Mit dem Gesetz, dessen Entwurf nun vorliegt, sollen zum einen die prüfungsbezogenen Regelungen der EU-Abschlussprüferrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt, zum anderen die die Abschlussprüfung betreffenden Mitgliedstaatenwahlrechte der EU-Abschlussprüferverordnung im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse ausgeübt werden. Die Umsetzung der EU-Abschlussprüferrichtlinie muss bis zum 17.6.2016 erfolgt sein.
Aufgrund der unmittelbaren Geltung der EU-Abschlussprüferverordnung in den EU-Mitgliedstaaten lassen sich die gesetzlichen Grundlagen der handelsrechtlichen Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (public-interest entities – PIE) künftig nicht mehr allein den §§ 316 ff. HGB entnehmen. Vielmehr treten für PIE und deren Abschlussprüfer die Regelungen der Verordnung ergänzend neben die Vorgaben des HGB oder sie verdrängen diese. PIE sind Unternehmen, die kapitalmarktorientiert sind, d.h. die durch von ihnen ausgegebene Wertpapiere einen organisierten Markt in Anspruch nehmen oder die Zulassung solcher Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt beantragt haben, sowie – unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung – CRR-Kreditinstitute (mit Ausnahme der DBB und der KfW) und Versicherungsunternehmen.
- Nach der EU-Abschlussprüferverordnung darf ein Abschlussprüfer die Abschlussprüfung bei einem PIE grundsätzlich nicht länger als zehn Jahre in Folge durchführen. Diese Regelung ergänzend sollen durch das AReG die Mitgliedstaatenwahlrechte nach Art. 17 Abs. 4 der Verordnung durch § 318 Abs. 1a HGB in der Form ausgeübt werden, dass sich die Höchstlaufzeit zum einen auf 20 Jahre verlängert, wenn der Wahl des Abschlussprüfers für die Prüfung des Abschlusses für das elfte Geschäftsjahr in Folge ein bestimmten Anforderungen genügendes Vorschlags- und Auswahlverfahren vorausgeht, oder zum zweiten auf 24 Jahre verlängert, wenn ab dem elften Geschäftsjahr mindestens zwei Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zum Abschlussprüfer bestellt werden (sog. Gemeinschaftsprüfung). Anders als noch im Referentenentwurf des AReG vorgesehen, sollen diese Verlängerungsoptionen nicht sämtlichen PIE, sondern nur noch kapitalmarktorientierten Unternehmen eingeräumt werden. In § 318 Abs. 1b HGB-E soll jedwede Vereinbarung, mit der der Kreis der wählbaren Prüfer oder Prüfungsgesellschaften auf bestimmte Kategorien oder Listen beschränkt werden soll (sog. Big4-Only-Klauseln), für nichtig erklärt werden.
- Während die allgemeinen, für sämtliche Unternehmen geltenden Gründe für den Ausschluss eines Prüfers oder einer Prüfungsgesellschaft als Abschlussprüfer in § 319 HGB durch das AReG nur geringfügig in zeitlicher Hinsicht ausgeweitet werden sollen, werden die besonderen Ausschlussgründe bei PIE-Abschlussprüfungen in § 319a HGB einer umfangreichen Änderung unterworfen. So sollen einige der im gegenwärtig geltenden § 319a HGB genannten Ausschlussgründe gestrichen werden, weil sich diese bereits unmittelbar aus der EU-Abschlussprüferverordnung ergeben. Im künftigen § 319a HGB sollen nur noch die ergänzenden Ausschlussgründe für PIE-Prüfer geregelt werden, bei denen die EU-Abschlussprüferverordnung den Mitgliedstaaten national auszugestaltende Spielräume belässt: Ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll als Abschlussprüfer eines PIE ausgeschlossen sein, wenn er bzw. sie in dem Geschäftsjahr, für dessen Schluss der zu prüfende Jahresabschluss aufzustellen ist, über die Prüfungstätigkeit hinaus Steuerberatungsleistungen erbracht hat, die sich einzeln oder zusammen auf den zu prüfenden Abschluss unmittelbar und nicht nur unwesentlich auswirken („aggressive Steuerplanung“). Ferner soll ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Abschlussprüfer eines PIE ausgeschlossen sein, wenn er bzw. sie in dem zu prüfenden Geschäftsjahr oder bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks über die Prüfungstätigkeit hinaus bei der zu prüfenden oder für die zu prüfende Gesellschaft Bewertungsleistungen erbracht hat, die sich einzeln oder zusammen auf den zu prüfenden Abschluss unmittelbar und nicht nur unwesentlich auswirken. Sowohl im Falle der Erbringung von Steuerberatungsleistungen als auch der Erbringung von Bewertungsleistungen durch einen PIE-Abschlussprüfer soll deren Zulässigkeit eine Darstellung und Erläuterung von deren Auswirkungen auf den zu prüfenden Abschluss im Prüfungsbericht voraussetzen. Schließlich wird der Anwendungsbereich des § 319a HGB von bislang allein Abschlussprüfungen von kapitalmarktorientierten Unternehmen i. S. d. § 264d HGB ausgeweitet auch auf die Abschlussprüfung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, unabhängig von deren Kapitalmarktorientierung.
- Künftig muss grundsätzlich jedes PIE einen Prüfungsausschuss einrichten, das keinen Aufsichts- oder Verwaltungsrat hat, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt. Das soll sich aus dem zur Änderung anstehenden § 324 HGB ergeben. Während de lege lata nur mindestens ein Mitglied des Prüfungsausschusses, das über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügt (sog. financial expert), unabhängig sein muss, muss künftig die Mehrheit der Mitglieder, darunter der Vorsitzende, unabhängig sein, wobei indes der financial expert nicht notwendigerweise unabhängig sein muss; anders als bislang müssen zusätzlich die Mitglieder in ihrer Gesamtheit mit dem Sektor vertraut sein, in dem das PIE tätig ist. Entsprechende Vorgaben sollen für den Aufsichts- oder Verwaltungsrat eines PIE in den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften geschaffen werden.
- Ferner sollen mit den §§ 333a, 334 Abs. 2a HGB-E (sowie entsprechenden Regelungen in den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen bzw. geschäftszweigspezifischen Vorschriften) neue Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitstatbestände geschaffen werden: Danach soll künftig mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft werden, wer als Mitglied eines Aufsichts- oder Verwaltungsrates oder eines Prüfungsausschusses eines PIE bestimmte im Zusammenhang mit der Bestellung und/oder der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers stehende Handlungen begeht und der einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt oder eine solche Handlung beharrlich wiederholt. Im Falle der „einfachen“ Begehung einer dieser Handlungen soll eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann.
Hinweise
Die große Mehrzahl der prüfungsbezogenen Vorschriften, die durch das AReG geändert oder neu geschaffen werden sollen, soll erstmals anzuwenden sein auf die Prüfung von Abschlüssen und Lageberichten für Geschäftsjahre, die nach dem 16.6.2016 beginnen, im Falle eines kalenderjahrgleichen Geschäftsjahres also für das Jahr 2017. Damit würde ein Gleichklang mit der EU-Abschlussprüferverordnung erreicht werden, die grundsätzlich auch ab dem 17.6.2016 gilt.
Die die Anforderungen an den Aufsichtsrat und den Prüfungsausschuss betreffenden gesetzlichen Vorschriften i. d. F. des AReG brauchen so lange nicht angewandt zu werden, wie alle deren Mitglieder vor dem 17.6.2016 bestellt worden sind.