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Dienstleistungen auf fremdem oder öffentlichem Grund nach § 35a EStG begünstigt

BFH 20.3.2014, VI R 55/12 u.a.

Auch die In­an­spruch­nahme von Dienst­leis­tun­gen, die jen­seits der Grundstücks­grenze auf frem­dem, etwa öff­ent­li­chem Grund er­bracht wer­den, kann als haus­halts­nahe Dienst­leis­tung nach § 35a EStG begüns­tigt sein. Die Gren­zen des Haus­halts i.S.d. § 35a EStG wer­den nicht aus­nahms­los - un­abhängig von den Ei­gen­tums­verhält­nis­sen - durch die Grundstücks­gren­zen ab­ge­steckt, son­dern es genügt, wenn die Dienst­leis­tung für den Haus­halt (zum Nut­zen des Haus­halts) er­bracht wird.

Der Sach­ver­halt:

+++ VI R 55/12 +++
In die­sem Ver­fah­ren hat­ten die Kläger ein Un­ter­neh­men mit der Schneeräum­ung der in öff­ent­li­chem Ei­gen­tum ste­hen­den Straßenfront ent­lang des von ih­nen be­wohn­ten Grundstücks be­auf­tragt. Aus­weis­lich der Rech­nung aus Juni 2008 ent­stan­den ih­nen hierfür Kos­ten i.H.v. rund 142 €. In ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung mach­ten sie die­sen Be­trag als Auf­wen­dun­gen für die In­an­spruch­nahme haus­halts­na­her Dienst­leis­tun­gen gel­tend.

Das Fi­nanz­amt gewährte ih­nen al­ler­dings die be­an­tragte Steu­er­ermäßigung nicht. Schließlich sei die Dienst­leis­tung außer­halb der Grundstücks­gren­zen und da­mit nicht in­ner­halb des Haus­halts durch­geführt wor­den. So­weit Dienst­leis­tun­gen (wie etwa Straßen- und Geh­weg­rei­ni­gung, Win­ter­dienst) auf öff­ent­li­chem Gelände durch­geführt würden, seien sie nicht als haus­halts­nahe Dienst­leis­tun­gen nach § 35a EStG begüns­tigt. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt.

+++ VI R 56/12 +++
In einem wei­te­ren Ver­fah­ren hat­ten die Kläger im De­zem­ber 2001 ein Grundstück er­wor­ben und ein Jahr später dar­auf ein Ein­fa­mi­li­en­haus er­rich­tet, das sie seit der Fer­tig­stel­lung für ei­gene Wohn­zwe­cke nutz­ten. Zunächst wurde das Ob­jekt durch einen Brun­nen mit Trink­was­ser ver­sorgt. Das Ab­was­ser wurde über eine Grube ent­sorgt. Der Haus­halt wurde nachträglich an das öff­ent­li­che Ver­sor­gungs­netz an­ge­schlos­sen. Der Zweck­ver­band machte dies­bezüglich Kos­ten­er­satz­beträge i.H.v. 910 € und 651 € gel­tend, die die Kläger durch Über­wei­sung von ih­rem Bank­konto be­gli­chen. Diese Auf­wen­dun­gen mach­ten die Kläger in ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2007 er­folg­los als Hand­wer­ker­leis­tun­gen i.S.d. § 35a EStG gel­tend. Auch hier war die Klage vor dem FG er­folg­reich.

Die Re­vi­sio­nen der je­wei­li­gen Fi­nanzämter blie­ben in bei­den Fällen er­folg­los.

Die Gründe:
Den Klägern wa­ren in bei­den Fällen die Steu­er­ermäßigun­gen nach § 35a Abs. 2 S. 1 bzw. S. 2 EStG zu gewähren.

Die In­an­spruch­nahme von Diens­ten, die jen­seits der Grundstücks­grenze auf frem­dem, etwa öff­ent­li­chem Grund ge­leis­tet wer­den, kann ent­ge­gen dem BMF-Schrei­ben vom 10.1.2014 (IV C 4-S 2296-b/07/0003:004, 2014/0023765) als haus­halts­nahe Dienst­leis­tung nach § 35a Abs. 2 S. 1 EStG begüns­tigt sein. Schließlich muss der Be­griff "im Haus­halt" nicht räum­lich, son­dern funk­ti­ons­be­zo­gen aus­ge­legt wer­den. Die Gren­zen des Haus­halts i.S.d. § 35a EStG wer­den nicht aus­nahms­los - un­abhängig von den Ei­gen­tums­verhält­nis­sen - durch die Grundstücks­gren­zen ab­ge­steckt. Es genügt viel­mehr, wenn die Dienst­leis­tung für den Haus­halt (zum Nut­zen des Haus­halts) er­bracht wird.

Al­ler­dings muss es sich da­bei um Tätig­kei­ten han­deln, die an­sons­ten übli­cher­weise von Fa­mi­li­en­mit­glie­dern er­bracht und in un­mit­tel­ba­ren räum­li­chen Zu­sam­men­hang zum Haus­halt durch­geführt wer­den und dem Haus­halt die­nen. Hier­von kann ins­be­son­dere aus­ge­gan­gen wer­den, wenn der Steu­er­pflich­tige - wie hier - als Ei­gentümer oder Mie­ter zur Rei­ni­gung und Schneeräum­ung von öff­ent­li­chen Straßen und (Geh)We­gen ver­pflich­tet ist. In einem sol­chen Fall sind Auf­wen­dun­gen für die In­an­spruch­nahme haus­halts­na­her Dienst­leis­tun­gen auch in vol­lem Um­fang und nicht nur an­tei­lig, so­weit sie auf Pri­vat­gelände ent­fal­len, nach § 35a EStG begüns­tigt.

Ent­spre­chen­des gilt auch bei der In­an­spruch­nahme von Hand­wer­ker­leis­tun­gen für Re­no­vie­rungs-, Er­hal­tungs- und Mo­der­ni­sie­rungsmaßnah­men (nicht aber bei einem Neu­bau), die in un­mit­tel­ba­rem räum­li­chem Zu­sam­men­hang zum Haus­halt durch­geführt wer­den und dem Haus­halt die­nen. Bei Haus­an­schlüssen han­delt es sich zwar auch in­so­weit als die An­schluss­lei­tung in­ner­halb des Pri­vat­grundstücks des An­schluss­neh­mers verläuft um Be­triebs­an­la­gen des Was­ser­ver­sor­gungs­un­ter­neh­mens. An­de­rer­seits muss der Haus­an­schluss ins­ge­samt und da­mit auch, so­weit er im öff­ent­li­chen Straßen­raum verläuft, zum Haus­halt gezählt und da­mit als Hand­wer­ker­leis­tung nach § 35a EStG begüns­tigt wer­den.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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  • Um di­rekt zum Voll­text von VI R 56/12 zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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