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Rechtsberatung

Nachfolge: Sicherung des Unternehmensbestands mit allen Optionen

Ei­nes der schwie­rigs­ten The­men ei­nes Un­ter­neh­mers ist die Frage der an­ge­mes­se­nen Ge­stal­tung der Nach­folge. Die Ein­lei­tung ei­nes Nach­fol­ge­pro­zes­ses ist ein emo­tio­na­les Thema, birgt Kon­flikt­po­ten­tial und bringt ei­nige Fra­gen mit sich.

Wann ist der rich­tige Zeit­punkt? Wie kann der Fort­be­stand des Un­ter­neh­mens nach­hal­tig ge­si­chert wer­den? Wer ist der rich­tige Nach­fol­ger? Wer­den die In­ter­es­sen al­ler Be­tei­lig­ten ge­wahrt? Und: kann man sich even­tu­ell noch be­stimmte Wei­chen­stel­lun­gen of­fen­hal­ten?

© Tessa-Thalea Seier, Dr. Detlev Heinsius, Ulrich Seier und Prof. Dr. Dietrich Grashoff

Ul­rich Seier ist das Thema er­folg­reich an­ge­gan­gen und hat im Jahr 2019 die Seier Un­ter­neh­mens­gruppe mit mehr als 1.500 Mit­ar­bei­tern in eine Fa­mi­li­en­stif­tung überführt. Wir spre­chen mit Ul­rich Seier (4. Ge­ne­ra­tion), Tessa-Tha­lea Seier (5. Ge­ne­ra­tion), Mat­thias Frey­tag (Ge­schäfts­lei­ter Seier GmbH), Prof. Dr. Diet­rich Gras­hoff und Dr. Det­lev Hein­sius über den Nach­fol­ge­pro­zess und des­sen er­folg­rei­ches Er­geb­nis.

Herr Seier, 2019 haben Sie Ihre Unternehmensgruppe und in diesem Zusammenhang die gesamte Vermögensnachfolge in eine Familienstiftung überführt. Wie haben Sie sich dieser Thematik genähert?

Ul­rich Seier: Vor der Ent­schei­dung, die Seier Un­ter­neh­mens­gruppe in eine Fa­mi­li­en­stif­tung ein­zu­brin­gen, lag ein lan­ger Weg. Er be­gann be­reits 2016. Da­mals war ich Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter und über­nahm von mei­nen El­tern alle An­teile. Für meine Schwes­ter fan­den wir eine un­ter­neh­mens­un­abhängige Re­ge­lung als Aus­gleich.

Sei­ner­zeit habe ich be­dau­ert, dass meine El­tern die Nach­folge auf die lange Bank ge­scho­ben ha­ben. Für mich persönlich habe ich diese Chance, die sie nicht ge­nutzt hat­ten, er­kannt und im Sinne der kom­men­den, der 5. Ge­ne­ra­tion, nut­zen wol­len. Ich wollte eine zu­kunfts­ori­en­tierte, ge­ne­ra­tio­nenüberg­rei­fende Lösung fin­den, die auch im Sinne mei­ner Toch­ter ist.

Reden wir zunächst einmal nur von der Unternehmens- und noch nicht von der Vermögensnachfolge. Hier haben Sie einen ganz besonderen Weg eingeschlagen und Ihr Unternehmen in eine Familienstiftung eingebracht.

Ul­rich Seier: Als ich mich mit der Un­ter­neh­mens­nach­folge be­fasste, wurde ich auf ei­ner ge­ne­ra­ti­onsüberg­rei­fen­den Ver­an­stal­tung auf das Thema Fa­mi­li­en­stif­tung auf­merk­sam. Zunächst war ich, ehr­lich ge­sagt, von die­sem Ge­dan­ken nicht an­ge­tan. Auf den ers­ten Blick schien es mir schwie­rig, mein Ei­gen­tum in die Hände ei­ner Stif­tung zu le­gen. Ich hatte dreißig Jahre lang hart dafür ge­ar­bei­tet und wollte es nicht ab­ge­ben.

Letztlich haben Sie sich aber doch für diesen Weg entschieden.

