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Bundesregierung beschließt Prüferrotation

Die Bun­des­re­gie­rung be­schloss am 16.12.2015 den Ent­wurf ei­nes Ab­schlussprüfungs­re­form­ge­set­zes (AReG) und brachte die­sen in das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ein. Da­mit sol­len, flan­kie­rend zu den EU-recht­li­chen Vor­ga­ben, u. a. die na­tio­na­len Re­ge­lun­gen zur künf­tig vor­zu­neh­men­den Prüfer­ro­ta­tion ge­fasst wer­den.

Mit dem Ge­setz, des­sen Ent­wurf nun vor­liegt, sol­len zum einen die prüfungs­be­zo­ge­nen Re­ge­lun­gen der EU-Ab­schlussprüfer­richt­li­nie in deut­sches Recht um­ge­setzt, zum an­de­ren die die Ab­schlussprüfung be­tref­fen­den Mit­glied­staa­ten­wahl­rechte der EU-Ab­schluss­prüfer­ver­ord­nung im Hin­blick auf die Ab­schlussprüfung bei Un­ter­neh­men von öff­ent­li­chem In­ter­esse ausgeübt wer­den. Die Um­set­zung der EU-Ab­schlussprüfer­richt­li­nie muss bis zum 17.6.2016 er­folgt sein.

Auf­grund der un­mit­tel­ba­ren Gel­tung der EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung in den EU-Mit­glied­staa­ten las­sen sich die ge­setz­li­chen Grund­la­gen der han­dels­recht­li­chen Ab­schlussprüfung bei Un­ter­neh­men von öff­ent­li­chem In­ter­esse (pu­blic-in­te­rest en­ti­ties – PIE) künf­tig nicht mehr al­lein den §§ 316 ff. HGB ent­neh­men. Viel­mehr tre­ten für PIE und de­ren Ab­schlussprüfer die Re­ge­lun­gen der Ver­ord­nung ergänzend ne­ben die Vor­ga­ben des HGB oder sie verdrängen diese. PIE sind Un­ter­neh­men, die ka­pi­tal­markt­ori­en­tiert sind, d.h. die durch von ih­nen aus­ge­ge­bene Wert­pa­piere einen or­ga­ni­sier­ten Markt in An­spruch neh­men oder die Zu­las­sung sol­cher Wert­pa­piere zum Han­del an einem or­ga­ni­sier­ten Markt be­an­tragt ha­ben, so­wie – un­abhängig von ei­ner Ka­pi­tal­markt­ori­en­tie­rung – CRR-Kre­dit­in­sti­tute (mit Aus­nahme der DBB und der KfW) und Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men.

