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BFH: Kein Rückruf einer auf ein gekündigtes Konto überwiesenen Steuererstattung

Urteil des BFH vom 22.11.2011 - VII R 27/11

Über­weist das Fi­nanz­amt eine Steu­er­er­stat­tung auf ein früheres, in­zwi­schen von der Bank gekündig­tes Kon­to­kor­rent­konto des Steu­er­pflich­ti­gen, ob­wohl die­ser ihm dafür ein an­de­res Konto be­nannt hat, kann es den Er­stat­tungs­be­trag auch dann nicht von der Bank zurück­for­dern, wenn diese den­sel­ben mit einem fort­be­ste­hen­den Schul­den­saldo auf dem be­tref­fen­den Konto ver­rech­net hat. Der BFH hat sich in­so­weit der Rechts­auf­fas­sung des BGH an­ge­schlos­sen.

Der Sach­ver­halt:
A un­ter­hielt mit der Kläge­rin, ei­ner Bank, Ge­schäfts­ver­bin­dun­gen. U.a. war für ihn ein Gi­ro­konto ein­ge­rich­tet, das als Ge­schäfts­konto sei­ner Ein­zel­firma fun­gierte. Die Kläge­rin kündigte mit Schrei­ben vom 15.5.2009 den Gi­ro­ver­trag und die Ge­schäfts­ver­bin­dung mit A mit Wir­kung zum 9.7. bzw. 15.8.2009. Zu die­sen Zeit­punk­ten be­stan­den fällige Ver­bind­lich­kei­ten des A ge­genüber der Kläge­rin, u.a. ein Schuld­saldo auf dem Kon­to­kor­rent­konto.

Auf die­ses Konto, das A zunächst ge­genüber dem Fi­nanz­amt an­ge­ge­ben hatte, über­wies das Fi­nanz­amt ein Gut­ha­ben aus einem Steu­er­er­stat­tungs­an­spruch, ob­wohl ihm A zu­vor für die Er­stat­tung eine neue Kon­to­ver­bin­dung bei ei­ner an­de­ren Bank mit­ge­teilt hatte. Die Kläge­rin ver­rech­nete nun­mehr die Gut­schrift mit einem Teil des zu die­sem Zeit­punkt be­ste­hen­den Schuld­sal­dos. Nach­dem das Fi­nanz­amt die feh­ler­hafte Über­wei­sung be­merkt hatte, er­ließ es ge­gen die Kläge­rin am 8.10.2009 einen ent­spre­chen­den Rück­for­de­rungs­be­scheid.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Der ge­gen die Kläge­rin er­las­sene Rück­for­de­rungs­be­scheid ist rechts­wid­rig. Das Fi­nanz­amt hat kei­nen Rück­zah­lungs­an­spruch ge­gen die Kläge­rin gem. § 37 Abs. 2 S. 1 AO.

Vor­lie­gend war nicht die Kläge­rin die Empfänge­rin der Leis­tung des Fi­nanz­amts, son­dern A war - als In­ha­ber des Steu­er­er­stat­tungs­an­spru­ches - Leis­tungs­empfänger i.S.d. § 37 Abs. 2 S. 1 AO. Das Fi­nanz­amt will mit ei­ner Über­wei­sung auf ein vom Steu­er­pflich­ti­gen an­ge­ge­be­nes Konto nicht zu Guns­ten des Kre­dit­in­sti­tuts, son­dern mit be­frei­en­der Wir­kung ge­genüber dem An­spruchs­be­rech­tig­ten leis­ten, der das Konto an­ge­ge­ben hat. Das Kre­dit­in­sti­tut ist nicht Leis­tungs­empfänger, son­dern le­dig­lich die vom Steu­er­pflich­ti­gen be­zeich­nete Zahl­stelle, und zwar selbst dann, wenn es das Konto vor der Über­wei­sung des Fi­nanz­amts gekündigt hat.

Der Se­nat hat sich da­mit der Rechts­auf­fas­sung des BGH an­ge­schlos­sen, der in der Ent­ge­gen­nahme des Über­wei­sungs­be­tra­ges und des­sen Ver­bu­chung auf dem in­tern wei­ter­geführ­ten Konto ein Han­deln für den früheren Kon­to­in­ha­ber - wei­ter­hin als Zahl­stelle - sieht. Denn die Bank ist in Nach­wir­kung des Gi­ro­ver­tra­ges ver­pflich­tet, Zah­lun­gen, die sie für den früheren Kun­den ent­ge­gen­nimmt, auf dem bis­he­ri­gen Konto ent­spre­chend § 676f S. 1 BGB zu ver­bu­chen bzw. nach § 667 BGB her­aus­zu­ge­ben. Mit der Gut­schrift erfüllt sie dem­nach eine ei­gene nach­ver­trag­li­che Pflicht, während sich die Leis­tung zwi­schen dem Über­wei­sen­den, der die fehl­ge­hende Zah­lung ver­an­lasst hat, und dem Über­wei­sungs­empfänger voll­zieht.

So­weit der Se­nat in den Be­schlüssen vom 28.1.2004 (VII B 139/03) und 6.6.2003 (VII B 262/02) eine an­dere Auf­fas­sung ver­tre­ten hat, hält er daran nicht fest. Wenn nach der ständi­gen Recht­spre­chung des BGH die Bank ei­nes Über­wei­sungs­empfängers im mehr­glied­ri­gen Über­wei­sungs­ver­kehr re­gelmäßig nur als bloße Leis­tungs­mitt­le­rin (Zahl­stelle) han­delt und als sol­che in kei­ner­lei Leis­tungs­verhält­nis zu dem Über­wei­sen­den steht, kann von ihr un­ter kei­nen Umständen die Her­aus­gabe ei­ner Fehlüber­wei­sung ver­langt wer­den, wenn sie den Über­wei­sungs­be­trag auf dem Konto des Über­wei­sungs­empfängers gut­ge­schrie­ben hat.

In­dem die Kläge­rin im Streit­fall den vom Fi­nanz­amt über­wie­se­nen Be­trag ent­spre­chend dem Über­wei­sungs­auf­trag auf dem Konto des A ver­bucht und mit dem be­ste­hen­den Schuld­saldo ver­rech­net hat, hat sie für den früheren Kon­to­in­ha­ber ge­han­delt und die Über­wei­sung of­fen­kun­dig nicht etwa als Zah­lung an sich an­ge­se­hen. Denn sie hat sich in­so­weit ent­spre­chend ih­ren nach­wir­ken­den Pflich­ten aus dem Gi­ro­ver­trag ver­hal­ten. Die Ver­rech­nung der Gut­schrift mit dem be­ste­hen­den Schuld­saldo ist in dem bankübli­chen - sei­ner­zeit auch mit A be­ste­hen­den - Kon­to­kor­rent­verhält­nis begründet und stellt des­halb keine ei­gene Zweck­be­stim­mung der Kläge­rin über die Ver­wen­dung der ein­ge­gan­ge­nen Über­wei­sung dar.

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