deen

Aktuelles

Zu den Auswirkungen von Treu und Glauben bei unwirksamen Vollmachten

Urteil des BGH vom 20.7.2012 - V ZR 217/11

In Fällen, in de­nen sich ein Ver­trags­part­ner nach Treu und Glau­ben nicht auf die Un­wirk­sam­keit der Voll­macht des Ver­tre­ters der Ge­gen­seite be­ru­fen kann, ist es ihm auch ver­wehrt, seine Erklärun­gen nach § 178 BGB zu wi­der­ru­fen. In­fol­ge­des­sen darf er die Ge­gen­seite auch nicht gem. § 177 Abs. 2 BGB zu ei­ner Ge­neh­mi­gung des Ver­tra­ges auf­for­dern.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klag­ten hat­ten von der T-GmbH im Ok­to­ber 1991 eine Ei­gen­tums­woh­nung ge­kauft. Sie wur­den Ende 1992 als Ei­gentümer in das Grund­buch ein­ge­tra­gen. Bei Ab­schluss des Ver­tra­ges war le­dig­lich eine Rechts­anwältin zu­ge­gen. Sie ver­trat so­wohl die T-GmbH als auch - auf­grund ei­ner von die­ser er­teil­ten Un­ter­voll­macht - die Be­klag­ten. Die Be­klag­ten hat­ten die T-GmbH im Rah­men ei­nes mit die­ser zu­vor ab­ge­schlos­se­nen Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­tra­ges un­ter Be­frei­ung von den Be­schränkun­gen des § 181 BGB zur Ab­gabe al­ler Erklärun­gen be­vollmäch­tigt, die zu dem Er­werb der Woh­nung er­for­der­lich wa­ren. Über eine Er­laub­nis nach dem RBerG verfügte die T-GmbH nicht.

Über das Vermögen der Ge­sell­schaft wurde im Jahr 2000 das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net. Im Ja­nuar 2009 erläuterte der da­ma­lige In­sol­venz­ver­wal­ter, dass so­wohl der Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­trag als auch die hierin er­teilte Voll­macht we­gen Ver­stoßes ge­gen das RBerG schwe­bend un­wirk­sam und die auf der Ba­sis der Voll­mach­ten ab­ge­ge­be­nen Erklärun­gen - Kauf­ver­trag und Auf­las­sung - nich­tig seien. Er for­derte die Be­klag­ten auf, sich bzgl. der Ge­neh­mi­gung der Verträge zu erklären. Die Be­klag­ten rea­gier­ten zunächst nicht dar­auf. Erst bei Auf­for­de­rung zur Ab­gabe der zu ei­ner Grund­buch­be­rich­ti­gung not­wen­di­gen Erklärun­gen im De­zem­ber 2009 erklärten die Be­klag­ten vor­sorg­lich die Ge­neh­mi­gung des Kauf­ver­tra­ges und der Auf­las­sung.

Der Kläger, der der­zei­tige In­sol­venz­ver­wal­ter, ver­langte dar­auf­hin von den Be­klag­ten, die Um­schrei­bung des Ei­gen­tums an der Woh­nung auf die In­sol­venz­schuld­ne­rin zu be­wil­li­gen. Die Klage blieb al­ler­dings in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Die Gründe:
Die Vor­in­stan­zen hat­ten im Er­geb­nis zu Recht an­ge­nom­men, dass dem Kläger ge­gen die Be­klag­ten kein An­spruch auf Be­rich­ti­gung des Grund­buchs gem. § 894 BGB zu­steht. Der Ei­gen­tums­er­werb der Be­klag­ten war da­durch wirk­sam ge­wor­den, dass sie im De­zem­ber 2009 die von der T-GmbH für sie ab­ge­ge­bene Auf­las­sungs­erklärung ge­neh­migt hat­ten.

Die der T-GmbH im Rah­men des Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­tra­ges er­teilte Voll­macht war nich­tig und die Auf­las­sung des­halb zunächst schwe­bend un­wirk­sam. Nach ständi­ger BGH-Recht­spre­chung be­durfte der­je­nige, der aus­schließlich oder hauptsäch­lich die recht­li­che Ab­wick­lung ei­nes Grundstücks- bzw. Woh­nungs­er­werbs im Rah­men ei­nes Steu­er­spar- oder Bauträger­mo­dells be­sorgt, bis zum 30.6.2008 der Er­laub­nis nach Art. 1 § 1 RBerG. Eine sol­che besaß die T-GmbH al­ler­dings nicht. Es la­gen auch keine be­son­de­ren Umstände, die dazu führ­ten, den Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­trag und die darin er­teilte Voll­macht aus­nahms­weise als wirk­sam an­zu­se­hen, vor.

Die Voll­macht war auch nicht in An­se­hung der §§ 171, 172 BGB wirk­sam. Denn dient die Voll­macht - wie hier in Be­zug auf Kauf­ver­trag und Auf­las­sung - le­dig­lich dem Ab­schluss von Rechts­ge­schäften zwi­schen dem zwi­schen dem Ver­tre­ter und dem Ver­tre­te­nen, können sich diese im Verhält­nis un­ter­ein­an­der nicht auf den Gut­glau­bens­schutz der §§ 171, 172 BGB be­ru­fen. In­fol­ge­des­sen war die Ge­neh­mi­gung der schwe­bend un­wirk­sa­men Auf­las­sungs­erklärung durch die Be­klag­ten im De­zem­ber 2009 noch möglich.

Das Recht des Ver­tre­te­nen zur Ge­neh­mi­gung in sei­nem Na­men ab­ge­ge­be­ner Wil­lens­erklärun­gen ist nicht be­fris­tet. Der Schwe­be­zu­stand dau­ert an, so­lange die Ge­neh­mi­gung nicht er­teilt oder ver­wei­gert wurde oder nach § 177 Abs. 2 S. 2 BGB als ver­wei­gert gilt und so­lange der Ver­trags­part­ner seine Erklärun­gen nicht gem. § 178 BGB wi­der­ru­fen hat. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers galt die Ge­neh­mi­gung der Be­klag­ten trotz der Auf­for­de­rung des früheren In­sol­venz­ver­wal­ters aus Ja­nuar 2009 nicht gem. § 177 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB als ver­wei­gert. Dem In­sol­venz­ver­wal­ter ist es nämlich nach Treu und Glau­ben ver­wehrt, sich auf die Nich­tig­keit der Voll­macht zu be­ru­fen; dies hatte hier zur Folge, dass er auch nicht be­rech­tigt war, die Be­klag­ten zu ei­ner Erklärung über die Ge­neh­mi­gung der mit­tels die­ser Voll­macht ge­schlos­se­nen Verträge i.S.v. § 177 Abs. 2 BGB auf­zu­for­dern.

Link­hin­weis:
  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben