deen

Rechtsberatung

FinmadiG & Co. - Zum Stand der kryptospezifischen Regulierung auf nationaler und EU-Ebene

Die kryp­to­spe­zi­fi­sche Re­gu­lie­rung auf na­tio­na­ler Ebene wie auf EU-Ebene schrei­tet wei­ter voran. Anläss­lich des am 23. Ok­to­ber 2023 veröff­ent­lich­ten Re­fe­ren­ten­ent­wurfs zum Fi­nanz­mark­di­gi­ta­li­sie­rungs­ge­setz wird nach­ste­hend der Stand der kryp­to­spe­zi­fi­schen Re­gu­lie­rung auf na­tio­na­ler und EU-Ebene erläutert.

I. Referentenentwurf zum FinmadiG

Ziel des Re­fe­ren­ten­ent­wurfs ist die Durchführung jüngs­ter kryp­to­spe­zi­fi­scher EU-Ver­ord­nun­gen so­wie die Um­set­zung ei­ner kryp­to­spe­zi­fi­schen EU-Richt­li­nie. Kon­kret han­delt es sich um die Mi­CAR (Mar­kets in Crypto As­sets Re­gu­la­tion (EU) 2023/1114), die durch die Trans­fer of Funds Re­gu­la­tion (EU) 2023/1113 no­vel­lierte Geld­trans­fer­ver­ord­nung so­wie die Ver­ord­nung (EU) 2022/2554, die zu­sam­men mit der Richt­li­nie (EU) 2022/2556) das DORA-Pa­ket (Di­gi­tal Ope­ra­tio­nal Re­si­li­ence Act) bil­det. Während die vor­ge­nann­ten Ver­ord­nun­gen im In­land un­mit­tel­bar gel­ten­des Recht sind, die durch das Fin­ma­diG le­dig­lich in die vor­han­dene Ge­setz­ge­bung ein­ge­passt wer­den müssen, um ter­mi­no­lo­gi­sche Ein­heit­lich­keit zu gewähr­leis­ten Wi­der­sprüche in Ver­weis­nor­men zu ver­hin­dern usw., be­darf die DORA-Richt­li­nie der vollständi­gen Um­set­zung in das na­tio­nale Recht. In­halt­lich han­delt es sich beim Fin­ma­diG im Ein­zel­nen um fol­gende wich­tige Neue­run­gen

1. DORA-Pa­ket

Durch das sog. DORA-Pa­ket soll die di­gi­tale ope­ra­tio­nale Re­si­li­enz bei Fi­nanz­un­ter­neh­men erhöht wer­den. Hin­ter­grund ist u.a. die Er­kennt­nis, dass ins­be­son­dere Cy­ber­an­griffe eine po­ten­zi­ell zu in­ter­na­tio­na­len Fi­nanz­kri­sen führende Ge­fahr für den Fi­nanz­sek­tor sind, ge­gen die es sich da­her zu rüsten gilt. Zu die­sem Zweck legt das DORA-Pa­ket EU-weit ein­heit­li­che An­for­de­run­gen an die Si­cher­heit von Netz­werk- und In­for­ma­ti­ons­sys­te­men fest, die die Ge­schäfts­pro­zesse von Fi­nanz­un­ter­neh­men un­terstützen sol­len. Durch das DORA-Pa­ket wer­den im We­sent­li­chen fol­gende Re­ge­lun­gen für Fi­nanz­un­ter­neh­men fest­ge­legt:

  • or­ga­ni­sa­to­ri­sche An­for­de­run­gen an die IT-Si­cher­heit, ein­schließlich den Um­gang mit IT-Aus­la­ge­run­gen,
  • Mel­de­pflich­ten von schwer­wie­gen­den Si­cher­heits­vorfällen und Aus­tausch von In­for­ma­tio­nen,
  • Tes­ten der di­gi­ta­len ope­ra­tio­na­len Re­si­li­enz durch Vor­ga­ben zur Durchführung si­mu­lier­ter An­griffe auf die In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie (IKT) aus­gewähl­ter Un­ter­neh­men, sog. Pe­ne­tra­ti­ons­tests,
  • Fol­gemaßnah­men für Fi­nanz­in­sti­tute im Nach­gang von Prüfun­gen bei kri­ti­schen IKT-Dritt­dienst­leis­tern.

