Nach der Regelung des § 11 Abs. 1 S. 2 InvStG a. F., die zum 31.12.2017 außer Kraft getreten ist, waren nur inländische Investmentfonds von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit. Vergleichbare ausländische Investmentfonds - wie der Kläger, ein nach luxemburgischem Recht errichteter Fonds für gemeinsame Anlagen (fonds commun de placement – FCP) in der Ausgestaltung eines spezialisierten Anlagefonds (fonds d’investissement spécialisé – SIF) - konnten sich jedoch nicht auf die Steuerbefreiung berufen. Dies steht nach Ansicht des EuGH und daran anschließend des BFH nicht im Einklang mit der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV, da die Regelung zu einer Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Spezial-Immobilienfonds führt, für die keine Rechtfertigungsgründe existieren. Entgegen der Auffassung des BMF sei es dabei unerheblich, dass es in beiden Fällen nur zu einer Einmalbelastung mit Ertragsteuer kommt und die steuerliche Belastung lediglich auf unterschiedlichen Ebenen eintritt (im Falle des ausländischen Spezial-Immobilienfonds auf der Fondsebene, im Falle des inländischen Spezial-Immobilienfonds auf der Anlegerebene), da es nicht in Betracht kommt, die Steuerbefreiung unter unionsrechtskonformer Auslegung des § 11 Abs. 1 S. 2 InvStG a. F. nur unter der Voraussetzung einer bestimmten Besteuerung auf Anlegerebene zu gewähren. Daher sei die Steuerbefreiung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG a. F. aus unionsrechtlichen Gründen auch ausländischen Spezial-Immobilienfonds einzuräumen.
Hinweis: Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV liegt darüber hinaus auch bei ausländischen Wertpapier-Publikums-Investmentfonds nahe, für die die Steuerbefreiung nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 2 InvStG a. F. ebenfalls ausgeschlossen ist. Für die in diesem Zusammenhang beim BFH anhängigen Musterverfahren (Az. I R 1/20 und I R 2/20) dürfte also gleichermaßen von einer Unionsrechtswidrigkeit auszugehen sein. Die Entscheidung des BFH in diesen Verfahren scheint nun vorgezeichnet, entweder mit oder ohne einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.
Die Europarechtswidrigkeit wurde zwar mit der Reform der Investmentbesteuerung ab 2018 behoben. Gleichwohl erscheint die deutsche Finanzverwaltung nicht mehr in der Lage, die Bearbeitung von Anträgen auf Erstattung deutscher Kapitalertragsteuer durch ausländische Wertpapier-Investmentfonds abwenden zu können.