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Bilanzierung von Zertifikaten nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz

Überblick über die CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme

Um die Ziele des Kli­ma­schutz­pa­kets 2030 zu er­rei­chen, ver­ab­schie­dete der Bun­des­tag das Brenn­stoffe­mis­si­ons­han­dels­ge­setz (BEHG) und re­gelte da­mit eine CO2-Be­prei­sung für die Sek­to­ren Ver­kehr und Wärme (sog. No­nETS-Sek­tor) ab dem Jahr 2021.

Das am 20.12.2019 in Kraft ge­tre­tene Brenn­stoffe­mis­si­ons­han­dels­ge­setz (BEHG) ver­pflich­tet dem­nach sog. In­ver­kehr­brin­ger be­stimm­ter Brenn­stoffe, wie bspw. Erd­gas, Emis­si­ons­zer­ti­fi­kate (nEH-Zer­ti­fi­kate) je Tonne CO2 zu er­wer­ben (§ 2 Abs 1 BEHG i. V. m. An­lage 1 und 2).

Als In­ver­kehr­brin­ger gel­ten natürli­che oder ju­ris­ti­sche Per­so­nen oder Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten, die als En­er­gie­steu­er­schuld­ner i. S. d. En­er­gie­steu­er­ge­set­zes gel­ten (§ 2 Abs. 2 BEHG). Für die Jahre 2021 bis 2025 (Einführungs­phase) wer­den die Emis­si­ons­zer­ti­fi­kate zu einem jähr­lich stei­gen­den Fest­preis aus­ge­ge­ben (als Ver­kaufs­platt­form wurde die EEX durch die Deut­sche Emis­si­ons­han­dels­stelle (DEHST) aus dem Ge­schäfts­be­reich des Um­welt­bun­des­am­tes be­auf­tragt). Ab dem Jahr 2026 wird die Preis­fin­dung durch einen Börsen­preis im Rah­men ei­nes fest­ge­leg­ten Preis­kor­ri­dors statt­fin­den (§ 10 Abs. 2 BEHG). Vor­aus­sicht­lich wird ab dem Jahr 2027 eine freie Preis­bil­dung am Markt er­fol­gen, so­fern nicht bis 2025 von der Bun­des­re­gie­rung ent­schie­den wird, für die Jahre ab 2027 er­neut einen Preis­kor­ri­dor ein­zuführen (§ 23 BEHG).

In­ver­kehr­brin­ger sind ver­pflich­tet bei der DEHST ein Com­pli­ance-Konto und ein Han­dels­konto im na­tio­na­len Emis­si­ons­han­dels­re­gis­ter (nEHS-Re­gis­ter) für den Ab­wick­lungs­pro­zess zu eröff­nen und ab Ok­to­ber 2021 Emis­si­ons­zer­ti­fi­kate mit der Jah­res­ken­nung 2021 für die er­war­te­ten Emis­sio­nen 2021 zu er­wer­ben. Bis 31.07.2022 sind die tatsäch­li­chen Brenn­stoffe­mis­sio­nen im nEHS-Re­gis­ter zu mel­den und ein Emis­si­ons­be­richt ein­zu­rei­chen. Bis 30.09.2022 sind dann Emis­si­ons­zer­ti­fi­kate in der An­zahl an die DEHST ab­zu­ge­ben, die der nach § 7 BEHG be­rich­te­ten Ge­samt­menge an Brenn­stoffe­mis­sio­nen ent­spricht.

So­fern die er­wor­be­nen Zer­ti­fi­kate zur Kom­pen­sa­tion nicht aus­rei­chen, be­steht die Möglich­keit im Rah­men der Nachkauf­re­gel bis 30.09.2022 Zer­ti­fi­kate an der EEX zu er­wer­ben. Die Nachkauf­re­gel be­schränkt den Er­werb für Zer­ti­fi­kate mit der Vor­jah­res­ken­nung auf ma­xi­mal 10 % des Sal­dos, der sich bis zum 31.12.2021 auf dem Com­pli­ance-Konto des In­ver­kehr­brin­gers be­fin­det. Grundsätz­lich be­steht die Möglich­keit, Zer­ti­fi­kate mit ak­tu­el­ler Jah­res­ken­nung für die Erfüllung der Vor­jah­res­kom­pen­sa­tion zu ver­wen­den. Un­abhängig da­von können Zer­ti­fi­kate außerbörs­lich auf dem sich eta­blie­ren­den Se­kundärmärkt er­wor­ben wer­den. Bis 31.12.2022 sind die Zer­ti­fi­kate für die Emis­sio­nen des Jah­res 2022 mit ent­spre­chen­der Jah­res­ken­nung zu er­wer­ben.

