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Steuerberatung

Geschäftsveräußerung bei vollständiger Übertragung von GmbH-Anteilen?

BFH v. 18.9.2019 - XI R 33/18

Die In­ha­ber­schaft von An­tei­len an ei­ner GmbH reicht (im Ge­gen­satz zur In­ha­ber­schaft von Vermögens­wer­ten die­ser GmbH) für sich ge­nom­men nicht hin, um eine selbständige wirt­schaft­li­che Tätig­keit der Veräußerin fortführen zu können. An­ders kann es sein, wenn die bis­he­rige Or­ganträge­rin die An­teile an der GmbH an die neue Or­ganträge­rin überträgt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH & Co. KG. Sie war vor dem 4.12.2012 al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin der B-GmbH. An diese ver­mie­tete sie Be­triebs­grundstücke (seit dem 1.1.2013 steu­er­pflich­tig). Ent­gelt­li­che Ge­schäftsführungs­leis­tun­gen ge­genüber der B-GmbH er­brachte sie nicht. Kom­man­di­tist der Kläge­rin, Ge­sell­schaf­ter der Kom­ple­mentärin der Kläge­rin und al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tig­ter Ge­schäftsführer so­wohl der Kläge­rin als auch der B-GmbH war W. Die Kläge­rin war um­satz­steu­er­recht­li­che Or­ganträge­rin der B-GmbH.

Durch Un­ter­neh­mens­kauf­ver­trag vom 4.12.2012 ver­kaufte die Kläge­rin ihre Be­tei­li­gung an der B-GmbH über­wie­gend an eine Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft (Er­wer­be­rin). Eine Op­tion zur Um­satz­steu­er­pflicht er­folgte nicht. Einen ge­rin­ge­ren Teil der An­teile brachte sie im Wege der Sach­ka­pi­tal­erhöhung in die Er­wer­be­rin ein, so dass sie seit­dem zu 25,1 % an ihr be­tei­ligt ist.

Für die­ses Ge­schäft hatte die Steu­er­pflich­tige Be­ra­tungs­leis­tun­gen in An­spruch ge­nom­men. Die für die Leis­tun­gen ge­zahlte Um­satz­steuer zog sie in ih­rer Um­satz­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2012, die als nicht zu­stim­mungs­bedürf­tige Steu­er­an­mel­dung ei­ner Steu­er­fest­set­zung un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung gleich­stand (§ 168 Satz 1 AO), als Vor­steuer ab.

Das Fi­nanz­amt ver­sagte den Vor­steu­er­ab­zug mit der Begründung, der Ver­kauf bzw. die Ein­brin­gung der An­teile der B-GmbH sei nicht im Rah­men ei­ner Ge­schäfts­veräußerung er­folgt. Die Er­wer­be­rin sei schließlich nicht in die Miet­verträge ein­ge­tre­ten, die bei der Kläge­rin die um­satz­steu­er­recht­li­che Or­gan­schaft begründet hätten.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Das FG hat keine Fest­stel­lun­gen dazu ge­trof­fen, ob zwi­schen der Er­wer­be­rin und der B-GmbH eine Or­gan­schaft be­steht, auf­grund de­rer die Er­wer­be­rin die bis­he­rige un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­keit der Kläge­rin un­verändert fort­geführt ha­ben könnte und die GmbH-An­teile ein hierfür aus­rei­chen­des Teil­vermögen sein könn­ten.

Die bis­he­ri­gen tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen des FG rei­chen nicht aus, um zu be­ur­tei­len, ob Fi­nanz­amt und FG den Vor­steu­er­ab­zug zu­tref­fend nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ver­sagt ha­ben, weil die Veräußerung der An­teile an der B-GmbH an die Er­wer­be­rin und die Ein­brin­gung der An­teile an der B-GmbH in die Er­wer­be­rin ge­gen Gewährung von Ge­sell­schafts­rech­ten ein steu­er­freier Um­satz oder als Ge­schäfts­veräußerung nicht steu­er­bar ist. Steu­er­frei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG die Umsätze (und die Ver­mitt­lung der Umsätze) von An­tei­len an Ge­sell­schaf­ten und an­de­ren Ver­ei­ni­gun­gen. Bei den An­tei­len i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG han­delt es sich um Pa­piere, die ein Ei­gen­tums­recht an ju­ris­ti­schen Per­so­nen begründen, so­wie um sol­che, die ih­rer Art nach mit den in die­ser Vor­schrift spe­zi­ell ge­nann­ten Pa­pie­ren ver­gleich­bar sind. Dazu gehören ins­be­son­dere die An­teile an ei­ner GmbH.

