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Anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch bei Doppelinsolvenz

BGH 27.4.2017, IX ZR 198/16

Der BGH hat sich mit der Aus­son­de­rung des an­fech­tungs­recht­li­chen Rück­gewähran­spruchs in einem Fall der Dop­pe­lin­sol­venz­be­fasst. Der An­spruch auf Rück­gewähr wurde vor­lie­gend ver­neint, weil ein Aus­son­de­rungs­recht an dem ver­blie­be­nen rest­li­chen Gut­ha­ben be­stand.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Ver­wal­ter in dem im April 2013 auf­grund Ei­gen­an­trags eröff­ne­ten In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der H. Be­tei­li­gungs- und Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH (Schuld­ne­rin). Diese war zu 50 % an der B-GmbH be­tei­ligt. Ge­gen die GmbH wurde im De­zem­ber 2012 ein An­trag ei­nes Gläubi­gers auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens ge­stellt. Im Ja­nuar 2013 er­nannte das In­sol­venz­ge­richt den Be­klag­ten zum vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter mit Zu­stim­mungs­vor­be­halt und ord­nete an, dass Zah­lun­gen nur noch an die­sen er­fol­gen durf­ten. Am 1.4.2013 wurde der Be­klagte zum In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der GmbH be­stellt.

Im Hin­blick auf Pfändun­gen des Ge­schäfts­kon­tos der GmbH ließ der Ge­schäftsführer H, der gleich­zei­tig Ge­schäftsführer bei­der Ge­sell­schaf­ten war, schon im Jahre 2012 für die GmbH be­stimmte Zah­lun­gen ei­nes Kre­dit­kar­ten­un­ter­neh­mens auf das Ge­schäfts­konto der Schuld­ne­rin bei der Bank F über­wei­sen. Nach Pfändung die­ses Kon­tos durch einen Gläubi­ger der Schuld­ne­rin lei­tete er die Zah­lun­gen des Kre­dit­kar­ten­un­ter­neh­mens auf ein wei­te­res Konto der Schuld­ne­rin bei der Bank N um, wel­ches er zu­vor als Vor­rats­konto ein­ge­rich­tet hatte. Auf die­ses Konto über­wies die Kre­dit­kar­ten­ge­sell­schaft in der Zeit vom 3.-24.1.2013 in fünf Ein­zel­beträgen ins­ge­samt rd. 13.000 €. Am 7.1.2013 wurde von dem Konto ein Be­trag von rd. 5.400 € an einen Gläubi­ger der GmbH über­wie­sen. Das rest­li­che Gut­ha­ben über­wies die Schuld­ne­rin in zwei Teil­beträgen i.H.v. rd. 5.500 € am 17.1.2013 und i.H.v. rd. 2.300 € am 25.1.2013 auf ein vom Be­klag­ten als vorläufi­gem In­sol­venz­ver­wal­ter der GmbH ein-ge­rich­te­tes Treu­hand­konto bei der D-Bank.

Der Kläger ver­langt Rück­gewähr bei­der Beträge un­ter dem Ge­sichts­punkt der De­ckungs­an­fech­tung. Er meint, zur Er­satz­aus­son­de­rung des auf das Treu­hand­konto des Be­klag­ten ge­lang­ten Be­tra­ges be­rech­tigt zu sein. LG und OLG wie­sen die Klage ab, weil es sich bei dem Konto bei der Bank N um ein Treu­hand­konto ge­han­delt habe, wel­ches die Schuld­ne­rin für die GmbH geführt habe. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Der Kläger hat schon des­halb kei­nen An­spruch auf Rück­gewähr des von der Schuld­ne­rin auf das Treu­hand­konto des Be­klag­ten bei der D-Bank über­wie­se­nen rest­li­chen Gut­ha­bens, weil dem Be­klag­ten in je­dem Fall ein Aus­son­de­rungs­recht an dem im Ja­nuar 2013 ver­blie­be­nen rest­li­chen Gut­ha­ben zu­stand. Die­ses Recht er­gab sich ent­we­der aus der Führung des Kon­tos bei der Bank N als Treu­hand­konto für die GmbH, oder es war Folge der An­fecht­bar­keit der Um­lei­tung der für die GmbH be­stimm­ten Zah­lun­gen auf ein Konto der Schuld­ne­rin.