Hin­weis: Die neuen Re­ge­lun­gen des DORA-Pa­kets gel­ten im Fall der Ver­ord­nung ab dem 17. Ja­nuar 2025 bzw. sind im Fall der Richt­li­nie bis zu die­sem Zeit­punkt in na­tio­na­les Recht um­zu­set­zen. Be­trof­fene Un­ter­neh­men sind gut be­ra­ten, die bis zur Gel­tung der neuen Vor­schrif­ten ver­blei­bende Zeit für die er­for­der­li­chen or­ga­ni­sa­to­ri­schen und tech­ni­schen An­pas­sun­gen zu nut­zen.

2. Ver­ord­nung Mar­kets in Crypto As­sets (Mi­CAR)

Die Mi­CAR schafft ein um­fas­sen­des Rah­men­werk für Primär- wie Se­kundärmärkte für Kryp­to­werte. Kern­re­ge­lungs­in­halte sind:

  • Zu­las­sungs­vor­be­halte für das öff­ent­li­che An­ge­bot be­stimm­ter Kryp­to­werte und Kryp­to­werte-Dienst­leis­tun­gen so­wie u.a. auf­sicht­li­che An­for­de­run­gen an die Or­ga­ni­sa­tion und Ge­schäftsführung,
  • Trans­pa­renz- und Of­fen­le­gungs­pflich­ten für das öff­ent­li­che An­ge­bot und die Zu­las­sung zum Han­del,
  • An­for­de­run­gen zum Schutz der In­ha­ber von Kryp­to­wer­ten und Kun­den der An­bie­ter von Kryp­to­werte-Dienst­leis­tun­gen,
  • An­for­de­run­gen an die Of­fen­le­gung von In­si­der­in­for­ma­tio­nen, Maßnah­men zur Ver­hin­de­rung von In­si­der­ge­schäften, un­rechtmäßiger Of­fen­le­gung von In­si­der­in­for­ma­tio­nen so­wie Markt­ma­ni­pu­la­tion im Zu­sam­men­hang mit Kryp­to­wer­ten.

Ne­ben den ver­ein­zel­ten An­pas­sun­gen des na­tio­na­len Rechts an die ma­te­ri­el­len Re­ge­lun­gen der Mi­CAR passt das Fin­ma­diG den der­zeit gel­ten­den for­ma­len na­tio­na­len Auf­sichts­rah­men für das Be­trei­ben bzw. Er­brin­gen von Bank- und Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen im Hin­blick auf Kryp­to­werte, ein­schließlich er­teil­ter Er­laub­nisse, nicht nur punk­tu­ell, son­dern um­fas­send in die Vor­ga­ben der Mi­CAR ein. Diese um­fas­sende Ein­pas­sung er­folgt durch ein neues Kryp­tomärk­teauf­sichts­ge­setz (KMAG), das der neuen Al­ter­na­ti­vität zwi­schen Fi­nanz­in­stru­men­ten im Sinne der Mi­FID II und Kryp­to­wer­ten im An­wen­dungs­be­reich der Mi­CAR Rech­nung trägt, ins­be­son­dere in­dem es die bis­he­ri­gen na­tio­na­len auf Kryp­to­werte be­zo­ge­nen Re­ge­lun­gen, na­ment­lich des KWG, un­ter An­pas­sung an die Be­son­der­hei­ten der Kryp­tomärkte in das KMAG überführt und ei­genständige Re­ge­lun­gen hin­sicht­lich der Be­fug­nisse der zuständi­gen Behörde so­wie zur Sank­tio­nie­rung von Verstößen ge­gen die Mi­CAR nor­miert.

