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Steuerberatung

Internationale Umstrukturierungen und was es dabei zu beachten gilt

Mit­telständi­sche Un­ter­neh­men pfle­gen längst nicht mehr nur Ge­schäfts­be­zie­hun­gen ins Aus­land. Sie sind in­ter­na­tio­nal auf­ge­stellt, z. B. in­dem die Pro­duk­tion im Aus­land er­folgt, der Ver­trieb je nach be­dien­ten Märk­ten in meh­re­ren Staa­ten durch dort be­ste­hende Ver­triebs­ge­sell­schaf­ten er­folgt oder aber Un­ter­neh­mens­funk­tio­nen, wie z. B. die Fi­nan­zie­rungs­funk­tion, auf eine im Aus­land ansässige Toch­ter­ge­sell­schaft über­tra­gen wer­den. Da Un­ter­neh­men kei­nes­wegs sta­ti­sch sind, wer­den re­gelmäßig An­pas­sun­gen der Ge­sell­schafts­struk­tu­ren er­for­der­lich. Ist da­bei mehr als nur ein Staat in­vol­viert, be­darf es ei­ner um­fas­sen­den Prüfung der in- und ausländi­schen wirt­schafts- und steu­er­recht­li­chen Vor­ga­ben, um hier eine op­ti­male Lösung zu fin­den. RSM Eb­ner Stolz hat mit einem Au­to­ren­team aus er­fah­re­nen Ex­per­ten im Be­reich der in­ter­na­tio­na­len Um­struk­tu­rie­run­gen hierzu ak­tu­ell ein Pra­xis­hand­buch veröff­ent­licht, in dem die da­bei zahl­reich auf­kom­men­den Fra­ge­stel­lun­gen be­leuch­tet wer­den. Wir ha­ben uns dazu mit den bei­den maßgeb­li­chen Mit­au­to­ren, Alex­an­der Eu­ch­ner, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei RSM Eb­ner Stolz in Stutt­gart, und Dr. Se­bas­tian Hölscher, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei RSM Eb­ner Stolz in Köln, un­ter­hal­ten.

Im NWB-Verlag ist Ende Dezember 2023 das Praxishandbuch der internationalen Umstrukturierungen erschienen. Wie kam es zu diesem Mammutprojekt?

Dr. Se­bas­tian Hölscher: In­ter­na­tio­nale Um­struk­tu­rie­run­gen sind für un­sere in­ter­na­tio­nal täti­gen Man­dan­ten von im­mer größerer Be­deu­tung. Dies liegt zum einen an der im­mer wei­ter vor­an­schrei­ten­den In­ter­na­tio­na­li­sie­rung un­se­rer Man­dan­ten­grup­pen. Zum an­de­ren liegt es daran, dass die ge­sell­schafts­recht­li­chen Möglich­kei­ten in­ter­na­tio­na­ler Um­struk­tu­rie­run­gen in den letz­ten Jah­ren suk­zes­sive er­wei­tert wur­den. Wir ha­ben als RSM Eb­ner Stolz in den letz­ten Jah­ren zahl­rei­che in­ter­na­tio­nale Um­struk­tu­rie­run­gen be­glei­tet und da­bei re­le­vante Pra­xis­er­fah­run­gen ge­sam­melt. Von da­her hat­ten wir den Wunsch, ein Hand­buch mit pra­xis­na­hen Dar­stel­lun­gen zu ver­fas­sen.

© Alexander Euchner, Dr. Sebastian Hölscher

Im Bereich der grenzüberschreitenden Umstrukturierungen gab es in letzter Zeit ja einige rechtliche Änderungen in Deutschland. Kann man sagen, auch der nationale Gesetzgeber hat die Zeichen der Zeit verstanden, dass es Regelungen für international aufgestellte Unternehmensgruppen bedarf?

Alex­an­der Eu­ch­ner: Man hat in der Tat den Ein­druck, dass alle po­li­ti­schen Ak­teure das große Bedürf­nis grenzüber­schrei­ten­der Um­wand­lun­gen ver­stan­den ha­ben. Dies um­fasst zum einen die EU, die die Möglich­kei­ten grenzüber­schrei­ten­der Um­wand­lun­gen über Richt­li­nien suk­zes­sive erhöht hat. Zum an­de­ren um­fasst das auch den deut­schen Ge­setz­ge­ber, der etwa die An­wend­bar­keit des Um­wand­lungs­steu­er­ge­set­zes zunächst auf EU-Fälle und schließlich auch auf Dritt­staa­tenfälle er­wei­tert hat. Gleich­wohl ist diese Ent­wick­lung si­cher­lich noch nicht am Ende. Denn ei­nige Um­wand­lungs­for­men sind etwa in Dritt­staa­ten­kon­stel­la­tio­nen ge­sell­schafts­recht­lich im­mer noch nicht möglich.

Können Sie grob skizzieren, welche Themenkomplexe bei internationalen Umwandlungen zu beachten sind?

Alex­an­der Eu­ch­ner: Zunächst stellt sich re­gelmäßig die Frage, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen eine Um­wand­lung ge­sell­schafts­recht­lich möglich ist und wel­che mit­be­stim­mungs­recht­li­chen Fol­gen aus der je­wei­li­gen Um­wand­lung re­sul­tie­ren. Aus steu­er­li­cher Sicht stel­len sich insb. zwei The­men­kom­plexe, nämlich zum einen ob die Um­wand­lung zu ei­ner Rea­li­sie­rung stil­ler Re­ser­ven führt und da­mit steu­erneu­tral möglich ist so­wie ob die Um­wand­lung eine fik­tive Aus­schüttung von Rück­la­gen begründet und da­durch eine Steu­er­be­las­tung auf Ge­sell­schaf­ter­ebene ent­steht. Bei der Be­ar­bei­tung die­ser The­men­kom­plexe sind nicht nur die Vor­ga­ben des na­tio­na­len Steu­er­rechts zu berück­sich­ti­gen, son­dern bei­spiels­weise auch et­waige Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men.