Vor­aus­set­zung für den ein­ge­klag­ten An­spruch auf Er­satz­aus­son­de­rung des auf das Konto des Be­klag­ten über­wie­se­nen Rest­gut­ha­bens wäre die er­folg­rei­che An­fech­tung der von der Schuld­ne­rin ver­an­lass­ten Über­wei­sung des Gut­ha­bens von dem bei der Bank N geführ­ten Konto auf das Konto des Be­klag­ten bei der D-Bank ge­we­sen, die zu einem Aus­son­de­rungs­recht des Klägers gem. § 47 InsO hin­sicht­lich des An­spruchs aus § 143 Abs. 1 S. 1 InsO hätte führen können. In­so­weit setzte die vom Kläger gem. § 129 Abs. 1, § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO erklärte De­ckungs­an­fech­tung - wie jede In­sol­venz­an­fech­tung - vor­aus, dass die Über­wei­sung die Gläubi­ger der Schuld­ne­rin be­nach­tei­ligte. Nach den in­so­weit zu­tref­fen­den Ausführun­gen des OLG fehlt es an ei­ner der­ar­ti­gen Be­nach­tei­li­gung, so dass es einen Rück­gewähran­spruch des Klägers nicht gibt.

Das OLG konnte of­fen las­sen, ob die Schuld­ne­rin das Konto bei der Bank N als Treu­hand­konto für die GmbH geführt hat, wo­durch der Be­klagte zur Aus­son­de­rung des Gut­ha­bens be­rech­tigt ge­we­sen wäre. Selbst wenn die GmbH auf­grund feh­len­der Un­mit­tel­bar­keit oder Of­fen­kun­dig­keit nicht Treu­ge­be­rin ge­wor­den sein sollte, hätte der Be­klagte das im Ja­nuar 2013 noch vor­han­dene rest­li­che Gut­ha­ben nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen der Schuld­ne­rin aus de­ren Vermögen aus­son­dern können. Nach den Fest­stel­lun­gen des OLG ver­an­lasste der Ge­schäftsführer der schon im Som­mer 2012 zah­lungs­unfähi­gen GmbH die Um­lei­tung der Zah­lun­gen des Kre­dit­kar­ten­un­ter­neh­mens auf das auf den Na­men der Schuld­ne­rin geführte Konto bei der Bank N, um zu ver­hin­dern, dass die Zah­lun­gen auf das von einem Gläubi­ger gepfändete Ge­schäfts­konto der GmbH ge­lang­ten und dem Zu­griff der Gläubi­ger der GmbH un­ter­la­gen.

Da­mit la­gen nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen der GmbH die Vor­aus­set­zun­gen für eine Vor­satz­an­fech­tung gem. § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO vor. Auf den von der Re­vi­sion er­ho­be­nen Ein­wand, die GmbH habe bei der Schuld­ne­rin er­heb­li­che Ver­bind­lich­kei­ten ge­habt, wel­che die Schuld­ne­rin mit den Kre­dit­kar­ten­zah­lun­gen ver­rech­net habe, kommt es nicht an. In­so­weit hätte es sich um eine Auf­rech­nung ge­han­delt, die sie durch eine an­fecht­bare Rechts­hand­lung er­langt hatte (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Der GmbH stand mit­hin ein Rück­gewähran­spruch aus § 143 Abs. 1 InsO zu, den sie im Weg der Aus­son­de­rung nach § 47 InsO hätte gel­tend ma­chen können.

Link­hin­weis:

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