Die Mi­CAR gilt zum großen Teil erst ab dem 30. De­zem­ber 2024; ihre auf vermögens­wert­re­fe­ren­zierte To­ken (As­set re­la­ted To­ken - ART) und E-Geld-To­ken (E-Mo­ney-To­ken - EMT) be­zo­ge­nen Vor­schrif­ten gel­ten be­reits ab dem 30. Juni 2024. Un­ter­neh­men, die die Emis­sion von der Mi­CAR un­ter­fal­len­den To­ken pla­nen, soll­ten sich auf die Gel­tung der Mi­CAR zu den vor­ge­nann­ten Zeit­punk­ten ein­rich­ten. Emit­ten­ten von ARTs soll­ten zu­dem die sei­tens der EBA (Eu­ro­pean Ban­king Aut­ho­rity) ein­ge­lei­tete und am 24. Ja­nuar 2024 en­dende Kon­sul­ta­tion zum Ent­wurf ih­rer Gui­de­lines on in­ter­nal go­ver­nance ar­ran­ge­ments for is­su­ers of ARTs un­der Mi­CAR im Blick ha­ben. In­sti­tute, die bis zum 30. De­zem­ber 2024 nach na­tio­na­lem Recht Bank­ge­schäfte und Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen in Be­zug auf der Mi­CAR un­ter­fal­lende Kryp­to­werte be­trei­ben bzw. er­brin­gen, pro­fi­tie­ren da­von, dass die Mi­CAR für sie eine Überg­angs­frist bis zum 1. Juli 2026 vor­sieht, bis zu der sie mit ih­rer gel­ten­den Er­laub­nis ihr Ge­schäft fort­set­zen können und par­al­lel die Möglich­keit ha­ben, die Zu­las­sung nach den neuen Vor­schrif­ten zu be­an­tra­gen.

3. No­vel­lie­rung der Geld­trans­fer­ver­ord­nung

Das Auf­kom­men von Kryp­to­wer­ten hat auch Fol­gen für die Re­gu­lie­run­gen zur Ver­mei­dung von Geldwäsche und Ter­ro­ris­mus­fi­nan­zie­rung. So rea­gierte die Fi­nan­cial Ac­tion Task Force (FATF) hier­auf jüngst mit Vor­ga­ben für An­bie­ter von Dienst­leis­tun­gen für vir­tu­elle Vermögens­werte, mit de­nen die Rück­ver­folg­bar­keit von Trans­fers vir­tu­el­ler Vermögens­werte er­leich­tert wer­den soll. Da­nach müssen An­bie­ter von Dienst­leis­tun­gen für vir­tu­elle Vermögens­werte bei Trans­fers vir­tu­el­ler Vermögens­werte An­ga­ben zu den Auf­trag­ge­bern und Begüns­tig­ten die­ser Trans­fers ein­ho­len, auf­be­wah­ren, an die Ge­gen­par­tei über­mit­teln und auf An­frage den zuständi­gen Behörden zur Verfügung stel­len. Diese Vor­ga­ben fin­den Ein­gang in die durch die Ver­ord­nung (EU) 2023/1113 neu­ge­fasste Geld­trans­fer­ver­ord­nung (EU) 2015/847. Zur Durchführung der neu­ge­fass­ten Ver­ord­nung sind An­pas­sun­gen im Geldwäsche­ge­setz (GwG) in Be­zug auf Kryp­to­werte-Trans­fers er­for­der­lich. Dazu gehört ins­be­son­dere die Fest­le­gung der Auf­sichts­zuständig­keit der Ba­Fin für die Über­wa­chung der Ein­hal­tung der Vor­ga­ben durch die An­bie­ter von Kryp­to­werte-Dienst­leis­tun­gen. Zu­dem macht es die Überführung der bis­he­ri­gen Re­gu­lie­rung vom KWG in das neue KMAG (siehe vor­ste­hend Zif­fer I.2.) er­for­der­lich, An­bie­ter von Kryp­to­werte-Dienst­leis­tun­gen im GwG als geldwäsche­recht­lich Ver­pflich­tete zu de­fi­nie­ren. Neu ge­fasst wird in die­sem Zu­sam­men­hang die mit dem 5. Geldwäsche-RL-UmsG in das KWG neu auf­ge­nom­mene Fi­nanz­dienst­leis­tung der Kryp­to­ver­wah­rung. Diese re­gelt fortan als qua­li­fi­zierte Kryp­to­ver­wah­rung die Ver­wah­rung und Si­che­rung der eben­falls neu de­fi­nier­ten kryp­to­gra­fi­schen In­stru­mente, die ih­rer­seits nach Aus­schluss von E-Geld, mo­netären Wer­ten, Kryp­to­wer­ten iSd Mi­CAR, Kryp­to­wert­pa­pie­ren iSd eWpG und Kryp­to­fonds­an­tei­len iSd Kryp­to­FAV als Restgröße des ur­sprüng­lich na­tio­na­len Kryp­to­wer­te­be­griffs ver­bleibt. Als geldwäsche­recht­lich Ver­pflich­tete neu de­fi­niert wer­den da­ne­ben Emit­ten­ten vermögens­wer­te­re­fe­ren­zier­ter To­ken, so­weit die Ab­wick­lung nicht aus­schließlich über einen An­bie­ter von Kryp­to­werte-Dienst­leis­tun­gen er­folgt. Ab Gel­tung der neu­ge­fass­ten Geld­trans­fer­ver­ord­nung tritt zu­gleich die bis­her gel­tende Kryp­to­wer­te­trans­fer­ver­ord­nung (Kryp­toW­Trans­ferV) außer Kraft.

