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Grobes Verschulden bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen

BFH 18.3.2014, X R 8/11

Be­ant­wor­tet ein Steu­er­pflich­ti­ger aber eine im Steu­er­erklärungs­for­mu­lar ausdrück­lich ge­stellte, auf be­stimmte Vorgänge be­zo­gene Fra­gen nicht, kann er sich nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung nicht auf einen die grobe Fahrlässig­keit aus­schließen­den, ent­schuld­ba­ren Rechts­irr­tum be­ru­fen. Der Be­griff des Ver­schul­dens i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elek­tro­ni­sch ge­fer­tig­ten Steu­er­erklärun­gen ist nicht an­ders aus­zu­le­gen als bei schrift­lich ge­fer­tig­ten Erklärun­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger wur­den im Streit­jahr 2006 zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Der Kläger ist Di­plom-Fi­nanz­wirt und No­tar, die Kläge­rin ist Buch­hal­te­rin und Haus­frau. Die Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2006 hat­ten die Kläger mit Hilfe des elek­tro­ni­schen Steu­er­pro­gramms Els­ter/For­mu­lar 2006/2007 an das Fi­nanz­amt über­mit­telt und eine kom­pri­mierte (verkürzte) Steu­er­erklärung in Pa­pier­form un­ter­schrie­ben nach­ge­reicht. Al­ler­dings vergaßen sie in dem elek­tro­ni­schen Erklärungs­for­mu­lar in Zeile 62 des Man­tel­bo­gens Zah­lun­gen des Klägers an die No­tar­ver­sor­gungs­kasse ein­zu­tra­gen. Im Jahr zu­vor hat­ten sie die­sen Pos­ten noch kor­rekt in der eben­falls mit Hilfe des elek­tro­ni­schen Steu­er­pro­gramms Els­ter er­stell­ten Erklärung gel­tend ge­macht.

Das Fi­nanz­amt setzte die Ein­kom­men­steuer erklärungs­gemäß fest; Zah­lun­gen an die No­tar­ver­sor­gungs­kasse wur­den nicht berück­sich­tigt. Mit Ab­gabe der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Jahr 2007 ba­ten die Kläger darum, den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2006 zu ändern. Bei Er­stel­lung der Steu­er­erklärung für das Jahr 2007 hätten sie be­merkt, dass im Vor­jahr die Zah­lun­gen des Klägers an die No­tar­ver­sor­gungs­kasse i.H.v. 18.457 € irrtümlich nicht ein­ge­tra­gen wor­den seien. Das Fi­nanz­amt lehnte dies ab. Ebenso lehnte es den An­trag auf Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids 2006 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ab. Die Behörde war der An­sicht, die Kläger treffe ein gro­bes Ver­schul­den daran, dass die Zah­lun­gen nicht gel­tend ge­macht wor­den seien.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der An­sicht des FG traf die Kläger ein gro­bes Ver­schul­den am nachträgli­chen Be­kannt­wer­den der Zah­lun­gen an die No­tar­ver­sor­gungs­kasse. Im Streit­jahr 2006 hatte das Erklärungs­for­mu­lar des Els­ter­pro­gramms in Zeile 62 ausdrück­lich die Frage nach den als Son­der­aus­ga­ben ab­zieh­ba­ren Beiträgen zu be­rufständi­schen Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen ge­stellt. Diese Frage ließen die Kläger un­be­ant­wor­tet. Be­ant­wor­tet ein Steu­er­pflich­ti­ger aber eine im Steu­er­erklärungs­for­mu­lar ausdrück­lich ge­stellte, auf be­stimmte Vorgänge be­zo­gene Fra­gen nicht, kann er sich nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung nicht auf einen die grobe Fahrlässig­keit aus­schließen­den, ent­schuld­ba­ren Rechts­irr­tum be­ru­fen.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG ließ auch der Um­stand, dass der Kläger seine Steu­er­erklärung mit Hilfe des Els­ter­pro­gramms ge­fer­tigt hatte und die­ses kei­nen vollständi­gen Aus­druck des Steu­er­erklärungs­for­mu­lars lie­ferte, son­dern letzt­lich nur die Werte und Kenn­zif­fern aufführte, zu de­nen der Steu­er­pflich­tige Ein­tra­gun­gen vor­ge­nom­men hatte, das grobe Ver­schul­den des Klägers nicht ent­fal­len. Zwar mochte dies einen Nach­teil der elek­tro­ni­schen Steu­er­erklärung dar­stel­len, be­traf aber nicht den Grund für die An­nahme der gro­ben Fahrlässig­keit, nämlich die feh­lende An- und Ein­gabe im Els­ter­For­mu­lar selbst. Außer­dem be­stand die Möglich­keit, sich den amt­li­chen Erklärungs­vor­druck auf dem Bild­schirm an­zei­gen zu las­sen. Der Be­griff des Ver­schul­dens i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei elek­tro­ni­sch ge­fer­tig­ten Steu­er­erklärun­gen ist zu­dem nicht an­ders aus­zu­le­gen als bei schrift­lich ge­fer­tig­ten Erklärun­gen. Es gibt hier kein Son­der­recht.

Im vor­lie­gen­den Fall traf den Kläger letzt­lich auch ein gro­bes Ver­schul­den bei der Prüfung der Steu­er­erklärung. Denn der Ver­gleich der fest­ge­setz­ten Steuer mit der Pro­be­be­rech­nung des Els­ter­Pro­gramms war nicht ge­eig­net, un­ter­las­sene Ein­tra­gun­gen im Pro­gramm auf­zu­de­cken, da diese zwangsläufig in die Pro­be­be­rech­nung nicht ein­ge­hen können. Bei ei­ner Prüfung des Steu­er­be­scheids hätte dem Kläger an­ge­sichts der Höhe sei­ner Beiträge zum Ver­sor­gungs­werk (diese ha­ben 18.457 € be­tra­gen; im Be­scheid wa­ren je­doch nur 16.294 € Ver­si­che­rungs­beiträge auf­geführt) auf­fal­len müssen, dass ein er­heb­li­cher Be­trag nicht in die Steu­er­be­rech­nung ein­ge­gan­gen war.

Link­hin­weis:

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