zug­ten Be­frie­di­gung be­sit­zen, nicht gel­tend ge­macht wer­den.

Falsch war die An­sicht des Klägers, die vom Fi­nanz­amt auf­ge­rech­nete For­de­rung bzw. die in­so­fern aus­ge­nutzte Auf­rech­nungsmöglich­keit be­ruhe auf ei­ner an­fecht­ba­ren Rechts­hand­lung und habe da­her während des In­sol­venz­ver­fah­rens dem Auf­rech­nungs­ver­bot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO un­ter­le­gen. Es ist in­so­fern of­fen­sicht­lich, dass die An­fech­tungs­vor­aus­set­zun­gen der §§ 129 ff. InsO hin­sicht­lich Auf­rech­nungsmöglich­kei­ten nicht ge­ge­ben sein können, die durch erst nach Ein­stel­lung des Ver­fah­rens vor­ge­nom­mene Rechts­hand­lun­gen begründet wer­den.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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