Hin­weis: Die auf der no­vel­lier­ten Geld­trans­fer­ver­ord­nung be­ru­hen­den neuen Vor­ga­ben gel­ten ab dem 30. De­zem­ber 2024. Die als neue Ver­pflich­tete im GwG de­fi­nier­ten An­bie­ter von Kryp­to­werte-Dienst­leis­tun­gen so­wie Emit­ten­ten vermögens­re­fe­ren­zier­ter To­ken müssen ne­ben übri­gen für sie gel­ten­den neuen auf­sichts­recht­li­chen Vor­ga­ben so­mit zusätz­lich die Vor­ga­ben des GwG ein­hal­ten, was ins­be­son­dere die Ein­rich­tung ei­nes Geldwäsche­ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems be­inhal­tet.

II. Zum (weiteren) Stand der kryptospezifischen Regulierung

Ne­ben den durch das Fin­ma­diG er­fass­ten neuen kryp­to­spe­zi­fi­schen Re­ge­lun­gen ist das der­zei­tige Re­gime kryp­to­spe­zi­fi­scher Re­gu­lie­rung ins­be­son­dere durch die fol­gen­den wei­te­ren, eben­falls in jüngs­ter Zeit ver­ab­schie­de­ten Maßnah­men ge­kenn­zeich­net:

1. DLT Pi­lot Re­gime

Zu die­sen Maßnah­men gehört an ers­ter Stelle das so­ge­nannte DLT Pi­lot Re­gime, das wie das DORA-Pa­ket und die Mi­CAR in der be­reits im Jahr 2020 veröff­ent­lich­ten Stra­te­gie der EU-Kom­mis­sion für ein di­gi­ta­les Fi­nanz­we­sen in der EU so­wie in dem die­ser vor­an­ge­hen­den, im Jahr 2018 veröff­ent­lich­ten Fin­Tech Ak­ti­ons­plan der EU-Kom­mis­sion grund­ge­legt sind.

Mit dem in der Ver­ord­nung (EU) 2022/858 ge­re­gel­ten DLT Pi­lot Re­gime hat sich der EU-Ge­setz­ge­ber dazu ent­schie­den, für einen be­fris­te­ten Zeit­raum ein Test­um­feld (so­ge­nannte „Re­gu­latory Sand­bo­xes“) für DLT-ba­sierte Markt­in­fra­struk­tu­ren und de­ren Be­trei­ber an­zu­bie­ten.

Grund­le­gend hierfür ist die Er­kennt­nis,

  • ei­ner­seits, dass die exis­tie­ren­den Rechts­vor­schrif­ten für Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen die Dis­tri­bu­ted -Ledger-Tech­no­lo­gie (DLT) und Kryp­to­werte noch nicht berück­sich­ti­gen und Be­stim­mun­gen ent­hal­ten, die den Ein­satz der DLT bei Emis­sion, Han­del und Ab­wick­lung von als Fi­nanz­in­stru­mente gel­ten­den Kryp­to­wer­ten po­ten­zi­ell be­hin­dern, und dass es an zu­ge­las­se­nen Fi­nanz­markt­in­fra­struk­tu­ren man­gelt, die die DLT ver­wen­den, und
  • an­de­rer­seits, dass auf­grund der recht­li­chen, tech­no­lo­gi­schen Be­son­der­hei­ten der DLT auf­sichts­recht­li­che Lücken be­ste­hen.

Die Test­phase hat am 23. März 2023 be­gon­nen und beträgt drei Jahre. Ziel ist es, den Er­kennt­nis­ge­winn aus der Test­phase zu nut­zen, um ge­ge­be­nen­falls Rechts­vor­schrif­ten ein­zuführen, die den Ein­satz der DLT im Fi­nanz­sek­tor zu er­leich­tern.

