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Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells bei Beteiligung an einem Investmentfonds

Niedersächsisches FG 26.9.2013, 3 K 12341/11

Eine mo­dell­hafte Ge­stal­tung bzw. ein vor­ge­fer­tig­tes Kon­zept i.S.d. § 15b Abs.2 EStG liegt bei der Be­tei­li­gung an einem the­sau­rie­ren­den In­vest­ment­fonds nur vor, wenn die­ser auf die Er­zie­lung von Steu­er­vor­tei­len an­ge­legt ist. Ein Steu­er­stun­dungs­mo­dell liegt hin­ge­gen nicht be­reits dann vor, wenn die Be­tei­li­gung dem An­le­ger einen in­di­vi­du­el­len Steu­er­vor­teil bie­tet.

Der Sach­ver­halt:
Das Ver­fah­ren be­trifft die Frage, ob ne­ga­tive Zwi­schen­ge­winne nicht ab­ge­zo­gen wer­den können, weil ein Steu­er­stun­dungs­mo­dell i.S.d. § 15 b Abs. 2 EStG vor­liegt.

Die Kläger sind ver­hei­ra­tet und wer­den zur Ein­kom­men­steuer zu­sam­men­ver­an­lagt. Im De­zem­ber 2008 er­warb der Kläger rd. 1.000 An­teile an dem im Sep­tem­ber 2007 in Lu­xem­burg er­rich­te­ten the­sau­rie­ren­den In­vest­ment­fonds LUX Multi-Flex Ma­done zum Kurs von etwa 1.000 € je An­teil. Die An­schaf­fungs­kos­ten die­ser Wert­pa­piere be­tru­gen da­nach rd. 1 Mio. €. In der Kaufa­brech­nung war ein steu­er­pflich­ti­ger ne­ga­ti­ver Zwi­schen­ge­winn i.H.v. rd. 460.000 € aus­ge­wie­sen.

Die­sen ne­ga­ti­ven Zwi­schen­ge­winn gab der Kläger auf der An­lage KAP zur Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2008 als ne­ga­tive Ein­nah­men aus Ka­pi­tal­vermögen an. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte den ne­ga­ti­ven Zwi­schen­ge­winn im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2008 nicht.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Im Streit­fall ist die Ver­lust­ver­rech­nung nicht gem. § 20 Abs. 2b EStG a.F. i.V.m. §15b EStG aus­ge­schlos­sen, weil mit dem In­vest­ment­pa­pier LUX Multi-Flex Ma­done keine "mo­dell­hafte Ge­stal­tung" bzw. kein "vor­ge­fer­tig­tes Kon­zept" i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG vor­liegt.

Ein Steu­er­stun­dungs­mo­dell setzt vor­aus, dass ein An­bie­ter ein Fi­nanz­pro­dukt ge­stal­tet, das den An­le­gern die Möglich­keit gibt, die im Ge­setz im Ein­zel­nen be­schrie­be­nen Steu­er­vor­teile zu er­zie­len. In der Recht­spre­chung wird zu­dem ge­for­dert, dass es sich an einen un­be­stimm­ten Kreis von In­ter­es­sen­ten wen­det oder zur wie­der­hol­ten Ver­wen­dung be­stimmt ist und der In­ves­tor bei der Kon­zep­tion der Ge­schäfts­idee und der Ver­trags­ge­stal­tung pas­siv ist; ein vor­ge­fer­tig­tes Kon­zept wird cha­rak­te­ri­siert durch einen Ge­samt­plan ei­nes vom an der An­lage In­ter­es­sier­ten ver­schie­de­nen Drit­ten, der durch die Ent­wick­lung von Leis­tun­gen und Maßnah­men die Er­rei­chung des an­ge­streb­ten Ziels in Ge­stalt ho­her ver­re­chen­ba­rer Ver­luste in der An­fangs­phase der In­ves­ti­tion ermögli­chen soll. Das Fi­nanz­pro­dukt muss zu­dem auf die Er­zie­lung von Steu­er­vor­tei­len hin kon­zi­piert wer­den.

Es liegt dem­ge­genüber kein Steu­er­stun­dungs­mo­dell i.S.d. §§ 20 Abs. 2b, 15b EStG vor, wenn ein Fi­nanz­pro­dukt nicht kon­zep­tio­nell auf die Er­zie­lung ei­nes be­stimm­ten Steu­er­vor­teils hin an­ge­legt ist, son­dern nur ein Steu­er­pflich­ti­ger er­kennt, dass der Er­werb ei­nes am Markt exis­tie­ren­des Fi­nanz­pro­dukt ihm die Er­zie­lung ei­nes in­di­vi­du­el­len Steu­er­vor­teils ermöglicht. Dies ist vor­lie­gend der Fall. Bei dem streit­ge­genständ­li­chen In­vest­ment­pa­pier han­delt es sich um ein the­sau­rie­ren­des In­vest­ment­zer­ti­fi­kat, bei dem gem. § 2 Abs. 1 S. 1 In­vStG po­si­tive wie ne­ga­tive Zwi­schen­ge­winne zu den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören.

Der von den Klägern er­zielte Steu­er­vor­teil be­steht darin, dass diese den mit Un­ter­neh­men­steu­er­re­form­ge­setz 2008 vom 14.8.2007 zum Jah­res­wech­sel 2008/2009 voll­zo­ge­nen Sys­tem­wech­sel bei der Be­steue­rung der Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen und die da­mit ein­her­ge­hende Ände­rung der Höhe der Steu­ersätze für sich aus­ge­nutzt ha­ben, in­dem sie im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2008 die ne­ga­ti­ven Zwi­schen­ge­winne zum in­di­vi­du­el­len Grenz­steu­er­satz ab­ge­zo­gen, die po­si­ti­ven Ge­winne in einem der nach­fol­gen­den Ver­an­la­gungs­zeiträumen hin­ge­gen nur mit dem (nied­ri­ge­ren) pau­scha­lier­ten Ab­gel­tungs­steu­er­satz ver­steu­ern muss­ten. Die­sen Steu­er­vor­teil konnte aus­schließlich ein deut­scher An­le­ger des lu­xem­bur­gi­schen Fi­nanz­pro­dukts er­zie­len; er war auf einen Ein­mal­ef­fekt im Zeit­punkt der Ände­rung der Steu­ersätze be­schränkt. Das Fi­nanz­amt hat nicht dar­ge­legt, dass das In­vest­ment­zer­ti­fi­kat von dem An­bie­ter des Fi­nanz­pro­dukts ge­zielt des­halb auf­ge­legt wor­den ist, um den ge­nann­ten Steu­er­spar­ef­fekt zu er­zie­len.

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