Ul­rich Seier: Ja, wenn mir ein sol­cher Weg von er­fah­re­nen Ex­per­ten vor­ge­schla­gen wird, muss et­was Po­si­ti­ves dran sein. Des­halb habe ich mich in­ten­siv mit Fa­mi­li­en­stif­tun­gen aus­ein­an­der­ge­setzt. Ich habe viel ge­le­sen und mit Fach­leu­ten dis­ku­tiert. Und ich habe Fa­mi­li­en­stif­ter persönlich be­sucht und ih­nen kon­krete Fra­gen, vor al­lem auch nach ih­rer Gefühls­welt, ge­stellt. Schließlich war ich über­zeugt. Ich bin ein Mann der Tat. Als mein Ent­schluss ge­fasst war, ha­ben wir die Gründung schnell und er­folg­reich um­ge­setzt.

Was waren dann letztlich Ihre Beweggründe, die Unternehmensnachfolge über eine Familienstiftung zu lösen?

Ul­rich Seier: Ich sehe es als Pri­vi­leg, Un­ter­neh­mer zu sein. Da­bei ist mir wich­tig, dass meine Mit­ar­bei­ten­den mit ih­ren Fa­mi­lien bei uns zu­frie­den sind, denn sie tra­gen we­sent­lich zum Fort­be­stand der Un­ter­neh­mens­gruppe und ih­rer Wert­schöpfung bei. Durch diese Wert­schöpfung kann auch meine Fa­mi­lie in kom­men­den Ge­ne­ra­tio­nen gut le­ben. Un­ter­neh­mer­tum ist also ein ge­gen­sei­ti­ges Ge­schenk: Ich stelle als Un­ter­neh­mer kri­sen­si­chere, zu­kunfts­ori­en­tierte Ar­beitsplätze zur Verfügung und gebe mei­nen Mit­ar­bei­ten­den lang­fris­tige be­ruf­li­che Per­spek­ti­ven mit gu­tem fi­nan­zi­el­len Aus­kom­men. Wir – meine Mit­ar­bei­ten­den und ich – ar­bei­ten mit Mar­gen, die uns auch als Un­ter­neh­mer­fa­mi­lie gut­tun.

Ich bli­cke auf eine 103-jährige Un­ter­neh­mens­ge­schichte. An­ders als für viele Wett­be­wer­ber kam für mich der Ver­kauf des Un­ter­neh­mens an eine Heu­schre­cke, eine Pri­vate-Equity-Ge­sell­schaft, der es um Ge­winn­ma­xi­mie­rung und nicht um das Wohl des Un­ter­neh­mens und der Mit­ar­bei­ten­den geht, nie­mals in in­frage.

Es war im­mer un­sere Phi­lo­so­phie, dass es un­se­ren Mit­ar­bei­ten­den gut­ge­hen muss. Der Men­sch steht im Mit­tel­punkt des Un­ter­neh­mens. Wenn wir es schaf­fen, un­sere Mit­ar­bei­ten­den po­si­tiv an Bord zu hal­ten, kann uns nichts pas­sie­ren. Das ist das Pay­back.

Mir war wich­tig, dass es, un­abhängig da­von, was in der Fa­mi­lie pas­siert, mit dem Un­ter­neh­men wei­ter­geht. Kon­kret: Für den Fall mei­ner plötz­li­chen Ge­schäfts­unfähig­keit oder mei­nes To­des muss das Un­ter­neh­men so gut or­ga­ni­siert und auf­ge­baut sein, dass es ohne mich als Ge­sell­schaf­ter und Ge­schäftsführer funk­tio­niert. Beide Stühle müssen dann be­setzt sein, da­mit Ent­schei­dun­gen im All­tags­ge­schäft und für die lang­fris­tige Aus­rich­tung des Un­ter­neh­mens ge­trof­fen wer­den können.

Ein wei­te­rer Be­weg­grund für das Stif­tungs­mo­dell war meine Fa­mi­lie. Ich sehe un­ser Un­ter­neh­men als Ge­schenk. Das wird über die Stif­tung nicht nur an die nächste, son­dern auch an fol­gende Fa­mi­li­en­ge­ne­ra­tio­nen wei­ter­ge­ge­ben. Natürlich habe ich das Ziel, dass sich kom­mende Ge­ne­ra­tio­nen gern an Ul­rich Seier er­in­nern.

Was ich drit­tens de­fi­ni­tiv nicht will ist, das Un­ter­neh­men zur Ver­wer­tung zu ver­er­ben. Selbst wenn sich das In­ter­esse kom­men­der Ge­ne­ra­tio­nen von ak­tu­el­len Ge­schäfts­fel­dern ent­fernt, habe ich mit der Fa­mi­li­en­stif­tung den Schlüssel ge­fun­den, um dem Un­ter­neh­men Sta­bi­lität und künf­ti­gen Ge­ne­ra­tio­nen mei­ner Fa­mi­lie eine so­lide fi­nan­zi­elle Ba­sis zu ge­ben.