Für die Zeit der Test­phase re­gelt das DLT Pi­lot Re­gime be­son­dere Be­din­gun­gen und Aus­nah­men im Hin­blick auf den Er­halt ei­ner Li­zenz und den Be­trieb ei­ner DLT-Markt­in­fra­struk­tur und de­fi­niert die han­del­ba­ren DLT-Fi­nanz­in­stru­mente. Hin­sicht­lich der DLT-Markt­in­fra­struk­tur­be­trei­ber dif­fe­ren­ziert die Ver­ord­nung zwi­schen dem je­weils DLT-ba­sier­ten mul­ti­la­te­ra­len Han­dels­sys­tem (Mul­ti­la­te­ral Tra­ding Fa­ci­lity - DLT-MTF), Ab­wick­lungs­sys­tem (Sett­le­ment Sys­tem - DLT-SS) und Han­dels- und Ab­wick­lungs­sys­tem (Tra­ding and Sett­le­ment Sys­tem - DLT-TSS). Be­trof­fen sind so­mit primär Wert­pa­pier­fir­men, Markt­be­trei­ber und Zen­tral­ver­wah­rer, die ent­spre­chende DLT-ba­sierte mul­ti­la­te­rale Han­dels­sys­teme oder Wert­pa­pier­ab­wick­lungs­sys­teme un­ter den er­leich­ter­ten Be­din­gun­gen des DLT Pi­lot Re­gimes be­trei­ben wol­len.

Hin­weis: Die er­leich­ter­ten Be­din­gun­gen des DLT Pi­lot Re­gimes bie­ten Markt­teil­neh­mern, die im DLT Markt­in­fra­struk­tur­be­reich Ge­schäft ma­chen wol­len, die Möglich­keit, frühzei­tig sich un­ter er­leich­ter­ten Be­din­gun­gen mit dem Zu­sam­men­spiel von Tech­nik und Re­gu­lie­rung ver­traut zu ma­chen und da­durch einen zeit­li­chen und ge­schäftsmäßigen Vor­sprung zu er­ar­bei­ten. Idea­li­ter können sie ihre ei­ge­nen Er­fah­run­gen in die wei­tere EU-Ge­setz­ge­bung ein­brin­gen, so dass die zukünf­tige Re­gu­lie­rung auf ihre Be­lange Rück­sicht nimmt. Wich­tig für diese Markt­teil­neh­mer wird dann sein, die ak­tu­elle Ent­wick­lung der Re­gu­lie­rung im Zu­sam­men­hang mit dem DLT Pi­lot Re­gime zu ver­fol­gen. Hierzu gehören u.a. auch die dies­bezüglich be­reits er­folg­ten Äußerun­gen der ESMA, de­ren Ak­tua­li­sie­rung ab­zu­se­hen ist.

2. Zu­kunfts­fi­nan­zie­rungs­ge­setz

Mit dem Re­gie­rungs­ent­wurf vom 16. Au­gust 2023 ei­nes Ge­set­zes zur Fi­nan­zie­rung von zu­kunfts­si­chern­den In­ves­ti­tio­nen (Zu­kunfts­fi­nan­zie­rungs­ge­setz - Zu­FinG) soll der An­pas­sungs­pro­zess der Wirt­schaft und Ge­sell­schaft auf die not­wen­di­gen Zu­kunfts­in­ves­ti­tio­nen in die Di­gi­ta­li­sie­rung und die kli­ma­schutz­ge­rechte Trans­for­ma­tion der Wirt­schaft un­terstützt wer­den. Der Ent­wurf ist breit an­ge­legt und sieht u.a. fol­gende ge­setz­li­che Ver­bes­se­run­gen vor:

  • Ab­sen­kung der Min­dest­ka­pi­ta­li­sie­rung beim Börsen­gang, An­pas­sung der Haf­tung von Crowd­ver­ant­wort­li­chen an das EU-Ni­veau,
  • Einführung von Mehr­stimm­rechts­ak­tien (dual class sha­res),
  • Einführung der Börsen­man­tel­ak­ti­en­ge­sell­schaft (BMAG) nach dem Vor­bild der SPACs,
  • Einführung der elek­tro­ni­schen Ak­tie,
  • Ermögli­chung der Aus­son­de­rung in der In­sol­venz des Kryp­to­werte ver­wah­ren­den In­sti­tuts,
  • Einführung ei­ner Be­reichs­aus­nahme für AGB bei er­laub­nis­pflich­ti­gen Ge­schäften zwi­schen Un­ter­neh­men des Fi­nanz­mark­tes,
  • Ermögli­chung der In­ves­ti­tion in Grundstücke, auf de­nen sich aus­schließlich An­la­gen für er­neu­er­bare En­er­gien be­fin­den und de­ren Be­trieb,
  • Ein­rich­tung ei­ner Ver­gleichs­web­seite für Zah­lungs­kon­ten(ent­gelte),
  • Steu­er­recht­li­che Ver­bes­se­run­gen im Zu­sam­men­hang mit Mit­ar­bei­ter­ka­pi­tal­be­tei­li­gun­gen, Wag­nis­ka­pi­tal­fonds und An­reize zum Vermögens­auf­bau.

