Laut Urteil des EuGH vom 13.12.2005 (Rs. C-446/03, Marks & Spencer, DStR 2006, S. 19) ist der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft verpflichtet, endgültige Verluste von Tochtergesellschaften in anderen EU-Mitgliedstaaten zum Abzug bei der Muttergesellschaft zuzulassen. Die auf Grund dieser Entscheidung in 2006 geänderten britischen Rechtsvorschriften zum Konzernabzug sehen nun unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen die Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Verlustabzugs vor. Demnach muss die gebietsfremde Gesellschaft die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten im Steuerzeitraum, in dem die Verluste entstanden sind, und in den früheren Steuerzeiträumen ausgeschöpft haben. Zudem darf keine Möglichkeit der Berücksichtigung der Verluste in zukünftigen Steuerzeiträumen bestehen, wozu unmittelbar nach Ende des Steuerzeitraums, in dem die Verluste entstanden sind, eine entsprechende Feststellung zu treffen ist.
Entgegen der Auffassung der Europäische Kommission, die diese Regelung als EU-rechtswidrig ansah, weil es demnach für eine in Großbritannien ansässige Muttergesellschaft so gut wie unmöglich sei, einen grenzüberschreitenden Konzernabzug vorzunehmen, verwirft der EuGH mit Urteil vom 3.02.2015 (Rs. C-172/13, Kommission/Vereinigtes Königreich) diese Bedenken.
Hinweis
Die Entscheidung des EuGH bestätigt die Tendenz der Rechtsprechung, die Fiskalinteressen der EU-Mitgliedstaaten gegenüber der Durchsetzung der Grundfreiheiten stärker zu gewichten. Sie könnte demnach auch auf die Frage Auswirkungen haben, in welchen Fällen im Inland finale Verluste einer ausländischen Tochtergesellschaft im Rahmen einer Organschaft oder finale Verluste einer ausländischen Betriebsstätte zu berücksichtigen sind. Auch wenn durch eine gesetzliche Regelung die Finalität nur in wenigen Fällen anzunehmen ist, scheint der EuGH hier keine EU-rechtlichen Bedenken zu haben.