Ich habe eine kom­for­ta­ble Si­tua­tion für alle Be­tei­lig­ten ge­schaf­fen. Die Un­ter­neh­mens­gruppe mit all ih­ren Mit­ar­bei­ten­den und de­ren Fa­mi­lien ist ge­schützt: So ist zum Be­spiel ver­brieft, dass die Stif­tung mit fi­nan­zi­el­len Res­sour­cen für das Un­ter­neh­men da ist, wenn es ihm nicht gut geht. Un­abhängig da­von, ob ein Fa­mi­li­en­an­gehöri­ger die Ge­schäfte führt oder nicht – die Stif­tungs­mit­glie­der müssen sich mit der Un­ter­neh­mens­si­tua­tion aus­ein­an­der­set­zen.

Es ist mein Ziel, dass der Un­ter­neh­mens­spi­rit über die Stif­tung an nach­fol­gende Ge­ne­ra­tio­nen ge­ge­ben wird. Das bin ich und das sind wir als Fa­mi­lie un­se­ren Mit­ar­bei­ten­den der Ver­gan­gen­heit, der Ge­gen­wart und der Zu­kunft schul­dig.

Herr Prof. Dr. Grashoff, wie wurde das Stiftungskonstrukt konkret aufgesetzt?

Prof. Dr. Diet­rich Gras­hoff: Zunächst ein­mal zum Verständ­nis: Eine Fa­mi­li­en­stif­tung ist eine Stif­tung, die dau­er­haft dem Wohl der Fa­mi­lie dient. Sie ver­folgt einen wirt­schaft­li­chen Zweck und ist des­halb nicht ge­meinnützig. Im un­ter­neh­me­ri­schen Be­reich wird eine sol­che Stif­tung ein­ge­setzt, um u. a. den Fort­be­stand des Un­ter­neh­mens zu si­chern und die Fa­mi­li­en­an­gehöri­gen zu ver­sor­gen. Mit der Ein­brin­gung des Un­ter­neh­mens in die Stif­tung gibt der Über­ge­ber zunächst ein­mal die­ses Vermögen aus sei­ner Hand.

Der Clou die­ser Stif­tung liegt darin, dass der Über­ge­ber, also Herr Seier, wei­ter­hin die kom­plette Macht über die Un­ter­neh­mens­gruppe hat, ähn­lich wie die ei­nes ge­schäftsführen­den Ge­sell­schaf­ters ei­ner GmbH. Das er­gibt sich dar­aus, dass es zunächst kei­nen Stif­tungs­rat gibt und wei­tere Son­der­rechte an diese Po­si­tion ge­kop­pelt sind, die sich aus der Stif­tungs­sat­zung er­ge­ben. Diese Son­der­rechte können von Ge­ne­ra­tion zu Ge­ne­ra­tion wei­ter­ge­ge­ben und – etwa man­gels ge­eig­ne­ter Fa­mi­li­en­nach­fol­ger – ir­gend­wann auch auf­ge­ge­ben wer­den. Die Wei­ter­gabe oder Auf­gabe er­folgt durch Erklärung zu Leb­zei­ten oder über das Tes­ta­ment. So kann jede Ge­ne­ra­tion von Nach­fol­gern ent­schei­den, ob die Un­ter­neh­mens­gruppe wei­ter von einem oder meh­re­ren Fa­mi­li­en­mit­glie­dern ge­lenkt wird – auch un­ter Ein­set­zung ei­nes Stif­tungs­rats – oder ob de­ren Führung fa­mi­li­en­frem­den Per­so­nen ob­liegt.

Wie können Sie, Herr Seier, nach der Einbringung des Unternehmens in die Stiftung noch agieren – welche Funktionen haben Sie inne?

Ul­rich Seier: Für mich hat sich durch die Fa­mi­li­en­stif­tung quasi nichts geändert. Ich bin wei­ter­hin ak­tiv in der Ge­schäftsführung der Un­ter­neh­mens­gruppe. Al­ler­dings jetzt mit dem gu­ten Wis­sen, dass ich je­der­zeit aus dem ope­ra­ti­ven Ge­sche­hen aus­stei­gen und mich ganz auf die Ar­beit als Vor­stand kon­zen­trie­ren kann.

