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Änderung der Lohnsteuervoranmeldung nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung

FG Köln 20.4.2016, 12 K 574/15

Ei­ner Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 164 Abs. 2 AO steht die Vor­schrift des § 41c Abs. 3 EStG, wo­nach nach Über­mitt­lung oder Aus­schrei­bung der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung eine Ände­rung des Lohn­steu­er­ab­zugs nicht mehr vor­ge­nom­men wer­den darf, nicht ent­ge­gen. Der tatsäch­li­che Lohn­steu­er­ab­zug, der durch die Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung do­ku­men­tiert wird, ist nicht von Be­deu­tung, wenn es um die Ent­rich­tungs­schuld des Ar­beit­ge­bers geht, die einen zu­tref­fend zu er­mit­teln­den "Soll­be­trag" zum Ge­gen­stand hat.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger lebte bis 2001 in Deutsch­land und zog dann nach Großbri­tan­nien. Er be­zieht seit 2008 mo­nat­li­che Ru­he­geld­zah­lun­gen von sei­ner im In­land ansässi­gen, ehe­ma­li­gen Ar­beit­ge­be­rin. Da­ne­ben er­zielte er in den Streit­jah­ren 2010 und 2011 Einkünfte aus der Ver­mie­tung und Ver­pach­tung von im In­land be­le­ge­nem, un­be­weg­li­chem Vermögen gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Er stritt mit dem Fi­nanz­amt darüber, ob eine Kor­rek­tur des Lohn­steu­er­ab­zugs nach Über­mitt­lung der Lohn­steu­er­jah­res­be­schei­ni­gung und be­standskräftig durch­geführ­ter Ver­an­la­gung ei­nes be­schränkt Steu­er­pflich­ti­gen ohne Ein­be­zie­hung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Tätig­keit noch im Wege der Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen möglich ist.

Die Steu­er­behörde war der An­sicht, dass der Ein­be­halt der Lohn­steuer durch die Ar­beit­ge­be­rin des Klägers rechtmäßig er­folgt sei, da die­ser für die Streit­jahre eine Frei­stel­lungs­be­schei­ni­gung des Be­triebsstätten-Fi­nanz­am­tes nicht vor­ge­le­gen hätte. Die Vor­aus­set­zun­gen für eine nachträgli­che Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen lägen we­gen der be­reits über­mit­tel­ten Lohn­steu­er­be­schei­ni­gun­gen nicht vor. Der Kläger hielt da­ge­gen, dass al­lein Großbri­tan­nien das Be­steue­rungs­recht hin­sicht­lich der Ru­he­geld­zah­lun­gen nach Art. 17 i.V.m. Art. 27 DBA Deutsch­land-Großbri­tan­nien als Ansässig­keits­staat zu­stehe. Eine tatsäch­li­che Be­steue­rung sei nun­mehr er­folgt. Die Lohn­steuer sei da­mit ohne ma­te­ri­ell-recht­li­chen Grund ein­be­hal­ten und ab­geführt wor­den. Auch der Kläger als Ar­beit­neh­mer könne eine Ände­rung der un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ste­hen­den Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen ver­lan­gen.

Das FG gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az.: VI R 21/16 anhängig.

Die Gründe:
Der Lohn­steu­er­ab­zug in Deutsch­land war zu Un­recht er­folgt. Die Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen sind im Hin­blick auf den feh­ler­haf­ten Ab­zug von Lohn­steu­ern auf die Ru­he­geld­zah­lun­gen des Klägers noch änder­bar.

Der Kläger kann die Lohn­steu­er­vor­an­mel­dung des Ar­beit­ge­bers aus ei­ge­nem Recht an­fech­ten, so­weit sie ihn be­trifft. Er kann da­mit eine seine Vergütung be­tref­fende Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen ver­lan­gen. Die Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen der Streit­jahre stan­den gem. § 168 S. 1 AO un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung. Die Fest­set­zungs­frist war im Zeit­punkt der An­trag­stel­lung noch nicht ab­ge­lau­fen und ist seit­dem ge­hemmt. Eine Kor­rek­tur der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen der Streit­jahre gem. § 164 Abs. 2 AO ist da­mit grundsätz­lich möglich.