Als Um­satz kommt in­so­weit die Veräußerung von An­tei­len in Be­tracht, da sie die recht­li­che und fi­nan­zi­elle Lage zwi­schen den Par­teien ändert und außer­dem ge­eig­net ist, Rechte und Pflich­ten der Par­teien in Be­zug auf die An­teile zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu brin­gen. Aber auch die Ein­brin­gung (Sach­ein­lage) der An­teile in die Er­wer­be­rin ge­gen Gewährung von Ge­sell­schafts­an­tei­len kommt als Um­satz in Be­tracht, da auch sie so­wohl die recht­li­che und fi­nan­zi­elle Lage der am Ge­schäft be­tei­lig­ten Par­teien als auch die Rechte und Pflich­ten in Be­zug auf die An­teile ändert. Auf die Steu­er­be­frei­ung kann zwar ver­zich­tet wer­den (§ 9 Abs. 1 UStG,) im Streit­fall war ein sol­cher Ver­zicht aber nicht er­folgt.

Im Streit­fall war das FG zwar zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass - so­fern keine Or­gan­schaft vor­liegt - die In­ha­ber­schaft von An­tei­len an einem Un­ter­neh­men (im Ge­gen­satz zur In­ha­ber­schaft von Vermögens­wer­ten die­ses Un­ter­neh­mens) an sich nicht hin­reicht, um eine selbständige wirt­schaft­li­che Tätig­keit fortführen zu können. Eine Ge­schäfts­veräußerung schei­det bei iso­lier­ter Be­trach­tung der Veräußerung der An­teile an sich aus, weil eine Be­tei­li­gung an einem Un­ter­neh­men kein "hin­rei­chen­des Gan­zes" i.S. ei­nes Teil­vermögens ist.

Zu einem an­de­ren Er­geb­nis führt nicht, dass man in ei­ner Be­tei­li­gungs­veräußerung bei Be­en­di­gung der Or­gan­schaft um­satz­steu­er­recht­lich eine Über­tra­gung der zu­vor dem Or­ganträger zu­zu­rech­nen­den Wirt­schaftsgüter se­hen könnte (. Denn selbst wenn man annähme, dass Ge­gen­stand des Ver­trags der Steu­er­pflich­ti­gen mit der Er­wer­be­rin eine Über­tra­gung der zu­vor dem Or­ganträger zu­zu­rech­nen­den Wirt­schaftsgüter wäre, würde die Er­wer­be­rin (ohne das Vor­lie­gen ei­ner Or­gan­schaft) das Pro­duk­ti­ons­un­ter­neh­men der Steu­er­pflich­ti­gen nicht fortführen. Die Fortführung würde durch einen Drit­ten (die B-GmbH) er­fol­gen.

Im Streit­fall hatte das FG dem­nach zu Un­recht un­geprüft ge­las­sen, ob zwi­schen der Er­wer­be­rin und der B-GmbH eine Or­gan­schaft be­steht. Auf­grund der Or­gan­schaft be­stand die un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­keit der Or­ganträge­rin nicht im Hal­ten der Be­tei­li­gung, son­dern in ei­ner ei­gen­un­ter­neh­me­ri­schen Tätig­keit (Her­stel­lung von Wa­ren). Des­halb steht auch die Recht­spre­chung, die Nicht-Or­gan­schafts-Fälle be­trifft, der An­nahme ei­ner Ge­schäfts­veräußerung im Falle ei­ner Or­gan­schaft nicht ent­ge­gen, wenn die Er­wer­be­rin diese Tätig­keit un­verändert fortführt.
 

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