Mat­thias Frey­tag: Zu­gleich ha­ben wir Me­cha­nis­men de­fi­niert für den Fall, dass Herr Seier als Ge­schäftsführer auf­grund ei­nes Not­falls aus dem ope­ra­ti­ven Ge­schäft aus­schei­den muss. Da­mit verfügen wir über Pla­nungs­si­cher­heit. Glei­ches gilt für die Ver­tre­tung von Herrn Seier in sei­ner Funk­tion als Vor­stand der Stif­tung. Denn wenn er ausfällt, dann fällt er an al­len Stel­len aus – und zwar gleich­zei­tig. So ein Gau, den je­des mit­telständi­sche Un­ter­neh­men im Auge ha­ben muss, kann uns, da­von bin ich über­zeugt, nicht pas­sie­ren. Gleich­wohl ist es mir lie­ber, Herr Seier bleibt uns noch eine ganze Zeit lang ge­sund er­hal­ten.

Und wie sieht dann eine Staffelübergabe an die nächste Generation aus?

Ul­rich Seier: Mo­men­tan ha­ben wir für die Fa­mi­li­en­stif­tung kei­nen Stif­tungs­rat ein­ge­setzt. Da­mit habe ich der kom­men­den Ge­ne­ra­tion, kon­kret mei­ner Toch­ter Tessa-Tha­lea, die Chance, aber nicht die Pflicht, ein­geräumt, das Zep­ter al­leine in die Hand zu neh­men.

Die Un­ter­neh­mens­nach­folge ist ja nicht nur eine Her­aus­for­de­rung für den Über­ge­ben­den, son­dern auch für den Über­neh­men­den. Mit der Fa­mi­li­en­stif­tung habe ich Nach­fol­ge­fra­gen ele­gant be­ant­wor­tet. Der An­teilstrans­fer ist ge­re­gelt. So ist je­der­zeit ein fließender Überg­ang auf meine Toch­ter möglich. Schließlich geht es nur noch um die Be­set­zung von Funk­tio­nen.

Da­mit steht meine Toch­ter nicht un­ter Druck, sich so­fort ent­schei­den zu müssen. Sie kann ei­gene Er­fah­run­gen ma­chen und sich aus­pro­bie­ren. Ich hoffe und sehe, dass sie das auch so er­lebt.

Die Beschäftigung mit dem Thema stellte einen regelrechten Aufbruch dar. So eine Stiftung ist ja schön und gut, aber Ihr Eigentum ist weg. War das nicht ein sehr emotionsgeladener Prozess für Sie?

Ul­rich Seier: Ganz klar. Das war eine sehr emo­tio­nale Hürde. Wie ge­sagt: Kaum hatte ich alle An­teile, sollte ich sie wie­der her­ge­ben. Es hat mir gut­ge­tan, mit Stif­tungsgründern zu spre­chen. Ver­trau­lich von An­ge­sicht zu An­ge­sicht. Es ging um den Ver­stand und das Bauch­gefühl. Ir­gend­wann war ich über­zeugt, als Stif­tungsgründer nach wie vor al­les ma­chen zu können. So wie wir das um­ge­setzt ha­ben, bin ich völlig frei in al­len Ent­schei­dun­gen.

Wie haben Sie sich gefühlt, als die Nachfolgeregelung unter Dach und Fach war?

Ul­rich Seier: Es war ein un­glaub­lich be­frei­en­des Gefühl. Ich habe das Fa­mi­li­en­vermögen ja quasi ma­ni­fes­tiert. Wir ha­ben Töpfe für Not­si­tua­tio­nen und meine Nach­kom­men sind ab­ge­si­chert. Heute lebe ich des­halb nicht schlech­ter, aber viel be­frei­ter. Und emo­tio­nal rei­cher, denn ich bin stolz dar­auf, für alle ge­sorgt zu ha­ben, ohne je­man­den zu be­nach­tei­li­gen. Da schließe ich un­sere Mit­ar­bei­ten­den und ihre Fa­mi­lien un­be­dingt mit ein.

Die Fa­mi­li­en­stif­tung ist eine wirk­lich gute Nach­fol­gelösung, ei­gent­lich ein Add-on. Für meine persönli­che Ent­wick­lung war der ganze Pro­zess dort­hin eine tolle Er­fah­rung. Auf die­sem Weg ha­ben mich alle An­sprech­part­ne­rin­nen und -part­ner bei Eb­ner Stolz aus­ge­zeich­net be­glei­tet.

Ist das Konstrukt der Familienstiftung auch steuerlich eine interessante Alternative?

