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Zur Frage einer Anteilsvereinigung nach Grunderwerbsteuergesetz bei wechselseitiger Beteiligung auf der Ebene einer Zwischengesellschaft

BFH 18.9.2013, II R 21/12

Bei der im Rah­men des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vor­zu­neh­men­den Prüfung, ob bei ei­ner zwi­schen­ge­schal­te­ten Ge­sell­schaft die er­for­der­li­che Be­tei­li­gungs­quote von 95 Pro­zent er­reicht ist, blei­ben An­teile, die eine hun­dert­pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft der Ge­sell­schaft an die­ser hält, un­berück­sich­tigt. Glei­ches gilt für An­teile, die die Ge­sell­schaft selbst hält.

Der Sach­ver­halt:
Mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Ver­trag von Sep­tem­ber 2004 er­war­ben der Kläger, ein e.V., 7,4 Pro­zent und die F-GmbH 67,4 Pro­zent am Stamm­ka­pi­tal der grund­be­sit­zen­den S-GmbH von den bis­he­ri­gen Ge­sell­schaf­tern. Die rest­li­chen An­teile von 25,2 Pro­zent hielt die S-GmbH selbst. Ge­sell­schaf­ter der F-GmbH wa­ren der Kläger zu 90 Pro­zent und die K-GmbH zu 10 Pro­zent. Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin der K-GmbH war die F-GmbH.

Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, auf­grund des Ver­trags von Sep­tem­ber 2004 liege ein Er­werbs­vor­gang i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vor. Dem­gemäß setzt es ge­gen den Kläger auf der Grund­lage der ge­son­dert fest­ge­stell­ten Grund­be­sitz­werte Grund­er­werb­steuer fest.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion der Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat zu Un­recht an­ge­nom­men, der Tat­be­stand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sei nicht erfüllt.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG un­ter­liegt der Grund­er­werb­steuer u.a. ein Rechts­ge­schäft, das den An­spruch auf Über­tra­gung ei­nes oder meh­re­rer An­teile ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft begründet, wenn durch die Über­tra­gung un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar min­des­tens 95 Pro­zent der An­teile der Ge­sell­schaft in der Hand des Er­wer­bers al­lein ver­ei­nigt wer­den würden. Ein mit­tel­ba­rer An­teil­ser­werb, der zu ei­ner An­teils­ver­ei­ni­gung bei­tra­gen oder führen kann, setzt bei Zwi­schen­schal­tung ei­ner oder meh­re­rer Ge­sell­schaf­ten vor­aus, dass der An­teil­ser­wer­ber so­wohl bei der (oder den) zwi­schen­ge­schal­te­ten Ge­sell­schaft(en) als auch bei der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft selbst in grund­er­werb­steu­er­recht­lich er­heb­li­cher Weise die recht­li­che Möglich­keit hat, sei­nen Wil­len durch­zu­set­zen.

Dies ist etwa bei Vor­han­den­sein ei­ner ein­zi­gen Zwi­schen­ge­sell­schaft der Fall, wenn der An­teil­ser­wer­ber min­des­tens 95 Pro­zent der An­teile an der Zwi­schen­ge­sell­schaft hält und diese ih­rer­seits zu min­des­tens 95 Pro­zent an der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft be­tei­ligt ist. Ist eine wei­tere Zwi­schen­ge­sell­schaft vor­han­den, genügt es, wenn der An­teil­ser­wer­ber min­des­tens 95 Pro­zent der An­teile an der ers­ten Zwi­schen­ge­sell­schaft hält, diese zu min­des­tens 95 Pro­zent an der zwei­ten Zwi­schen­ge­sell­schaft und diese wie­derum zu min­des­tens 95 Pro­zent an der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft be­tei­ligt ist. Ent­spre­chen­des gilt bei wei­te­ren Zwi­schen­ge­sell­schaf­ten. Sind diese Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, wird die Be­tei­li­gung der Ge­sell­schaft, die Ge­sell­schaf­te­rin der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft ist, für Zwecke des § 1 Abs. 3 Nr. 1 (und Nr. 2) GrEStG dem An­teil­ser­wer­ber als mit­tel­bare Be­tei­li­gung an der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft zu­ge­rech­net.

Bei der Prüfung, ob die Quote von 95 Pro­zent durch eine un­mit­tel­bare oder mit­tel­bare An­teils­ver­ei­ni­gung er­reicht ist, blei­ben ei­gene Ge­sell­schafts­an­teile, die eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft als Zwi­schen­ge­sell­schaft oder grund­be­sit­zende Ge­sell­schaft selbst hält, außer Be­tracht. Der Er­wer­ber, der min­des­tens 95 Pro­zent der nicht von der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft selbst ge­hal­te­nen An­teile an die­ser er­wirbt, be­herrscht das Vermögen der Ge­sell­schaft in glei­cher Weise, wie wenn der Ge­sell­schaft selbst keine An­teile zustünden. Glei­ches muss auch für An­teile gel­ten, die eine hun­dert­pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft der Zwi­schen­ge­sell­schaft an die­ser hält.

Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG würde ver­fehlt, wenn man die Be­tei­li­gung der Toch­ter­ge­sell­schaft an der Zwi­schen­ge­sell­schaft bei der Prüfung, ob die Quote von 95 Pro­zent auf je­der Be­tei­li­gungs­ebene er­reicht ist, wie den An­teil ei­nes von der Zwi­schen­ge­sell­schaft un­abhängi­gen Ge­sell­schaf­ters be­han­deln würde. Wie be­reits aus­geführt, ist bei ei­ner Be­tei­li­gung von min­des­tens 95 Pro­zent da­von aus­zu­ge­hen, dass der in die­ser Höhe un­mit­tel­bar und/oder mit­tel­bar be­tei­ligte Ge­sell­schaf­ter die recht­li­che Möglich­keit hat, sei­nen Wil­len bei der Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft durch­zu­set­zen. Da­bei ist es un­er­heb­lich, dass eine Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft in der Rechts­form ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft un­abhängig von den Be­tei­li­gungs­verhält­nis­sen eine ju­ris­ti­sche Per­son mit ei­ge­nen Or­ga­nen ist. Bei Be­ste­hen ei­ner wech­sel­sei­ti­gen Be­tei­li­gung zwi­schen ei­ner Zwi­schen­ge­sell­schaft und ih­rer hun­dert­pro­zen­ti­gen Toch­ter­ge­sell­schaft ist diese Be­ur­tei­lung eben­falls maßgeb­lich.

Vor­lie­gend war der Kläger nach Erfüllung des Ver­trags teils un­mit­tel­bar, teils mit­tel­bar über die F-GmbH zu 100 Pro­zent an der S-GmbH be­tei­ligt. Dem ste­hen we­der die von der S-GmbH selbst ge­hal­te­nen ei­ge­nen An­teile noch der Um­stand ent­ge­gen, dass der Kläger an der F-GmbH nur zu 90 Pro­zent be­tei­ligt war; denn die rest­li­che Be­tei­li­gung an der F-GmbH wurde von der K-GmbH, ei­ner hun­dert­pro­zen­ti­gen Toch­ter­ge­sell­schaft der F-GmbH, ge­hal­ten und bleibt so­mit bei der Prüfung, ob die Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt sind, un­berück­sich­tigt.

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