Nach der BFH-Recht­spre­chung steht ei­ner Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 164 Abs. 2 AO die Vor­schrift des § 41c Abs. 3 EStG in der Fas­sung der Streit­jahre, wo­nach nach Über­mitt­lung oder Aus­schrei­bung der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung eine Ände­rung des Lohn­steu­er­ab­zugs nicht mehr vor­ge­nom­men wer­den darf, nicht ent­ge­gen. Der tatsäch­li­che Lohn­steu­er­ab­zug, der durch die Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung do­ku­men­tiert wird, ist nicht von Be­deu­tung, wenn es um die Ent­rich­tungs­schuld des Ar­beit­ge­bers geht, die einen zu­tref­fend zu er­mit­teln­den "Soll­be­trag" zum Ge­gen­stand hat. Letz­te­rer wird nicht durch den in der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung do­ku­men­tier­ten "Ist­be­trag" be­stimmt. Das An­fech­tungs­recht des Ar­beit­neh­mers ist we­gen der un­ter­schied­li­chen Be­deu­tung von Lohn­steu­er­vor­an­mel­dung und Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung da­her da­von un­berührt, ob der Ar­beit­neh­mer eine Ände­rung der Lohn­steu­er­be­schei­ni­gung ver­lan­gen kann.

Ei­ner Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen steht auch nicht ent­ge­gen, dass der Kläger mit sei­nen im In­land be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung be­reits be­standskräftig ver­an­lagt wurde. Denn in die Ver­an­la­gung wa­ren die Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Tätig­keit man­gels An­trags nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4b) EStG nicht ein­be­zo­gen wor­den. Er­geht nach der An­mel­dung der Lohn­steuer ge­genüber dem Ar­beit­neh­mer ein Ein­kom­men­steu­er­be­scheid, so bil­det die­ser grundsätz­lich einen (neuen) Rechts­grund für die Steu­er­zah­lung. Ab Er­lass des Ein­kom­men­steu­er­be­schei­des ist die­ser al­lei­nige Grund­lage für die Ver­wirk­li­chung des An­spruchs auf die mit Ab­lauf des Ver­an­la­gungs­zeit­raums ent­stan­dene Ein­kom­men­steuer. Für den Fall ei­ner be­reits er­folg­ten Ver­an­la­gung des Ar­beit­neh­mers zur Ein­kom­men­steuer soll da­her auch der Ar­beit­ge­ber eine Kor­rek­tur der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen nicht mehr ver­lan­gen können.

Hin­ge­gen soll ein im Dritt­land ansässi­ger Ar­beit­neh­mer, bei dem die Möglich­keit der (An­trags)Ver­an­la­gung zur Ein­kom­men­steuer nicht be­steht, die Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen gem. § 164 Abs. 2 AO ver­lan­gen können. Die ohne Ein­be­zie­hung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Tätig­keit er­folgte Ver­an­la­gung des Klägers steht ei­ner Ände­rung der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen nicht ent­ge­gen. Die ent­spre­chen­den Ein­kom­men­steu­er­be­scheide können auf­grund man­geln­der Ein­be­zie­hung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Tätig­keit und ent­spre­chend feh­len­der An­rech­nung der Lohn­steuer im Streit­fall nicht die Rechts­grund­lage für die Steu­er­zah­lung, wel­che ur­sprüng­lich durch die Lohn­steu­er­vor­an­mel­dung be­stand, ablösen. Es droht hier auch keine dop­pelte Er­stat­tung der Lohn­steuer im Wege der Kor­rek­tur der Lohn­steu­er­vor­an­mel­dun­gen und (noch­mals) im Wege der An­rech­nung im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung des Klägers.

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