Dr. Det­lev Hein­sius: Wie schon ge­sagt, sind Fa­mi­li­en­stif­tun­gen nicht ge­meinnützig – und des­halb auch nicht steu­er­be­freit. Es fal­len also an ver­schie­de­nen Stel­len der Stif­tung Steu­ern an. Eine Fa­mi­li­en­stif­tung kann aber im Ver­gleich zu an­de­ren Lösun­gen und je nach Fa­mi­li­en­kon­stel­la­tion den­noch durch­aus vor­teil­haft sein. Bei der Stif­tungsgründung fällt zunächst ein­mal Erb­schaft- und Schen­kung­steuer an. In die­ser Hin­sicht ha­ben wir uns für die so­ge­nannte Ver­scho­nungs­be­darfsprüfung ent­schie­den und konn­ten da­durch ohne jeg­li­che Erb­schaft­steu­er­be­las­tung in die Stif­tung ge­hen. Jetzt ha­ben wir 30 Jahre Ruhe, bis die so­ge­nannte Er­ber­satz­steuer fällig wird. Bis da­hin baut die Stif­tung ein ent­spre­chen­des Pols­ter auf, um diese Steuer zu be­zah­len. Da­mit ha­ben wir auch ein Steu­er­kon­zept ent­wi­ckelt, das über Ge­ne­ra­tio­nen hin­weg gut trag­bar ist.

Mat­thias Frey­tag: Das ist vor­aus­schau­end ge­re­gelt. Wir wis­sen, dass das Thema Steu­ern in Zu­kunft auf die Ul­rich Seier Fa­mi­li­en­stif­tung war­tet. Sie ist gut dar­auf vor­be­rei­tet.

Gehen wir nochmals zurück zu dem Entscheidungsprozess. Haben Sie die Nachfolgeregelung mit sich alleine ausgemacht oder waren auch Familienmitglieder eingebunden?

Ul­rich Seier: Meine Toch­ter war zu die­ser Zeit zwan­zig Jahre alt und in die Be­ra­tun­gen über die Fa­mi­li­en­stif­tung ein­ge­bun­den. Sie wird ir­gend­wann ent­schei­den, auf wel­che Art und Weise sie sich in der Stif­tung wie­der­fin­den will. Tessa-Tha­lea war von An­fang an in­vol­viert, um das Kon­strukt zu ver­ste­hen. Sie war Teil des fach­lich an­spruchs­vol­len Gan­zen. Da­bei hat sie sich pro­ak­tiv an der Ge­stal­tung be­tei­ligt und auch ver­an­lasst, dass der eine oder an­dere Punkt geändert wurde. Da war ich als Papa natürlich stolz. Und ich war be­ein­druckt über die klu­gen Ge­dan­ken der Next Ge­ne­ra­tion. Das habe ich für die Zu­kunft gern mit­ge­nom­men.

Tatsäch­lich ging es um mehr als darum, das Un­ter­neh­men in die Fa­mi­li­en­stif­tung ein­zu­brin­gen. Es ging auch darum, ein Nach­fol­ge­kon­zept für das Vermögen mei­ner El­tern zu im­ple­men­tie­ren. Wir ha­ben in einem ganz­heit­li­chen An­satz die kom­plette Nach­folge der Fa­mi­lie Seier or­ga­ni­siert.

Meine El­tern ha­ben das ge­mein­sam mit mei­ner Schwes­ter kom­plett un­terstützt. Das weiß ich sehr zu schätzen. Sie ha­ben die Chan­cen der Stif­tung er­kannt. Wenn­gleich es da­durch zu ei­ner Vermögen­sum­ver­tei­lung mei­ner El­tern kam. Wir ha­ben eine Lösung für drei Ge­ne­ra­tio­nen – meine El­tern, meine Schwes­ter und mich so­wie un­sere Kin­der – ent­wi­ckelt. Da­durch ha­ben wir gleich­zei­tig die ge­samte erb­schaft­steu­er­li­che Si­tua­tion op­ti­miert. So ist das Ganze kom­plett. Ein we­sent­li­cher Punkt: Auch meine Ehe­frau hat mich aus­nahms­los bestärkt. So funk­tio­niert Fa­mi­lie. Ich kann Ih­nen sa­gen: Das bringt Fa­mi­lie auf eine neue Ebene zu­sam­men.

Wie verlief der Entscheidungsprozess innerhalb der Familie – das sind ja doch sehr emotionale Themen.

