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„Umwelt“ EU-Taxonomie-VO: Auswirkung auf Berichterstattung und Finanzierung

Mit der be­reits im Juni 2020 er­las­se­nen Ver­ord­nung zur „Ein­rich­tung ei­nes Rah­mens zur Er­leich­te­rung nach­hal­ti­ger In­ves­ti­tio­nen“ (EU-Ta­xo­no­mie-VO) ver­folgt die EU das Ziel, um­fang­rei­che Fi­nanz­mit­tel hin zu emis­si­ons­ar­men und kli­ma­re­si­li­en­ten Ak­ti­vitäten zu len­ken, um so nicht zu­letzt die bis zum Jahr 2050 an­ge­strebte Kli­ma­neu­tra­lität zu er­rei­chen.

Börsennotierte Unternehmen ab 2021 betroffen; Mittelständische Unternehmen ab 2023

Be­trof­fen von der EU-Ta­xo­no­mie-VO sind der­zeit be­reits alle rund 500 ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­ten Un­ter­neh­men, die eine sog. nicht­fi­nan­zi­elle (Kon­zern-)Erklärung im Sinne von §§ 289b, 315b HGB er­stel­len und veröff­ent­li­chen müssen.

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Ab dem Be­richts­jahr 2023 sind die vor­ge­nann­ten An­ga­ben dann auch für alle nicht-börsen­no­tier­ten Großun­ter­neh­men ver­pflich­tend, die gemäß der neuen CSR-Richt­li­nie im La­ge­be­richt über ihre Nach­hal­tig­keit Be­richt er­stat­ten müssen (vgl. dazu no­vus Juni 2021, S. 21).

Die der­zei­tige nicht­fi­nan­zi­elle Erklärung bzw. die zukünf­tige Be­richt­er­stat­tung im La­ge­be­richt ist gem. Art. 8 Abs. 1 und 2 der EU-Ta­xo­no­mie-VO um den An­teil der Umsätze, In­ves­ti­tio­nen (CA­PEX) und Be­triebs­aus­ga­ben (OPEX) des Un­ter­neh­mens, der als „öko­lo­gi­sch nach­hal­tig“ ein­zu­stu­fen ist, zu ergänzen.

Zur Be­stim­mung, wel­che Ak­ti­vitäten auch zukünf­tig „öko­lo­gi­sch nach­hal­tig“ sind führt die EU-Ta­xo­no­mie-VO um­fang­rei­che Kri­te­ri­en­ka­ta­loge für Un­ter­neh­mens­ak­ti­vitäten ein, die auch zukünf­tig als „öko­lo­gi­sch nach­hal­tig“ an­zu­se­hen sind. Durch die Kenn­zeich­nung und Of­fen­le­gung die­ser Ak­ti­vitäten sol­len ge­zielt nach­hal­tig tätige Un­ter­neh­men iden­ti­fi­ziert und In­ves­ti­tio­nen hierfür mo­bi­li­siert wer­den.

Die Ta­xo­no­mie-VO um­fasst ins­ge­samt sechs Um­welt­zie­len der EU:

  1. Kli­ma­schutz
  2. An­pas­sung an den Kli­ma­wan­del
  3. nach­hal­tige Nut­zung und Schutz von Was­ser- und Mee­res­res­sour­cen
  4. Überg­ang zu ei­ner Kreis­lauf­wirt­schaft
  5. Ver­mei­dung und Ver­min­de­rung der Um­welt­ver­schmut­zung und
  6. Schutz und Wie­der­her­stel­lung der Bio­di­ver­sität und der Öko­sys­tem
Zukünf­tig plant die EU-Kom­mis­sion, auch So­zi­al­ziele in die Ta­xo­no­mie auf­zu­neh­men, die zu wei­te­ren Pflicht­an­ga­ben führen wer­den. Diese sind für Ende 2021 an­gekündigt wor­den.

Katalog „ökologisch nachhaltiger“ Unternehmensaktivitäten

Als „öko­lo­gi­sch nach­hal­tig“ gel­ten ins­be­son­dere sol­che Un­ter­neh­mens­ak­ti­vitäten, die einen we­sent­li­chen Bei­trag zu einem der sechs Um­welt­ziele leis­ten. Da­bei darf al­ler­dings kein an­de­res die­ser Ziele we­sent­lich be­einträch­tigt wer­den. Zu­dem sind be­stimmte so­ziale und men­schen­recht­li­che Min­dest­stan­dards si­cher­zu­stel­len.