Bilanzielle Behandlung der Emissionszertifikate

Mit der IDW Stel­lung­nahme zur Rech­nungs­le­gung: Bi­lan­zie­rung von Emis­si­ons­be­rech­ti­gun­gen nach HGB (IDW RS HFA 15) (Stand: 1.3.2006) wurde die Bi­lan­zie­rung of­fi­zi­el­ler Zer­ti­fik­at­typ­ten be­reits im Jahr 2006 ge­re­gelt. Die Bi­lan­zie­rung der nEH-Zer­ti­fi­kate dürfte sich wei­test­ge­hend nach den Grundsätzen des IDW RS HFA 15 Tz. 5 rich­ten.

Aktivierungsfähigkeit

Nicht zu­letzt durch die mögli­che selbständige Ver­wert­bar­keit der Zer­ti­fi­kate am Primär- und Se­kundärmärkt sind die Vor­aus­set­zun­gen für das Vor­lie­gen ei­nes Vermögens­ge­gen­stan­des nach § 246 Abs. 1 HGB erfüllt (IDW RS HFA 15 Tz. 4). Auch wenn die Preise grundsätz­lich am Primärmarkt vor­erst fi­xiert sind und dort als Han­dels­part­ner nur die EEX zur Verfügung steht, ist un­ter der An­nahme ei­ner Ent­wick­lung ei­nes Se­kundärmark­tes grundsätz­lich von ei­ner selbständi­gen Ver­wert­bar­keit aus­zu­ge­hen. Da kein Bi­lan­zie­rungs­ver­bot vor­liegt, ist zu­dem die kon­krete Ak­ti­vie­rungsfähig­keit ge­ge­ben.

Ausweis in der Bilanz

Die nEH-Zer­ti­fi­kate gehören zu den im­ma­te­ri­el­len Vermögens­ge­genständen. Da die Zer­ti­fi­kate von den In­ver­kehr­brin­gern benötigt wer­den, um die ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen nach dem BEHG auf­grund der im Rah­men der Pro­duk­tion benötig­ten Brenn­stoffe zu erfüllen, sind diese wie Ver­brauchsgüter zu be­han­deln und dem Um­lauf­vermögen zu­zu­ord­nen. Ein Aus­weis un­ter den Vorräten scheint da­her sach­ge­recht zu sein. Im Falle we­sent­li­cher An­schaf­fungs­kos­ten ist ein ge­son­der­ter Aus­weis nach § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB möglich.

So­fern die nEH-Zer­ti­fi­kate zu Han­dels­zwe­cken ge­hal­ten wer­den, oder ein Über­be­stand vor­liegt, sind diese dem Bi­lanz­pos­ten Sons­tige Vermögens­ge­genstände zu­zu­ord­nen (IDW RS HFA Tz. 5).

Bewertung

Ent­gelt­lich er­wor­bene nEH-Zer­ti­fi­kate sind gemäß § 255 Abs. 1 HGB mit den An­schaf­fungs­kos­ten so­wie et­wai­gen An­schaf­fungs­ne­ben­kos­ten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB an­zu­set­zen. Als An­schaf­fungs­ne­ben­kos­ten kann bspw. das Trans­ak­ti­ons­ent­gelt an der EEX in Höhe von 0,0049 Euro (netto) an­ge­se­hen wer­den, wel­ches pro er­wor­be­nem Zer­ti­fi­kat anfällt. Die Fol­ge­be­wer­tung rich­tet sich im Um­lauf­vermögen nach dem stren­gen Nie­derst­wert­prin­zip.

Bilanzielle Behandlung der Rückgabe- bzw. Ausgleichsverpflichtung

Auf­grund der Ver­pflich­tung nach § 8 und § 2 Abs. 2 BEHG i. V. m. § 38 Abs. 1 En­er­gieStG muss der In­ver­kehr­brin­ger für die ab dem 1.1.2021 ge­lie­fer­ten Brenn­stoff­men­gen der dem BEHG un­ter­lie­gen­den Er­zeug­nisse jähr­lich zum 30.9. des Fol­ge­jah­res eine ent­spre­chende An­zahl von Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­ten an das Um­welt­bun­des­amt ab­ge­ben. Der In­ver­kehr­brin­ger (En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men bzw. Gas­lie­fe­rant) muss die­ser Ver­pflich­tung zur Ab­gabe von Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­ten durch die Do­tie­rung ei­ner Rück­stel­lung für un­ge­wisse Ver­bind­lich­kei­ten nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB Rech­nung tra­gen.