Ul­rich Seier: Es gab kei­ner­lei Fa­mi­li­en­kon­flikte. Für meine El­tern war Herr Frey­tag, mein engs­ter Mit­ar­bei­ter im Un­ter­neh­men, ein wich­ti­ger Rat­ge­ber. Sie hat­ten Ver­trauen in ihn, mich und natürlich un­sere Be­ra­ter. Der ganze Pro­zess lief durch die pro­ak­tive Hal­tung mei­ner El­tern und ihre of­fene Ein­stel­lung völlig har­mo­ni­sch. Dazu trug auch meine Schwes­ter bei, die zwar mit der Seier Un­ter­neh­mens­gruppe nicht in di­rek­ter Ver­bin­dung steht, als Teil un­se­rer Fa­mi­lie aber meine Liebe und mein Ver­trauen ge­nießt. Den we­sent­li­chen Bei­trag mei­ner Toch­ter habe ich ja be­reits her­aus­ge­stellt.

Frau Seier, mit Ihren damals 20 Jahren waren Sie die jüngste Teilnehmerin im Boot. Wie wichtig war es für Sie, dass Ihr Vater Sie unbedingt in den Prozess, insbesondere die Gestaltung der Stiftungssatzung, einbezogen hat?

Tessa-Tha­lea Seier: Für mich war die­ser Pro­zess sehr be­deut­sam. Bis zu die­sem Zeit­punkt hatte ich mich mit dem Thema Stif­tung kaum be­fasst. Aber ich konnte wirk­lich alle Fra­gen stel­len, um die Ul­rich Seier Fa­mi­li­en­stif­tung mit ih­ren Vor- und Nach­tei­len tatsäch­lich zu be­grei­fen. Auch ich bin übri­gens stolz, dass man­ches durch mei­nen Bei­trag noch­mals dis­ku­tiert und an­ge­passt wurde.

Ich bin ein Men­sch, der sich sehr viele Ge­dan­ken um die Zu­kunft macht. Der Pro­zess hat mir die Angst ge­nom­men, jetzt eine Ent­schei­dung tref­fen zu müssen. Ich finde es gut, dass un­abhängig da­von, wie meine persönli­che Zu­kunft aus­sieht, wir Seier-Nach­kom­men im­mer eine Rolle in der Stif­tung spie­len können. Ich fühle mich auf je­den Fall si­cher.

Wie beurteilen Sie den Nachfolgeprozess abschließend?

Ul­rich Seier: Ich habe zwei we­sent­li­che Fra­gen auf ein­mal geklärt; ers­tens: Was ma­che ich mit dem Un­ter­neh­men? Und zwei­tens: Was ma­che ich mit dem Vermögen? Das ist ein­ma­lig. Zu­min­dest in die­ser Sa­che be­haupte ich: Das war weise und vor­aus­schau­end. Alle Fra­gen sind be­ant­wor­tet.

Nach­fol­ge­ge­ne­ra­tion wer­den se­hen: Das Feld ist be­stellt. Ich habe eine Lösung für die Zu­kunft im Sinne al­ler ge­fun­den. Ob das char­mant ist für die nächste Ge­ne­ra­tion, ver­mag ich nicht zu be­ur­tei­len.

Zum Schluss noch eine ganz andere Frage. Der Bundestagswahlkampf ist im Gange, und einige Parteien ziehen zur Finanzierung der Verschuldung infolge der Corona-Krise die Wiederbelebung der Vermögensteuer in Betracht. Welche Auswirkungen hätte dies für Sie?

Ul­rich Seier: Bei der Vermögen­steuer muss man sich grundsätz­lich warm an­zie­hen. Die will natürlich kein Un­ter­neh­mer. Wir sind in Ha­bacht-Stel­lung. Weil die Mühlen in Deutsch­land aber nicht ganz so schnell mah­len, bin ich re­la­tiv ge­las­sen. Ich kann es so­wieso nicht ändern. Es gab im­mer mal wie­der Ein­schläge für Un­ter­neh­mer. Dann muss man sich neu auf­stel­len. Keine Re­gie­rung wird es schaf­fen, dem Mit­tel­stand die Freude zu neh­men, Ar­beitsplätze zu schaf­fen. Denn der Mit­tel­stand ist un­verwüstlich. Wir sind ein selbst­be­wuss­ter Club und zie­hen den Kar­ren aus dem Dreck. Aus die­ser Stärke her­aus sind wir be­reit für Verände­run­gen.

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