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Steuerberatung

Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer

Hessisches FG v. 30.7.2020 - 3 K 1220/19

Der Wer­bungs­kos­ten­ab­zug für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer ist möglich, wenn für die be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht. Ein Poolar­beits­platz kann als ein an­de­rer Ar­beits­platz i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b) Satz 2 EStG zu Verfügung ste­hen, wenn bei die­sem nach den tatsäch­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten ins­be­son­dere durch eine aus­rei­chende An­zahl an Poolar­beitsplätzen ggf. ergänzt durch ar­beit­ge­ber­sei­tig or­ga­ni­sierte, dienst­li­che Nut­zungs­ein­tei­lun­gen gewähr­leis­tet ist, dass der Ar­beit­neh­mer seine be­ruf­li­chen Tätig­kei­ten in dem kon­kret er­for­der­li­chen Um­fang dort er­le­di­gen kann.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind Ehe­leute, die vom Fi­nanz­amt zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt wer­den. Im Streit­zeit­raum war der Kläger als IT-Pro­jekt­lei­ter bei der A-GmbH und die Kläge­rin als Sach­be­ar­bei­te­rin im öff­ent­li­chen Dienst be­schäftigt. Dar­aus er­ziel­ten sie Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit. In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2017 mach­ten die Kläger je­weils 1.250 € für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer als Wer­bungs­kos­ten bei den Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit gel­tend.

Zur Begründung be­rief sich der Kläger auf ein Kon­zept sei­nes Ar­beit­ge­bers. Darin ist u.a. das Desk Sha­ring Prin­zip ver­an­kert, wo­nach "auf­grund des be­darfs­ori­en­tier­ten An­ge­bots an Ar­beitsplätzen eine feste Zu­ord­nung ein­zel­ner Ar­beitsplätze zu be­stimm­ten Mit­ar­bei­tern übli­cher­weise nicht statt­fin­det; was vor­aus­setzt, dass Mit­ar­bei­ter Ar­beitsplätze in der Re­gel tei­len müssen." De­di­zierte Ar­beits­platz­zu­wei­sun­gen auf­grund ge­sund­heit­li­cher- oder auf­ga­ben­spe­zi­fi­scher Er­for­der­lich­kei­ten blei­ben hier­von un­berührt. Es wird zu­dem si­cher­ge­stellt, dass für je­den an­we­sen­den Mit­ar­bei­ter aus­rei­chend be­darfs­ge­rechte Ar­beitsmöglich­kei­ten vor­han­den seien. Und es be­steht die Möglich­keit, in Aus­nahme vom Desk Sha­ring Prin­zip auch ohne ge­sund­heit­li­che und auf­ga­ben­spe­zi­fi­sche Er­for­der­lich­kei­ten Mit­ar­bei­tern Ar­beitsplätze dau­er­haft fest zu­zu­wei­sen, so­weit die Mit­ar­bei­ter ein be­rech­tig­tes In­ter­esse an­mel­den.

Der Kläge­rin stand im Streit­zeit­raum bei ih­rem Ar­beit­ge­ber durch­ge­hend ein Ar­beits­platz zur Verfügung. In­folge ei­ner Er­kran­kung er­hielt sie von ih­rem Ar­beit­ge­ber die Ge­neh­mi­gung, zwei Tage pro Wo­che von zu Hause aus ar­bei­ten zu dürfen. Im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2017 er­kannte das Fi­nanz­amt die vor­ge­nann­ten Auf­wen­dun­gen nicht an.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Ent­schei­dung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug für das häus­li­che Ar­beits­zim­mer so­wohl im Hin­blick auf den Kläger als auch auf die Kläge­rin zu Recht ab­ge­lehnt.