Wel­che Un­ter­neh­mens­ak­ti­vitäten sich kon­kret als nach­hal­tig gem. EU-Ta­xo­no­mie VO qua­li­fi­zie­ren, kon­kre­ti­siert die EU suk­zes­sive durch sog. de­le­gierte Rechts­akte. Bis­her wur­den die Be­wer­tungs­kri­te­rien für die öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit von Ak­ti­vitäten im Hin­blick auf die Er­rei­chung der ers­ten bei­den „Kli­ma­schutz“ und „An­pas­sung an den „Kli­ma­wan­del“ veröff­ent­licht. Ein wei­te­rer de­le­gier­ter Rechts­akte zu den wei­te­ren vier Um­welt­zie­len wird von der EU-Kom­mis­sion vor­aus­sicht­lich bis zum 31.12.2021 er­las­sen.

Im Mai 2021 hat die EU-Kom­mis­sion zu­dem einen de­le­gier­ten Rechts­akt zu Art. 8 der Ta­xo­no­mie-Ver­ord­nung veröff­ent­licht. Die­ser kon­kre­ti­siert die An­for­de­run­gen zu In­halt und Dar­stel­lung der ge­for­der­ten An­ga­ben über „öko­lo­gi­sch nach­hal­tige“ Umsätze, CA­PEX und OPEX. Zu­dem enthält der Rechts­akt Er­leich­te­run­gen in zeit­li­cher Hin­sicht. Dem­zu­folge ist eine Würdi­gung der Erfüllung der tech­ni­schen Be­wer­tungs­kri­te­rien hin­sicht­lich der Wirt­schaftstätig­kei­ten für die bei­den ers­ten Um­welt­ziele erst im zwei­ten Jahr der An­wen­dung, d.h. für das Jahr 2022, er­for­der­lich. Nicht-Fi­nanz­un­ter­neh­men können ihre erst­ma­li­gen An­ga­ben für das Ge­schäfts­jahr 2021 so­mit be­schränken auf

  • die An­teile von Wirt­schaftstätig­kei­ten, die nach der Ta­xo­no­mie-Ver­ord­nung als „berück­sich­ti­gungsfähig“ bzw. „nicht berück­sich­ti­gungsfähig“ gel­ten,
  • eine Be­schrei­bung der Vor­ge­hens­weise zur Be­rech­nung die­ser An­teile und
  • Quer­ver­weise zur Fi­nanz­be­richt­er­stat­tung.

Ausstrahlung auf Finanzierungskonditionen und Reputation

Aus der Ta­xo­no­mie er­wach­sen nicht nur Re­pu­ta­ti­ons- und Wett­be­werbs­vor­teile für Un­ter­neh­men und Pro­dukte und Dienst­leis­tun­gen, wel­che die öko­lo­gi­schen An­for­de­run­gen erfüllen.

Der Wirk­me­cha­nis­mus der EU-Ta­xo­no­mie-VO zielt primär auf die Fi­nan­zie­rungs­be­din­gun­gen für Un­ter­neh­men ab: durch den Nach­weis ta­xo­no­mie­kon­for­mer Umsätze und In­ves­ti­tio­nen sol­len Ka­pi­tal­markt und Ban­ken Fi­nanz­mit­tel zu güns­ti­ge­ren Kon­di­tio­nen be­reit­stel­len und die Un­ter­neh­men auf ta­xo­no­mie­kom­pa­ti­ble Fi­nanz­pro­dukte (z.B. EU Green-Bonds) zurück­grei­fen können. Un­ter­neh­men, de­ren Umsätze hin­ge­gen aus nicht nach­hal­ti­gen Ak­ti­vitäten re­sul­tie­ren, dürf­ten mit stei­gen­den Fi­nan­zie­rungs­kos­ten kon­fron­tiert wer­den. Er­ste „braune“ Ak­ti­vitäten, wie Koh­le­kraft­werks-Be­trei­ber und Koh­le­berg­werke, wer­den zu­dem be­reits vom Ver­si­che­rungs­schutz aus­ge­nom­men. Und auch die Ver­gabe öff­ent­li­cher Mit­tel, etwa im Zu­sam­men­hang mit dem eu­ropäischen Auf­bau­plan, wird zu­neh­mend an die Nach­hal­tig­keit der Un­ter­neh­men und ihre dies­bezügli­che Be­richt­er­stat­tung geknüpft.

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