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Steuerberatung

Vorsteuerabzug aus Bewirtungsaufwendungen

FG Berlin-Brandenburg v. 9.4.2019 - 5 K 5119/18

Ein Ver­stoß ge­gen die ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Auf­zeich­nungs­pflich­ten für Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen (z.B. ein feh­len­der Be­wir­tungs­be­leg) kann nicht zu­gleich zur Ver­sa­gung des Vor­steu­er­ab­zugs führen. Viel­mehr ist al­lein ent­schei­dend, ob die Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen nach all­ge­mei­ner Ver­kehrs­auf­fas­sung als an­ge­mes­sen zu be­ur­tei­len sind.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger er­zielte in den Streit­jah­ren Einkünfte aus selbständi­ger Ar­beit als Un­ter­neh­mens­be­ra­ter und Do­zent. In sei­ner im Fe­bruar 2016 ein­ge­reich­ten Um­satz­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2013 erklärte er Vor­steu­ern i.H.v. ins­ge­samt rd. 9.200 €. In die­sem Be­trag wa­ren Vor­steu­er­beträge i.H.v. rd. 600 € ent­hal­ten, die auf vom Kläger getätigte Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen ent­fie­len. Hier­bei han­delte es sich um Ge­schäfts­es­sen mit Ge­schäfts­part­nern des Klägers. Die ent­spre­chen­den Be­lege hierzu ent­hiel­ten zunächst keine Ein­tra­gun­gen zum An­lass und den Teil­neh­mern der Be­wir­tung.

Das Fi­nanz­amt stimmte der Um­satz­steu­er­erklärung zu. Im Rah­men ei­ner Außenprüfung beim Kläger ge­langte der Prüfer u.a. zu der Rechts­auf­fas­sung, dass die gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­ern i.H.v. 600 € im Zu­sam­men­hang mit den Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen nicht zu gewähren seien, da die er­for­der­li­chen Ein­tra­gun­gen zum An­lass und den Teil­neh­mern der Be­wir­tung nicht auf den Be­wir­tungs­be­le­gen vor­ge­nom­men wor­den seien. Das Fi­nanz­amt folgte der Be­ur­tei­lung des Prüfers und er­ließ im Ja­nuar 2017 einen ent­spre­chend geänder­ten Um­satz­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr.

Mit sei­nem hier­ge­gen er­ho­be­nen Ein­spruch holte der Kläger die bis­lang feh­len­den Ein­tra­gun­gen auf den Be­wir­tungs­be­le­gen nach und machte wei­ter­hin den Vor­steu­er­ab­zug gel­tend. Das Fi­nanz­amt wies den Ein­spruch zurück. Der Kläger ist der An­sicht, dass es um­satz­steu­er­recht­lich un­er­heb­lich sei, wann die Ein­tra­gun­gen auf den Be­wir­tungs­be­le­gen er­folgt seien. Der Vor­steu­er­ab­zug dürfe nicht al­lein auf­grund der Miss­ach­tung von et­waig be­ste­hen­den Form­vor­schrif­ten ver­sagt wer­den.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Vor­steu­er­ab­zug im Zu­sam­men­hang mit den Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen ist vom Fi­nanz­amt zu Un­recht ver­sagt wor­den.

Bei den strei­ti­gen Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen han­delte es sich um sol­che für Ge­schäfts­es­sen des Klägers mit Ge­schäfts­part­nern in einem an­ge­mes­se­nen Um­fang. Dafür, dass es sich nicht um Ge­schäfts-, son­dern viel­mehr Pri­va­tes­sen des Klägers ge­han­delt ha­ben soll, ist nichts er­sicht­lich. Viel­mehr zei­gen die de­tail­lier­ten und schlüssi­gen An­ga­ben des Klägers auf den Be­wir­tungs­be­le­gen zum An­lass der Be­wir­tung, dass es sich tatsäch­lich um ge­schäft­li­che Anlässe ge­han­delt hat. Da­mit kommt es strei­tent­schei­dend auf die Frage an, ob die Nach­ho­lung der For­mer­for­der­nisse gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG erst im Ein­spruchs­ver­fah­ren, mit­hin also erst ca. vier Jahre nach er­folg­ter Be­wir­tung, den Vor­steu­er­ab­zug aus­schließen kann. Dies ist in­des zu ver­nei­nen.

Der BFH hat bis­lang nicht ausdrück­lich zu der Frage ge­ur­teilt, ob ein Feh­len der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG an­geführ­ten Form­vor­schrif­ten bzw. ein nicht zeit­na­hes Nach­ho­len feh­len­der An­ga­ben nicht nur er­trag­steu­er­lich, son­dern auch um­satz­steu­er­lich be­acht­lich ist und den Vor­steu­er­ab­zug aus­schließt. Er hat je­doch zu den er­trag­steu­er­lich be­ste­hen­den be­son­de­ren Auf­zeich­nungs­pflich­ten gem. § 4 Abs. 7 EStG die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass ein Ver­stoß hier­ge­gen den Vor­steu­er­ab­zug un­berührt lasse, da eine der­ar­tige Ein­schränkung des Vor­steu­er­ab­zugs mit den uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben un­ver­ein­bar sei. In der fi­nanz­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung wur­den bis­lang die Form­vor­schrif­ten des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch für den Vor­steu­er­ab­zug für re­le­vant er­ach­tet mit der Folge, dass bei einem Ver­stoß hier­ge­gen der Vor­steu­er­ab­zug nach § 15 Abs. 1a UStG zu ver­sa­gen sei.

In der steu­er­recht­li­chen Li­te­ra­tur wird die Frage, ob die (zeit­nahe) Ein­hal­tung der Form­vor­schrif­ten des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch für den Vor­steu­er­ab­zug re­le­vant ist, un­ter­schied­lich be­ur­teilt. Zum Teil wird ver­tre­ten, dass Vor­steu­ern, die auf an­ge­mes­sene, aber nicht in der von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ver­lang­ten Weise nach­ge­wie­sene Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen ent­fal­len, nicht ab­zieh­bar seien. Nach an­de­rer Auf­fas­sung kann ein Ver­stoß ge­gen die ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Auf­zeich­nungs­pflich­ten für Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen (z.B. ein feh­len­der Be­wir­tungs­be­leg) nicht zu­gleich zur Ver­sa­gung des Vor­steu­er­ab­zugs führen; viel­mehr sei al­lein ent­schei­dend, ob die Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen nach all­ge­mei­ner Ver­kehrs­auf­fas­sung als an­ge­mes­sen zu be­ur­tei­len seien. Der Se­nat schließt sich der letzt­ge­nann­ten Auf­fas­sung im Er­geb­nis an.

Da­her muss § 15 Abs. 1a UStG bei Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen da­hin­ge­hend uni­ons­rechts­kon­form aus­ge­legt wer­den, dass ein Nach­weis der un­ter­neh­me­ri­schen Ver­wen­dung der Be­wir­tungs­leis­tun­gen und des Be­zugs der Leis­tun­gen von einem Un­ter­neh­mer genügt, je­den­falls so­fern die Be­wir­tungs­auf­wen­dun­gen - wie hier - als an­ge­mes­sen an­zu­se­hen sind. Ein sol­cher Nach­weis ist im Streit­fall durch die Be­wir­tungs­be­lege so­wie die nach­ge­hol­ten glaub­haf­ten Ein­tra­gun­gen auf die­sen Be­le­gen hin­rei­chend er­bracht.

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