deen

Aktuelles

Gewerbesteuerliche Kürzung bei Ausschüttungen von Nicht-EU-Tochtergesellschaften unionsrechtswidrig?

FG Münster 20.9.2016, 9 K 3911/13 F

Das FG Müns­ter hat dem EuGH die Frage zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt, ob die ge­wer­be­steu­er­li­che Kürzungs­vor­schrift für aus dem Aus­land stam­mende Be­tei­li­gungs­erträge (§ 9 Nr. 7 GewStG 2002, sog. in­ter­na­tio­na­les Schach­tel­pri­vi­leg) in­so­weit mit der Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit un­ver­ein­bar ist, als die Kürzung des Ge­winns und der Hin­zu­rech­nun­gen um Ge­winne aus An­tei­len an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft mit Ge­schäfts­lei­tung und Sitz außer­halb von Deutsch­land an schärfere Be­din­gun­gen geknüpft wird als die Kürzung des Ge­winns und der Hin­zu­rech­nun­gen um Ge­winne aus An­tei­len an ei­ner nicht steu­er­be­frei­ten inländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin, eine KGaA und Mut­ter­ge­sell­schaft ei­nes welt­wei­ten Kon­zerns. Ihre Toch­ter­ge­sell­schaf­ten sind ih­rer­seits an wei­te­ren Ge­sell­schaf­ten be­tei­ligt. Im Streit­jahr 2009 hielt die Kläge­rin über eine inländi­sche Toch­ter­ge­sell­schaft, mit der sie im Rah­men ei­ner er­trag­steu­er­li­chen Or­gan­schaft ver­bun­den war (Or­gan­ge­sell­schaft), eine 100%ige Be­tei­li­gung an ei­ner in Aus­tra­lien ansässi­gen Li­mited.

Das Fi­nanz­amt ver­trat die Auf­fas­sung, dass für eine Ge­winn­aus­schüttung der aus­tra­li­schen Li­mited auf Ebene der Or­gan­ge­sell­schaft nicht nur die all­ge­meine Steu­er­be­frei­ung für Be­tei­li­gungs­erträge gem. § 8b KStG nicht ein­greife, son­dern auch keine ge­wer­be­steu­er­li­che Kürzung in Be­tracht komme, weil das sog. in­ter­na­tio­nale Schach­tel­pri­vi­leg un­an­wend­bar sei. Auf Ebene der Kläge­rin könne im Er­geb­nis keine Min­de­rung des Ge­wer­be­er­tra­ges er­fol­gen. Mit ih­rer Klage be­gehrte die Kläge­rin eine Kürzung des Ge­wer­be­er­tra­ges be­reits bei ih­rer Or­gan­ge­sell­schaft mit der Folge, dass die Ge­winn­aus­schüttung der aus­tra­li­schen Li­mited bei ihr (als Or­ganträge­rin) steu­er­frei bliebe.

Das FG hat dem EuGH die Frage zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt, ob die ge­wer­be­steu­er­li­che Kürzungs­vor­schrift für aus dem Aus­land stam­mende Be­tei­li­gungs­erträge (§ 9 Nr. 7 GewStG 2002, sog. in­ter­na­tio­na­les Schach­tel­pri­vi­leg) in­so­weit mit der Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit un­ver­ein­bar ist, als die Kürzung des Ge­winns und der Hin­zu­rech­nun­gen um Ge­winne aus An­tei­len an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft mit Ge­schäfts­lei­tung und Sitz außer­halb von Deutsch­land an schärfere Be­din­gun­gen geknüpft wird als die Kürzung des Ge­winns und der Hin­zu­rech­nun­gen um Ge­winne aus An­tei­len an ei­ner nicht steu­er­be­frei­ten inländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaft. Das Ver­fah­ren wurde bis zur Be­kannt­gabe der Vor­ab­ent­schei­dung des EuGH aus­ge­setzt.

Die Gründe:
Der Se­nat hat er­heb­li­che Zwei­fel daran, dass die ein­schlägige ge­wer­be­steu­er­li­che Kürzungs­vor­schrift mit der Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit, die auch In­ves­ti­tio­nen in Nicht-EU-Ländern schützt, ver­ein­bar ist. Schließlich un­ter­lie­gen da­durch Ge­winne aus Be­tei­li­gun­gen an inländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten un­ter er­heb­lich ein­fa­che­ren Vor­aus­set­zun­gen der Kürzung, so dass Be­tei­li­gun­gen an ausländi­schen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten steu­er­recht­lich we­ni­ger at­trak­tiv sind. Auch der Ge­sichts­punkt der Miss­brauchs­ab­wehr kann in­so­fern eine Schlech­ter­be­hand­lung von Ge­winn­aus­schüttun­gen ausländi­scher Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten nicht recht­fer­ti­gen.

Die Bekämp­fung von missbräuch­li­chen Ge­stal­tun­gen kann nur dann als Recht­fer­ti­gungs­grund an­geführt wer­den, wenn sie auf rein künst­li­che Ge­stal­tun­gen ab­zielt, die auf eine Um­ge­hung des Steu­er­rechts ge­rich­tet sind, was jede all­ge­meine Ver­mu­tung ei­nes Ge­stal­tungs­miss­brauchs aus­schließt. Die in § 9 Nr. 7 GewStG 2002 auf­ge­stell­ten, über eine be­stimmte Be­tei­li­gungs­quote hin­aus­ge­hen­den und in­so­weit von § 9 Nr. 2a GewStG 2002 ab­wei­chen­den Vor­aus­set­zun­gen stel­len eine un­zulässige Miss­brauchs­ty­pi­sie­rung dar. Sie sind schon man­gels Ein­be­zie­hung der ausländi­schen Steu­er­be­las­tung nicht ge­eig­net, um auf einen Miss­brauch hin­zu­wei­sen. Aus die­sem Grund hat der Se­nat Zwei­fel, ob es zur Her­stel­lung der Ver­ein­bar­keit mit dem AEUV aus­rei­chend wäre - ggf. im Wege ei­ner gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­tion -, die von § 9 Nr. 7 GewStG 2002 vor­ge­nom­mene Ty­pi­sie­rung dem Grunde nach bei­zu­be­hal­ten und dem Steu­er­pflich­ti­gen le­dig­lich die Möglich­keit zu eröff­nen, sei­ner­seits einen feh­len­den Miss­brauch nach­zu­wei­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text des Ur­teils ist erhält­lich un­ter www.nrwe.de - Recht­spre­chungs­da­ten­bank des Lan­des NRW.
  • Um di­rekt zu dem Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben