BFH KIPPT VERWALTUNGSAUFFASSUNG
Der BFH hatte mit Urteil vom 22.8.2013 (Az. V R 37/10, BStBl. II 2014, S. 233) entschieden, dass die Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen nur dann auf den Leistungsempfänger übergeht, wenn dieser die Eingangsleistung zur Erbringung eigener Bauleistungen verwendet. Anders als von der Finanzverwaltung vertreten, erachtete es der BFH für unerheblich, in welchem Umfang der Leistungsempfänger im Übrigen Bauleistungen erbringt oder ob sich der Leistende und der Leistungsempfänger über den Übergang der Steuerschuldnerschaft einigen.
GESETZLICHE FESTSCHREIBUNG DER VERWALTUNGSPRAXIS
Basierend auf dem Vorschlag des Bundesrats wurden nunmehr im Steueränderungs- und Anpassungsgesetz Kroatien Regelungen aufgenommen, wonach Bauleistungen unabhängig von der konkreten Verwendung dieser Eingangsleistungen durch den Leistungsempfänger zum Übergang der Steuerschuldnerschaft führen, sofern der Leistungsempfänger Unternehmer ist und nachhaltig Bauleistungen erbringt. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich für mehr Rechtssicherheit für die Betroffenen gesorgt: Die Finanzbehörden sind nunmehr verpflichtet sind, betroffenen Auftraggebern von Bauleistungen, die selbst nachhaltig Bauleistungen erbringen, eine entsprechende Bescheinigung ausschließlich für umsatzsteuerliche Zwecke auszustellen. Dadurch werden in Zukunft die Zweifelsfragen, ob das Reverse-Charge-Verfahren Anwendung findet und ein Unternehmer Steuerschuldner für eine an ihn erbrachte Bauleistung ist, abnehmen. Das Finanzamt hat die Bescheinigung auf längstens drei Jahre zu befristen und kann diese nur mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen.
Laut der Gesetzesbegründung ist auch weiterhin von der nachhaltigen Erbringung von Bauleistungen auszugehen, wenn diese mindestens 10 % des Weltumsatzes des Leistungsempfängers betragen. Allerdings wird hier keine gesetzliche Festschreibung für erforderlich gehalten, da bereits durch die festgelegte Bescheinigungspraxis Rechtssicherheit für die Beteiligten erreicht wird.
Bauträger fallen, anders als vom Bundesrat ursprünglich vorgeschlagen, auch künftig nicht unter den Anwendungsbereich der Vorschrift, da Bauträger insoweit keine Bauleistungen erbringen und damit nicht in die umsatzsteuerlichen Sonderregelungen einzubeziehen sind.
Dagegen sind für Gebäudereinigungsleistungen entsprechende Regelungen vorgesehen. Somit geht die Steuerschuldnerschaft über, wenn der Leistungsempfänger selbst nachhaltig solche Leistungen erbringt, wovon bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung auszugehen ist.
FIKTION DES REVERSE-CHARGE-VERFAHRENS
Wenden der Leistungsempfänger und der Leistende übereinstimmend die Vorgaben zum Übergang der Steuerschuldnerschaft an, gilt der Leistungsempfänger ungeachtet dessen, ob die Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind, als Steuerschuldner. Diese Fiktion gilt im Falle von Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen gleichermaßen.
Die Neuregelungen treten am 1.10.2014 in Kraft.
ÜBERGANGSREGELUNGEN FÜR ALTFÄLLE….
Zudem wird eine gesetzliche Regelung aufgenommen, die die Nichtbeanstandungsregelung laut BMF-Schreiben vom 5.2.2014 (BStBl. I 2014, S. 233) und vom 8.5.2014 (BStBl. I 2014, S. 823) flankiert. Mit diesen Schreiben gewährt die Finanzverwaltung Vertrauensschutz, sofern der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger einvernehmlich bei vor dem 15.2.2014 ausgeführten Umsätzen fälschlicherweise vom Übergang der Steuerschuldnerschaft ausgegangen sind.
… KÖNNEN BAUTRÄGERN SCHWIERIGKEITEN BEREITEN
Davon betroffen sind zahlreiche Bauträger, die in der Vergangenheit wegen der entsprechenden Verwaltungsanweisungen geglaubt hatten, sie würden unter das Reverse-Charge-Verfahren fallen. Sie können nun die gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückfordern. Entgegen der allgemeinen Vertrauensregelung ist speziell geregelt, dass ein Rückgriff auf den Leistenden grundsätzlich möglich sein soll. Gleichzeitig wird diesem die Möglichkeit eingeräumt, einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen seinen Auftraggeber an das Finanzamt abzutreten, um seine Verbindlichkeit zu erfüllen. Ob dieser Anspruch aber überhaupt besteht, dürfte in Kürze Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten werden. Hier sind zivilrechtliche und steuerrechtliche Fragen im Zusammenspiel zu klären. Wichtig ist hier, auf einen Berater zurückgreifen zu können, der beide Rechtsbereiche beherrscht.