Der Sachverhalt:
Die Klägerin und ihre Töchter sind deutsche Staatsangehörige und haben ihren Wohnsitz in Großbritannien. Die Klägerin wohnt seit dem Jahr 1996 nicht mehr in Deutschland. Ihre Töchter haben niemals in Deutschland gewohnt. Die Klägerin war zu 1/2 Miteigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks. Diesen Anteil übertrug sie wiederum zu je 1/2 auf ihre Töchter und verpflichtete sich dazu, die anfallende Schenkungsteuer zu übernehmen.
Das mit der Sache befasste FG Düsseldorf hat Zweifel, ob die Freibetragsregelung für beschränkt Steuerpflichtige mit der europäischen Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist. Es hat das Klageverfahren deshalb ausgesetzt und dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 63 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 AEUV dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats, die hinsichtlich der Berechnung der Schenkungsteuer vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage im Fall der Schenkung eines im Inland belegenen Grundstücks dann, wenn Schenker und Schenkungsempfänger zur Zeit der Ausführung der Schenkung ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest einer von ihnen zu diesem Zeitpunkt seinen Wohnsitz im erstgenannten Mitgliedstaat gehabt hätte, auch dann entgegensteht, wenn eine andere Regelung des Mitgliedstaats vorsieht, dass auf Antrag des Schenkungsempfängers der höhere Freibetrag - unter Einbeziehung aller von dem Schenker anfallenden Erwerbe zehn Jahre vor und zehn Jahre nach der Ausführung der Schenkung - zur Anwendung kommt?
Die Gründe:
Unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH in der Rechtssache "Vera Mattner", wonach unbeschränkt Steuerpflichtige und beschränkt Steuerpflichtige mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU gleich zu behandeln sind, wäre der Klage stattzugeben. Der Gesetzgeber hat zwar als Reaktion auf dieses Verfahren die Möglichkeit geschaffen, den Vermögensanfall auf Antrag des Steuerpflichtigen insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann das Bestehen einer derartigen Wahlmöglichkeit für sich allein die Rechtswidrigkeit eines mit dem Unionsrecht unvereinbaren Systems jedoch nicht heilen.
Daher spricht vieles dafür, dass die Antragsmöglichkeit an der Unionsrechtswidrigkeit nichts ändert, zumal der niedrigere Freibetrag automatisch angewendet wird, wenn der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - keinen Antrag stellt. Im Übrigen bestehen europarechtliche Zweifel im Hinblick auf das gesetzliche Wahlrecht selbst, da es z.B. mit einer Berücksichtigung von Vor- und Nacherwerben innerhalb eines Zeitraums von insgesamt 20 Jahren - und nicht wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen zehn Jahren - einhergeht.
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