Nach­fol­gend wer­den die flan­kie­rend zur EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung im Ent­wurf des AReG vor­ge­se­hene na­tio­nale Be­gleit- bzw. Ausführungs­re­ge­lun­gen dar­ge­stellt:
  • Nach der EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung darf ein Ab­schlussprüfer die Ab­schlussprüfung bei einem PIE grundsätz­lich nicht länger als zehn Jahre in Folge durchführen. Diese Re­ge­lung ergänzend sol­len durch das AReG die Mit­glied­staa­ten­wahl­rechte nach Art. 17 Abs. 4 der Ver­ord­nung durch § 318 Abs. 1a HGB in der Form ausgeübt wer­den, dass sich die Höchst­lauf­zeit zum einen auf 20 Jahre verlängert, wenn der Wahl des Ab­schlussprüfers für die Prüfung des Ab­schlus­ses für das elfte Ge­schäfts­jahr in Folge ein be­stimm­ten An­for­de­run­gen genügen­des Vor­schlags- und Aus­wahl­ver­fah­ren vor­aus­geht, oder zum zwei­ten auf 24 Jahre verlängert, wenn ab dem elf­ten Ge­schäfts­jahr min­des­tens zwei Wirt­schaftsprüfer oder Wirt­schaftsprüfungs­ge­sell­schaf­ten zum Ab­schlussprüfer be­stellt wer­den (sog. Ge­mein­schaftsprüfung). An­ders als noch im Re­fe­ren­ten­ent­wurf des AReG vor­ge­se­hen, sol­len diese Verlänge­rungs­op­tio­nen nicht sämt­li­chen PIE, son­dern nur noch ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Un­ter­neh­men ein­geräumt wer­den. In § 318 Abs. 1b HGB-E soll jed­wede Ver­ein­ba­rung, mit der der Kreis der wähl­ba­ren Prüfer oder Prüfungs­ge­sell­schaf­ten auf be­stimmte Ka­te­go­rien oder Lis­ten be­schränkt wer­den soll (sog. Big4-Only-Klau­seln), für nich­tig erklärt wer­den.
  • Während die all­ge­mei­nen, für sämt­li­che Un­ter­neh­men gel­ten­den Gründe für den Aus­schluss ei­nes Prüfers oder ei­ner Prüfungs­ge­sell­schaft als Ab­schlussprüfer in § 319 HGB durch das AReG nur ge­ringfügig in zeit­li­cher Hin­sicht aus­ge­wei­tet wer­den sol­len, wer­den die be­son­de­ren Aus­schlussgründe bei PIE-Ab­schlussprüfun­gen in § 319a HGB ei­ner um­fang­rei­chen Ände­rung un­ter­wor­fen. So sol­len ei­nige der im ge­genwärtig gel­ten­den § 319a HGB ge­nann­ten Aus­schlussgründe ge­stri­chen wer­den, weil sich diese be­reits un­mit­tel­bar aus der EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung er­ge­ben. Im künf­ti­gen § 319a HGB sol­len nur noch die ergänzen­den Aus­schlussgründe für PIE-Prüfer ge­re­gelt wer­den, bei de­nen die EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung den Mit­glied­staa­ten na­tio­nal aus­zu­ge­stal­tende Spielräume belässt: Ein Wirt­schaftsprüfer oder eine Wirt­schaftsprüfungs­ge­sell­schaft soll als Ab­schlussprüfer ei­nes PIE aus­ge­schlos­sen sein, wenn er bzw. sie in dem Ge­schäfts­jahr, für des­sen Schluss der zu prüfende Jah­res­ab­schluss auf­zu­stel­len ist, über die Prüfungstätig­keit hin­aus Steu­er­be­ra­tungs­leis­tun­gen er­bracht hat, die sich ein­zeln oder zu­sam­men auf den zu prüfen­den Ab­schluss un­mit­tel­bar und nicht nur un­we­sent­lich aus­wir­ken („ag­gres­sive Steu­er­pla­nung“). Fer­ner soll ein Wirt­schaftsprüfer oder eine Wirt­schaftsprüfungs­ge­sell­schaft als Ab­schlussprüfer ei­nes PIE aus­ge­schlos­sen sein, wenn er bzw. sie in dem zu prüfen­den Ge­schäfts­jahr oder bis zur Er­tei­lung des Bestäti­gungs­ver­merks über die Prüfungstätig­keit hin­aus bei der zu prüfen­den oder für die zu prüfende Ge­sell­schaft Be­wer­tungs­leis­tun­gen er­bracht hat, die sich ein­zeln oder zu­sam­men auf den zu prüfen­den Ab­schluss un­mit­tel­bar und nicht nur un­we­sent­lich aus­wir­ken. So­wohl im Falle der Er­brin­gung von Steu­er­be­ra­tungs­leis­tun­gen als auch der Er­brin­gung von Be­wer­tungs­leis­tun­gen durch einen PIE-Ab­schlussprüfer soll de­ren Zulässig­keit eine Dar­stel­lung und Erläute­rung von de­ren Aus­wir­kun­gen auf den zu prüfen­den Ab­schluss im Prüfungs­be­richt vor­aus­set­zen. Schließlich wird der An­wen­dungs­be­reich des § 319a HGB von bis­lang al­lein Ab­schlussprüfun­gen von ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Un­ter­neh­men i. S. d. § 264d HGB aus­ge­wei­tet auch auf die Ab­schlussprüfung von Kre­dit­in­sti­tu­ten und Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men, un­abhängig von de­ren Ka­pi­tal­markt­ori­en­tie­rung.
