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Rechtsberatung

Keine einseitige Änderung der Preisanpassungsklausel durch Wärmeversorger?

Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt/Main ver­un­si­chert mit zwei ak­tu­el­len Ent­schei­dun­gen die Wärme­ver­sor­ger. Dem­nach ha­ben diese kein Recht, eine ein­sei­tige Ände­rung von Preis­an­pas­sungs­klau­seln vor­zu­neh­men.

Mit zwei Ur­tei­len vom 21.3.2019 (Az. 6 U 190/17 und 191/17) stürzt das OLG Frank­furt/M. Wärme­ver­sor­ger land­auf landab in er­heb­li­che Ver­un­si­che­rung. Nach Auf­fas­sung des OLG sind Wärme­ver­sor­ger nicht be­rech­tigt, ihre Preis­an­pas­sungs­klau­seln ein­sei­tig zu ändern, son­dern dar­auf an­ge­wie­sen, et­waige Ände­run­gen im Wege der Ände­rungskündi­gung durch­zu­set­zen.

Die Streitfälle

Aus­gangs­punkt des Strei­tes wa­ren Schrei­ben zweier Fernwärme­ver­sor­ger an ihre Kun­den. Sie teil­ten den Kun­den mit, dass sie demnächst ihre Preis­an­pas­sungs­klau­seln durch öff­ent­li­che Be­kannt­ma­chung ändern würden. Da­ge­gen regte sich Wi­der­stand un­ter den Kun­den, die u.a. den Ver­brau­cher­zen­trale Bun­des­ver­band auf den Vor­gang auf­merk­sam mach­ten. Die­ser mahnte die Wärme­ver­sor­ger mit der Begründung ab, dass die Schrei­ben ir­reführend seien, weil kein Recht zur ein­sei­ti­gen An­pas­sung der Preis­klau­sel bestünde.

Urteile des Landgerichts Darmstadt

Das LG Darm­stadt hat die Wärme­ver­sor­ger in der Folge ver­ur­teilt, es zu un­ter­las­sen, ge­genüber den Kun­den zu be­haup­ten, zur ein­sei­ti­gen Ände­rung der Preis­an­pas­sungs­klau­sel be­rech­tigt zu sein. Das LG Darm­stadt hat ent­schie­den, dass ins­be­son­dere § 4 Abs. 2 AVB­FernwärmeV kein Recht zur ein­sei­ti­gen Preisände­rung gebe. Das LG hat sich in den Ur­teilsgründen aber we­der mit der amt­li­chen Begründung zur AVB­FernwärmeV noch mit der Recht­spre­chung oder den Li­te­ra­tur­mei­nun­gen dazu aus­ein­an­der­ge­setzt. Es hat seine Auf­fas­sung auf we­ni­gen Sei­ten da­mit begründet, dass die geänder­ten Klau­seln den in­halt­li­chen An­for­de­run­gen des § 24 Abs. 4 AVB­FernwärmeV nicht ge­recht würden und auch kein Bedürf­nis nach ei­ner ein­sei­ti­gen Ände­rung der Klau­seln bestünde (LG Darm­stadt, Ur­teile vom 5.10.2017, 15 O 111/16 und 15 O 110/16).

Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt/Main

Die ge­gen diese Ent­schei­dun­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fun­gen hat jetzt das OLG Frank­furt/Main mit den o. g. Ent­schei­dun­gen zurück­ge­wie­sen.

Das OLG geht mit kei­nem Wort auf die Begründung des LG Darm­stadt ein. Es be­zieht sich auf eine Ent­schei­dung des BGH, die al­ler­dings zu einem an­de­ren Sach­ver­halt er­gan­gen war (Ur­teil vom 19.7.2017, Az. VIII ZR 268/15). In die­sem Ur­teil hatte der BGH das Ver­fah­ren an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­ver­wie­sen und die­sem auf­ge­ge­ben, es müsse prüfen, ob die dor­tige Klau­sel durch übe­rein­stim­mende Wil­lens­erklärun­gen in den Ver­trag ein­be­zo­gen wor­den sei. In der Sa­che ging es darum, zu ergründen, wel­chen In­halt ein Ver­trag hat, der nicht durch ausdrück­li­che Erklärun­gen, son­dern durch Ent­nahme von Wärme zu­stande ge­kom­men war. Das OLG schließt aus die­ser For­mu­lie­rung, dass wohl auch der BGH meine, der Wärme­ver­sor­ger dürfe die Ver­trags­be­din­gun­gen nicht ein­sei­tig ändern. Dass der BGH im Be­reich Strom- und Gas­ver­sor­gung den Re­ge­lun­gen in § 4 Abs. 2 AV­BEltV (a.F.) und AVB­GasV (a.F.) mit Ur­teil vom 28.10.2015 (Az. VIII ZR 13/12) ausdrück­lich das Recht des Ver­sor­gers ent­nom­men hatte, Ver­sor­gungs­be­din­gun­gen und auch Preise ein­sei­tig zu ändern, tut das OLG da­mit ab, dass der BGH dann seine Mei­nung bis 2017 wohl geändert ha­ben müsse.

Im kon­kre­ten Fall sei es auch nicht er­for­der­lich, dem Wärme­ver­sor­ger im Wege ergänzen­der Ver­trags­aus­le­gung die Möglich­keit ein­zuräumen, die be­ste­hen­den Preis­klau­seln we­gen dro­hen­der Un­wirk­sam­keit durch wirk­same Klau­seln zu er­set­zen. Das OLG trägt da­mit doch im­mer­hin der Recht­spre­chung des BGH Rech­nung, wo­nach Preis­klau­seln un­wirk­sam wer­den, wenn sie die durch § 24 Abs. 4 AVB­FernwärmeV ge­for­derte Kos­ten- und Markt­ori­en­tie­rung nicht mehr wah­ren. In die­sem Fall muss der Wärme­ver­sor­ger die Möglich­keit ha­ben, die un­wirk­same durch eine wirk­same Klau­sel zu er­set­zen.

Das OLG hat die Re­vi­sion zum BGH zu­ge­las­sen. Wir ge­hen da­von aus, dass die un­ter­le­ge­nen Wärme­ver­sor­ger die­sen Schritt ge­hen.

Hinweis

Bis­lang herrschte in der Bran­che all­ge­mein das Verständ­nis, dass die Re­ge­lun­gen des § 4 Abs. 2 AVB­FernwärmeV ge­nauso wie die gleich­lau­ten­den Re­ge­lun­gen der §§ 4 Abs. 2 AVB­Was­serV, 4 Abs. 2 AV­BEltV (a.F.) und 4 Abs. 2 AVB­GasV (a.F.) den Ver­sor­ger be­rech­ti­gen, Preise und Ver­sor­gungs­be­din­gun­gen ein­sei­tig zu ändern.

Be­vor Wärme­ver­sor­ger ihre Be­din­gun­gen jetzt ein­sei­tig ändern, soll­ten sie sehr sorgfältig prüfen, ob die Ände­rung wirk­lich not­wen­dig ist und ob nicht ggf. Al­ter­na­ti­ven zur Verfügung ste­hen. Ob­wohl das Ur­teil nicht rechtskräftig ist, ist das Ri­siko doch hoch, dass ein mit der Sa­che be­fass­tes Amts- oder Land­ge­richt sich der Auf­fas­sung des OLG an­schließt und ein Ände­rungs­recht ab­lehnt. Es bleibt zu hof­fen, dass der BGH bald Klar­heit schafft.

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