Hin­weis: Be­son­ders zu begrüßen ist die In­itia­tive zur Einführung elek­tro­ni­scher Ak­tien, da im Zu­sam­men­hang mit der Einführung des eWpG (dazu un­ten Zif­fer II.3.) bis­her nur elek­tro­ni­sche In­ha­ber­schuld­ver­schrei­bun­gen und elek­tro­ni­sche Fonds­an­teile in Form des Son­der­vermögens möglich sind. Mit der elek­tro­ni­schen Ak­tie, die als Na­mens- wie als In­ha­ber­ak­tie struk­tu­riert wer­den können, wird ne­ben als Ei­gen­ka­pi­tal struk­tu­rier­ba­ren Ge­nuss­schei­nen nun­mehr auch Ei­gen­ka­pi­tal in Ge­sell­schafts­form ermöglicht. Zu be­ach­ten ist al­ler­dings, dass nur die Na­mens­ak­tie als Kryp­to­wert­pa­pier auf der Block­chain be­ge­ben wer­den kann.

Ebenso begrüßen­swert ist die Aus­wei­tung der In­vest­mentmöglich­kei­ten für of­fene Im­mo­bi­li­en­fonds, zukünf­tig auch in Grundstücke mit An­la­gen für Er­neu­er­bare En­er­gien in­ves­tie­ren und diese so­gar be­trei­ben zu dürfen. Grundsätz­lich ist es Im­mo­bi­li­en­fonds nicht möglich, Be­trei­be­rim­mo­bi­lien selbst zu führen. Al­ler­dings be­darf der Ent­wurf in die­ser Hin­sicht noch der ver­bands­sei­tig vor­ge­schla­ge­nen ergänzen­den An­pas­sun­gen im In­vest­ment­steu­er­recht ei­ner­seits und der Aus­wei­tung auf pra­xisübli­che Er­werbs- und Hal­te­struk­tu­ren, was die bis­her nicht vor­ge­se­hene Er­werb­bar­keit von Be­tei­li­gun­gen an In­fra­struk­tur-Pro­jekt­ge­sell­schaf­ten vor­aus­setzt.

3. Ge­setz zur Einführung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere

Mit dem Ge­setz zur Einführung von elek­tro­ni­schen Wert­pa­pie­ren vom 3. Juni 2021, ergänzt durch die Ver­ord­nung über An­for­de­run­gen an elek­tro­ni­sche Wert­pa­pier­re­gis­ter (eW­pRV), wird das um­ge­setzt, was be­reits in der Block­chain­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung und in dem Eck­punk­te­pa­pier von BMF und BMJV für die re­gu­la­to­ri­sche Be­hand­lung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere und Kryp­to­to­ken, beide je­weils aus dem Jahr 2019, an­ge­dacht wurde, und zwar die Einführung ei­nes elek­tro­ni­schen Wert­pa­piers. Mit ihr soll die At­trak­ti­vität des Fi­nanz­plat­zes Deutsch­land ver­bes­sert und mit an­de­ren Ländern, die be­reits elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere ken­nen, gleich­ge­zo­gen wer­den. Zu­gleich wird mit dem Ge­setz dem Um­stand Rech­nung ge­tra­gen, dass die - be­reits sei­ner­zeit mögli­che - Be­ge­bung von (di­gi­ta­len) Wert­pa­pie­ren sui ge­ne­ris in Form von To­ken (di­gi­tale und nicht ver­briefte Wert­pa­piere, die keine elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere sind) un­ter der Schwäche lei­det, zi­vil­recht­lich man­gels Ver­brie­fung nicht als Wert­pa­pier zu qua­li­fi­zie­ren und da­mit kei­nen Gut­glau­bens­schutz zu ge­nießen bzw. nicht ka­pi­tal­marktfähig zu sein. Diese Schwäche, die bei den (di­gi­ta­len) Wert­pa­pie­ren sui ge­ne­ris nur be­dingt durch be­son­dere ver­trag­li­che Kon­struk­tio­nen aus­ge­gli­chen wer­den können, haf­tet dem durch das Ge­setz über elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere (eWpG) ein­geführ­ten elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier nicht an.