Werfen wir doch zunächst mal einen Blick auf die zivilrechtlichen Fragen? Um was geht es da konkret?

Dr. Se­bas­tian Hölscher: Zunächst müssen Um­struk­tu­rie­run­gen nach den recht­li­chen Vor­ga­ben der be­tei­lig­ten Staa­ten möglich sein. In Deutsch­land rich­tet sich die Durchführ­bar­keit von grenzüber­schrei­ten­den Um­wand­lun­gen nach dem Um­wand­lungs­ge­setz, des­sen An­wen­dungs­be­reich seit 01.03.2023 auch auf Spal­tun­gen und Form­wech­sel im EU-Raum aus­ge­wei­tet wurde und da­mit alle Um­struk­tu­rie­run­gen im EU-Raum um­fasst.

Und steuerlich? Hier wird es doch sicher darum gehen, dass nicht allein durch eine erforderliche Anpassung der Unternehmens- bzw. Gruppenstruktur Steuern ausgelöst werden, für die dann „worst case“ Unternehmenssubstanz für die Zahlung eingesetzt werden müsste?

Alex­an­der Eu­ch­ner: Um­wand­lun­gen sind An­pas­sun­gen der Grup­pen­struk­tur, die zu kei­nem zusätz­li­chen Markt­ein­kom­men führen. In­so­fern ist die Steu­erneu­tra­lität der je­wei­li­gen Um­wand­lung für die Un­ter­neh­mens­grup­pen von großer Be­deu­tung. Die steu­er­po­li­ti­sche For­de­rung muss lau­ten, dass na­tio­nale wie auch grenzüber­schrei­tende Um­wand­lun­gen zu­min­dest in­so­weit nicht zu ei­ner Steu­er­be­las­tung führen, als das inländi­sche Be­steue­rungs­recht nicht aus­ge­schlos­sen oder be­schränkt wird. In diese Rich­tung geht zwar das deut­sche Um­wand­lungs­steu­er­ge­setz. Die je­wei­li­gen Re­ge­lun­gen sind al­ler­dings sehr kom­plex. Des­halb wer­den sie in un­se­rem Pra­xis­hand­buch auch ausführ­lich erläutert.

Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?

Dr. Se­bas­tian Hölscher: Stel­len wir uns vor, eine Un­ter­neh­mens­gruppe mit ei­ner deut­schen Mut­ter­ge­sell­schaft hat seit Jah­ren eine pol­ni­sche Toch­ter­ge­sell­schaft, die so­wohl Pro­duk­ti­onstätig­kei­ten als auch den Ver­trieb in Po­len über­nimmt. Aus or­ga­ni­sa­to­ri­schen Gründen soll nun die Ver­triebstätig­keit auf eine neu gegründete pol­ni­sche Ge­sell­schaft ab­ge­spal­ten wer­den. Hier stel­len sich die vor­ste­hend skiz­zier­ten Fra­gen: 1.) Ist die Ab­spal­tung ge­sell­schafts­recht­lich möglich? 2.) Kommt es zu ei­ner Rea­li­sie­rung stil­ler Re­ser­ven in den An­tei­len an der ab­zu­spal­ten­den Ge­sell­schaft? 3.) Wer­den Ge­winnrück­la­gen der pol­ni­schen Ge­sell­schaft im Zuge der Ab­spal­tung fik­tiv aus­ge­schüttet? 4.) Sind Nach­be­hal­tens­fris­ten zu be­ach­ten?

Es geht aber sicherlich nicht nur um Fälle, in denen die Muttergesellschaft bzw. die dahinterstehenden Gesellschafter in Deutschland ansässig sind? Werden auch Fälle erfasst, in denen die Anteilseigner im Ausland ansässig sind? Wenn z. B. ausländische Investoren in ein bislang familiengeführtes Unternehmen in Deutschland eingestiegen sind?

Alex­an­der Eu­ch­ner: Wir ha­ben in un­se­rem Hand­buch selbst­verständ­lich auch den so­ge­nann­ten In­bound-Fall berück­sich­tigt, in dem die Um­wand­lung zwi­schen deut­schen Ge­sell­schaf­ten er­folgt, die An­teils­eig­ner aber im Aus­land steu­er­lich ansässig sind. Außer­dem sind wir in dem Hand­buch auch auf grenzüber­schrei­tende Um­wand­lun­gen ein­ge­gan­gen, also auf Fälle, in de­nen eine deut­sche Ge­sell­schaft auf eine ausländi­sche Ge­sell­schaft oder vice versa um­ge­wan­delt wird.

Abschließend, was sollten international aufgestellte Unternehmen grundlegend beachten, wenn sie ihre Gesellschaftsstrukturen verändern wollen?

Dr. Se­bas­tian Hölscher: Es sollte eine um­fas­sende ge­sell­schafts­recht­li­che und steu­er­li­che Prüfung in je­dem kon­kre­ten Ein­zel­fall er­fol­gen. Un­erläss­lich ist eine Hin­zu­zie­hung von er­fah­re­nen Steu­er­be­ra­tern und Rechts­anwälten, die so­wohl das inländi­sche als auch das ausländi­sche Recht im Blick ha­ben. Mit dem RSM-Netz­werk und un­se­rem mul­ti­dis­zi­plinären An­satz sind wir op­ti­mal auf­ge­stellt, um grenzüber­schrei­tende Um­wand­lun­gen aus ei­ner Hand be­glei­ten zu können.

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