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Steuerberatung

Überlassung eines Dorfhauses an Vereine und Privatpersonen

FG Rheinland-Pfalz v. 18.9.2019 - 3 K 1555/17

Die ent­gelt­li­che Über­las­sung des Dorf­ge­mein­schafts­hau­ses ei­ner Orts­ge­meinde an Ver­eine und Pri­vat­per­so­nen ist nicht um­satz­steu­er­pflich­tig. Die Orts­ge­meinde kann da­her für die Er­rich­tung und den Be­trieb des Ge­mein­schafts­hau­ses auch kei­nen Vor­steu­er­ab­zug gel­tend ma­chen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine rhein­land-pfälzi­sche Orts­ge­meinde, die in ver­schie­de­nen Be­rei­chen un­ter­neh­me­ri­sch tätig und des­halb um­satz­steu­er­pflich­tig ist. In den Streit­jah­ren 2012 bis 2014 er­rich­tete sie ein Dorf­ge­mein­schafts­haus, das nach Fer­tig­stel­lung un­ent­gelt­lich an Ver­eine über­las­sen und für Ge­mein­de­rats­sit­zun­gen ge­nutzt wurde. Die Räum­lich­kei­ten wur­den außer­dem an Pri­vat­per­so­nen für Fa­mi­li­en­fei­ern, Be­er­di­gun­gen und ähn­li­che Anlässe so­wie an einen Mu­sik­ver­ein zur ge­le­gent­li­chen Nut­zung ver­mie­tet. Dem Mu­sik­ver­ein war es ge­stat­tet, während und nach den Pro­ben Getränke zu ver­kau­fen. Die vor­han­dene The­ken­ein­rich­tung durfte für die­sen Zweck ge­nutzt wer­den. Der er­zielte Über­schuss sollte dem Mu­sik­ver­ein zu­ste­hen.

In ih­ren Um­satz­steu­er­erklärun­gen er­fasste die Kläge­rin auch die Umsätze aus der Ver­mie­tung des Dorf­ge­mein­schafts­hau­ses und machte dem­ent­spre­chend die auf die Er­rich­tung und den Be­trieb des Dorf­ge­mein­schafts­hau­ses ent­fal­len­den Vor­steu­er­beträge i.H.v. rd. 18.700 € (2012), 29.400 € (2013) und 4.800 € (2014) gel­tend. Das Fi­nanz­amt ver­sagte den Vor­steu­er­ab­zug, weil es der Auf­fas­sung war, dass es sich bei der Nut­zungsüber­las­sung der Ver­an­stal­tungsräume um eine zwin­gend nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steu­er­be­freite Grundstücks­ver­mie­tung handle, was den Ab­zug der Vor­steu­ern aus der Er­rich­tung und Un­ter­hal­tung des Ge­mein­de­hau­ses aus­schließe.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Ent­schei­dung ist noch nicht rechtskräftig. Die Re­vi­sion wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die ent­gelt­li­che Über­las­sung des Dorf­ge­mein­schafts­hau­ses an Ver­eine und Pri­vat­per­so­nen ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steu­er­frei, so dass auch die auf die Er­rich­tung und den Be­trieb des Dorf­ge­mein­schafts­hau­ses ent­fal­len­den Vor­steu­ern nicht ab­ge­zo­gen wer­den können.

Nach der Recht­spre­chung des EuGH und des BFH liegt eine steu­er­freie Grundstücks­ver­mie­tung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG vor, wenn dem Ver­trags­part­ner ge­gen Zah­lung ei­nes Miet­zin­ses für eine ver­ein­barte Dauer das Recht ein­geräumt wird, ein Grundstück in Be­sitz zu neh­men und an­dere von ihm aus­zu­schließen. Wer­den Be­triebs­vor­rich­tun­gen mitüber­las­sen, kommt es für die An­nahme ei­ner steu­er­freien Ver­mie­tung oder ei­ner steu­er­pflich­ti­gen sons­ti­gen Leis­tung dar­auf an, wel­che Leis­tung prägend ist.

Vor­lie­gend stellt die Über­las­sung von Räum­lich­kei­ten die Haupt­leis­tung dar. So­weit die Orts­ge­meinde auch an­dere Leis­tun­gen er­bracht ha­ben sollte wie z.B. Rei­ni­gung, Be­leuch­tung, Be­stuh­lung und Ge­schirr­ver­leih, han­delt es sich nur um Ne­ben­leis­tun­gen, die im Ver­gleich zur Grundstücksüber­las­sung aus der Sicht des Durch­schnitts­ver­brau­chers ne­bensäch­lich sind. Sol­che Leis­tun­gen die­nen übli­cher­weise nur der In­an­spruch­nahme der Räum­lich­kei­ten und stel­len nur das Mit­tel dar, um die Haupt­leis­tung der Kläge­rin, die Über­las­sung des Dorf­ge­mein­schafts­hau­ses bzw. von Tei­len da­von, un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen in An­spruch neh­men zu können. Dies gilt auch, so­weit den Mie­tern die Küche zur Verfügung ge­stellt wor­den sein sollte.

Es ist we­der dar­ge­tan noch er­sicht­lich, dass die Räum­lich­kei­ten ge­rade mit Blick auf die dort vor­han­dene Küche an­ge­mie­tet wor­den sind und spe­zi­ell die Be­wir­tung der Gäste mit in dem Dorf­ge­mein­schafts­haus zu­be­rei­te­ten Spei­sen im Vor­der­grund stand. Viel­mehr ist es ebenso möglich, dass die Mie­ter keine Be­wir­tung an­ge­bo­ten oder für die Be­wir­tung - etwa im Rah­men der Be­reit­stel­lung durch einen Dienst­leis­ter ("Ca­te­rer") - nicht auf die Küche zurück­ge­grif­fen ha­ben. Dies gilt auch, so­weit es dem Mu­sik­ver­ein ver­trag­lich ge­stat­tet war, während und nach den Pro­ben Getränke zu ver­kau­fen und hierfür die vor­han­dene The­ken­ein­rich­tung zu ver­wen­den. Im Vor­der­grund stand wei­ter­hin die Nut­zung des großen Saals als Pro­be­raum, d.h. die In­an­spruch­nahme der Räum­lich­kei­ten als sol­che.

Die Re­vi­sion war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­zu­las­sen, weil die Frage, ob sich aus dem se­kundären Uni­ons­recht (Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie) für kurz­fris­tige Grundstücks­ver­mie­tun­gen et­was an­de­res er­gibt, höchstrich­ter­lich noch nicht geklärt ist.

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