Das eWpG ermöglicht die Be­ge­bung von Schuld­ver­schrei­bun­gen als elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere. Durch eine Ergänzung im Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­setz­buch und Ver­weis auf die ent­spre­chende An­wen­dung des eWpG so­wie nach­fol­gen­den Er­lass der Ver­ord­nung über Kryp­to­fonds­an­teile (Kryp­to­FAV) wurde gleich­zei­tig die Be­ge­bung elek­tro­ni­scher Fonds­an­teile, al­ler­dings be­schränkt auf An­teile an Son­der­vermögen, ein­geführt. Wie oben aus­geführt (Zif­fer II.2.) wird durch das Zu­kunfts­fi­nan­zie­rungs­ge­setz die Möglich­keit der Be­ge­bung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere aus­ge­wei­tet auf die Be­ge­bung elek­tro­ni­scher Ak­tien.

Elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere nach dem eWpG wer­den durch Ein­tra­gung in einem elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ter (Zen­tral­re­gis­ter oder Kryp­to­wert­pa­pier­re­gis­ter) be­ge­ben. Die Re­gis­ter­ein­tra­gung ge­nießt Gut­glau­bens­schutz und er­setzt da­mit die Ver­brie­fung. Die prak­ti­schen Vor­teile der Be­ge­bung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere - ebenso wie der Be­ge­bung di­gi­ta­ler Wert­pa­piere sui ge­ne­ris in Form von To­ken - lie­gen ins­be­son­dere in den durch den Weg­fall des Clea­rings und Sett­le­ments ge­rin­ge­ren Wert­pa­pier­ab­wick­lungs­kos­ten, der dank Smart Con­tract mögli­chen 7/24-Han­del­bar­keit und der Er­schließung neuer In­ves­to­ren­kreise.

Hin­weis: Seit In­kraft­tre­ten des eWpG sind be­reits zahl­rei­che elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere be­ge­ben wor­den. Der große Durch­bruch steht aber noch aus. Die breite Masse an mit­telständi­schen Un­ter­neh­men und an­dere Ka­pi­tal­su­chen­den sind noch zu we­nig mit der neu­ar­ti­gen Be­ge­bungs­form und de­ren Vor­tei­len ver­traut. Al­ler­dings muss sich auch der Se­kundärmarkt noch ent­wi­ckeln, wozu das oben (Zif­fer II.1.) erläuterte DLT Pi­lot Re­gime bei­tra­gen soll.

Schlussbemerkung

Die Re­ge­lun­gen des Fin­ma­diG, ebenso wie die darin adres­sier­ten Re­ge­lun­gen des DORA-Pa­kets, der Mi­CAR und der no­vel­lier­ten Geld­trans­fer­ver­ord­nung, er­wei­tern das in den letz­ten Jah­ren schnell ge­wach­sene kryp­to­spe­zi­fi­sche Re­gu­lie­rungs­re­gime, zu dem die vor­ste­hend un­ter Zif­fer II. erläuter­ten wei­te­ren in jüngs­ter Zeit er­las­se­nen na­tio­na­len und EU-Re­ge­lun­gen zählen. Bei al­len vor­ge­nann­ten Re­ge­lun­gen han­delt es sich nur um einen Zwi­schen­stand, da be­reits jetzt steht fest, dass noch wei­tere kryp­to­spe­zi­fi­sche Har­mo­ni­sie­rungs-Re­gu­lie­rung auf EU-Ebene an­ge­sichts der wei­ter­hin vor­han­de­nen na­tio­na­len Un­ter­schiede er­for­der­lich ist. Po­si­tiv dürfte sich hier ge­ge­be­nen­falls aus­wir­ken, dass Deutsch­land mit sei­nen na­tio­na­len kryp­to­spe­zi­fi­schen Re­ge­lun­gen durch­aus eine Vor­rei­ter­rolle ein­nimmt, die für zukünf­tige EU-Re­gu­lie­rung als Ori­en­tie­rung die­nen kann.

nach oben