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b) Satz 1 EStG kann ein Steu­er­pflich­ti­ger Auf­wen­dun­gen für ein häus­li­ches Ar­beits­zim­mer nicht als Wer­bungs­kos­ten ab­zie­hen. Dies gilt nach Satz 2 der Vor­schrift nicht, wenn die be­trieb­li­che oder be­ruf­li­che Nut­zung des Ar­beits­zim­mers mehr als 50 % der ge­sam­ten be­trieb­li­chen oder be­ruf­li­chen Tätig­keit beträgt oder wenn für die be­ruf­li­che Tätig­keit kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung steht. In die­sen Fällen wird die Höhe der ab­zieh­ba­ren Auf­wen­dun­gen auf 1.250 € be­grenzt.

Ein "an­de­rer Ar­beits­platz" i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b) Satz 2 EStG ist grundsätz­lich je­der Ar­beits­platz, so­fern er zu Er­le­di­gung büromäßiger Ar­bei­ten ge­eig­net ist. Eine "je­der­zei­tige Zu­griffsmöglich­keit" auf den an­de­ren Ar­beits­platz ist nicht zwin­gend er­for­der­lich. Ein Poolar­beits­platz kann da­her als ein an­de­rer Ar­beits­platz i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b) Satz 2 EStG zu Verfügung ste­hen, wenn bei die­sem nach den tatsäch­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten ins­be­son­dere durch eine aus­rei­chende An­zahl an Poolar­beitsplätzen ggf. ergänzt durch ar­beit­ge­ber­sei­tig or­ga­ni­sierte, dienst­li­che Nut­zungs­ein­tei­lun­gen gewähr­leis­tet ist, dass der Ar­beit­neh­mer seine be­ruf­li­chen Tätig­kei­ten in dem kon­kret er­for­der­li­chen Um­fang dort er­le­di­gen kann.

Vor­lie­gend sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b) Sätze 2 und 3 EStG nicht erfüllt. Dafür, dass das häus­li­che Ar­beits­zim­mer den Mit­tel­punkt der be­ruf­li­chen Tätig­keit der Kläger dar­stel­len könnte, lie­gen keine An­halts­punkte vor, so dass es vor­lie­gend al­lein dar­auf an­kommt, ob ih­nen ein an­de­rer als der häus­li­che Ar­beits­platz zur Verfügung stand. Hin­sicht­lich des Klägers steht es nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, dass ihm an sei­ner Ar­beitsstätte kein an­de­rer Ar­beits­platz zur Verfügung stand. Zwar hat er re­la­tiv de­tail­liert vor­ge­tra­gen, dass es ihm oft­mals nicht möglich war, sei­ner Ar­beit bei sei­nem Ar­beit­ge­ber nach­zu­ge­hen und er des­halb ge­zwun­gen war, ins Home-Of­fice aus­zu­wei­chen. Das Ge­richt hält es nicht für aus­ge­schlos­sen, dass dem tatsäch­lich so war. Dem steht al­ler­dings das Kon­zept der A-GmbH ent­ge­gen, wo­nach ar­beit­ge­ber­sei­tig si­cher­ge­stellt wird, dass für je­den an­we­sen­den Mit­ar­bei­ter aus­rei­chend be­darfs­ge­rechte Ar­beitsmöglich­kei­ten vor­han­den sind.

Hin­sicht­lich der Kläge­rin ist der kläge­ri­sche Vor­trag be­reits un­schlüssig (d.h. der ei­gene Sach­vor­trag erfüllt be­reits nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b) EStG). Der Kläge­rin steht bei ih­rem Ar­beit­ge­ber durch­ge­hend ein Ar­beits­platz zur Verfügung, an dem sie ih­rer Tätig­keit nach­ge­hen könnte. Dass sie das aus in ih­rer Per­son lie­gen­den me­di­zi­ni­schen Gründen nicht tut, führt zu kei­ner ab­wei­chen­den recht­li­chen Be­ur­tei­lung. Die­ser Sach­ver­halt ist in der vor­ge­nann­ten Norm nicht ab­ge­bil­det; eine Ana­lo­gie kommt nicht in Be­tracht.

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