  • Künf­tig muss grundsätz­lich je­des PIE einen Prüfungs­aus­schuss ein­rich­ten, das kei­nen Auf­sichts- oder Ver­wal­tungs­rat hat, der die Vor­aus­set­zun­gen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt. Das soll sich aus dem zur Ände­rung an­ste­hen­den § 324 HGB er­ge­ben. Während de lege lata nur min­des­tens ein Mit­glied des Prüfungs­aus­schus­ses, das über Sach­ver­stand auf den Ge­bie­ten Rech­nungs­le­gung oder Ab­schlussprüfung verfügt (sog. fi­nan­cial ex­pert), un­abhängig sein muss, muss künf­tig die Mehr­heit der Mit­glie­der, dar­un­ter der Vor­sit­zende, un­abhängig sein, wo­bei in­des der fi­nan­cial ex­pert nicht not­wen­di­ger­weise un­abhängig sein muss; an­ders als bis­lang müssen zusätz­lich die Mit­glie­der in ih­rer Ge­samt­heit mit dem Sek­tor ver­traut sein, in dem das PIE tätig ist. Ent­spre­chende Vor­ga­ben sol­len für den Auf­sichts- oder Ver­wal­tungs­rat ei­nes PIE in den ein­schlägi­gen ge­sell­schafts­recht­li­chen Vor­schrif­ten ge­schaf­fen wer­den.
  • Fer­ner sol­len mit den §§ 333a, 334 Abs. 2a HGB-E (so­wie ent­spre­chen­den Re­ge­lun­gen in den ein­schlägi­gen ge­sell­schafts­recht­li­chen bzw. ge­schäfts­zweig­spe­zi­fi­schen Vor­schrif­ten) neue Straf- bzw. Ord­nungs­wid­rig­keit­stat­bestände ge­schaf­fen wer­den: Da­nach soll künf­tig mit Frei­heits- oder Geld­strafe be­straft wer­den, wer als Mit­glied ei­nes Auf­sichts- oder Ver­wal­tungs­ra­tes oder ei­nes Prüfungs­aus­schus­ses ei­nes PIE be­stimmte im Zu­sam­men­hang mit der Be­stel­lung und/oder der Un­abhängig­keit des Ab­schlussprüfers ste­hende Hand­lun­gen be­geht und der einen Vermögens­vor­teil erhält oder sich ver­spre­chen lässt oder eine sol­che Hand­lung be­harr­lich wie­der­holt. Im Falle der „ein­fa­chen“ Be­ge­hung ei­ner die­ser Hand­lun­gen soll eine Ord­nungs­wid­rig­keit vor­lie­gen, die mit ei­ner Geldbuße bis zu 50.000 Euro ge­ahn­det wer­den kann.
Der Ent­wurf des AReG sieht darüber hin­aus eine Viel­zahl wei­te­rer Ände­run­gen vor, so z.B. der An­for­de­run­gen an den Prüfungs­be­richt und an den Bestäti­gungs­ver­merk. Die ver­mut­lich weit­rei­chendste Ände­rung im Hin­blick auf den In­halt des Bestäti­gungs­ver­merks bei Ab­schlussprüfun­gen von PIE er­gibt sich aber un­mit­tel­bar aus der EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung selbst: Das Testat muss da­nach ergänzend zur Un­ter­maue­rung des Prüfungs­ur­teils eine Be­schrei­bung der be­deut­sams­ten be­ur­teil­ten Ri­si­ken we­sent­li­cher fal­scher Dar­stel­lun­gen (sog. key au­dit mat­ters) so­wie eine Zu­sam­men­fas­sung der Re­ak­tion des Ab­schlussprüfers auf diese Ri­si­ken ent­hal­ten. Die noch im Re­fe­ren­ten­ent­wurf des AReG vor­ge­se­hene Über­tra­gung die­ser An­for­de­run­gen auch auf den Bestäti­gungs­ver­merk zu Ab­schlussprüfun­gen von Non-PIE  ist im Re­gie­rungs­ent­wurf nicht mehr ent­hal­ten.

Hinweise

Die große Mehr­zahl der prüfungs­be­zo­ge­nen Vor­schrif­ten, die durch das AReG geändert oder neu ge­schaf­fen wer­den sol­len, soll erst­mals an­zu­wen­den sein auf die Prüfung von Ab­schlüssen und La­ge­be­rich­ten für Ge­schäfts­jahre, die nach dem 16.6.2016 be­gin­nen, im Falle ei­nes ka­len­der­jahr­glei­chen Ge­schäfts­jah­res also für das Jahr 2017. Da­mit würde ein Gleich­klang mit der EU-Ab­schlussprüfer­ver­ord­nung er­reicht wer­den, die grundsätz­lich auch ab dem 17.6.2016 gilt.

Die die An­for­de­run­gen an den Auf­sichts­rat und den Prüfungs­aus­schuss be­tref­fen­den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten i. d. F. des AReG brau­chen so lange nicht an­ge­wandt zu wer­den, wie alle de­ren Mit­glie­der vor dem 17.6.2016 be­stellt wor­den sind.

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