Die Be­wer­tung der Rück­stel­lung rich­tet sich nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB. Der Wert­an­satz er­gibt sich durch Mul­ti­pli­ka­tion der in Ver­kehr ge­brach­ten Ge­samt­menge an Brenn­stoffe­mis­sio­nen (ent­spre­chend dem Emis­si­ons­be­richt) mit dem Preis für die ab­zu­ge­bende Menge. I.d.R. wer­den zur Rück­lie­fe­rung die Zer­ti­fi­kate des Vor­rats­be­stands ver­wen­det. So­fern diese zur De­ckung der CO2-Emis­sio­nen nicht aus­rei­chen, sind bei der Rück­stel­lungs­be­wer­tung zusätz­li­che Zer­ti­fi­kate mit dem Zeit­wert (Markt­preise am Se­kundärmarkt) zu berück­sich­ti­gen (IDW RS HFA 15 Tz. 18).

In der Einführungs­phase von 2021 bis 2025 können un­ter dem As­pekt des Vor­sichts­prin­zips als Preise die fi­xier­ten Preis­vor­ga­ben der DEHST zu­grunde ge­legt wer­den. Nach der Einführungs­phase stel­len die An­schaf­fungs­kos­ten den Mul­ti­pli­ka­tor dar. Markt­ent­wick­lun­gen sind dann je­doch nur für den An­teil zu berück­sich­ti­gen, für die noch keine Zer­ti­fi­kate vor­han­den sind.

Die Bil­dung ei­ner Be­wer­tungs­ein­heit kann, so­fern sich die Einlöse­ver­pflich­tung auf der Pas­siv­seite und die Bestände auf der Ak­tiv­seite auf die glei­chen CO2-Men­gen be­zie­hen und die Grundsätze der IDW Stel­lung­nahme zur Rech­nungs­le­gung: Be­son­der­hei­ten der Bi­lan­zie­rung von En­er­gie­be­schaf­fungs- und En­er­gie­ab­satz­verträgen in han­dels­recht­li­chen Ab­schlüssen von En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men (IDW RS ÖFA 3) (Stand: 24.08.2015) in Be­tracht ge­zo­gen wer­den, vor­ge­nom­men wer­den.

Die Do­tie­rung der Rück­stel­lung sollte ent­spre­chend dem Aus­weis der ge­hal­te­nen Zer­ti­fi­kate un­ter den Vorräten bei An­wen­dung des Ge­samt­kos­ten­ver­fah­rens im Ma­te­ri­al­auf­wand er­fol­gen. Eine Ab­set­zung als Erlösschmäle­rung von den Um­sat­zerlösen als mit dem Um­satz ver­bun­dene Steuer nach § 277 Abs. 1 HGB schei­det da­durch aus, weil es sich nicht um eine Steuer han­delt. Das Un­ter­neh­men leis­tet keine Zah­lung in Form von Geld, wie es § 3 Abs. 1 AO für eine Steuer for­dert, son­dern muss Emis­si­ons­zer­ti­fi­kate er­wer­ben, um diese an das Um­welt­bun­des­amt ab­zu­ge­ben.

Hin­weis: Der En­er­gie­fach­aus­schus­ses des IDW (EFA) hält eine ana­loge An­wen­dung des § 277 Abs. 1 HGB nicht für sach­ge­recht, weil zwar die Ent­ste­hung der CO2-Ab­gabe/Steuer wie die Strom­steuer oder die En­er­gie­steuer mit dem Zeit­punkt der han­dels­recht­li­chen Um­satz­rea­li­sie­rung zu­sam­menhängt, aber das Un­ter­neh­men die Emis­si­ons­zer­ti­fi­kate am Markt noch er­wer­ben muss, d.h. es un­ter­liegt hin­sicht­lich des zu leis­ten­den Markt­prei­ses einem ei­ge­nen Be­schaf­fungs­ri­siko.

Angaben in Anhang und Lagebericht

Im An­hang sind die Bi­lan­zie­rungs- und Be­wer­tungs­me­tho­den der nEH-Zer­tiif­kate so­wie der Rück­stel­lungs­ver­pflich­tung nach § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB an­zu­ge­ben. So­fern sich we­sent­li­che Chan­cen oder Ri­si­ken für das Un­ter­neh­men aus dem BEHG er­ge­ben, sind diese gemäß § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB im La­ge­be­richt zu be­ur­tei­len und zu erläutern.

Hin­weis: Ver­ti­kal in­te­grierte En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men im Kon­zern­ver­bund soll­ten den Kreis der Ver­ant­wort­li­chen bzw. In­ver­kehr­brin­ger nach dem BEHG überprüfen. Teil­weise können auch Netz­be­trei­ber im Zu­sam­men­hang mit der Mehr-/Min­der­men­gen­ab­rech­nung als Erd­gas­lie­fe­rer über eine Zol­ler­laub­nis nach § 38 Abs. 3 En­er­gieStG verfügen und da­her im An­wen­dungs­be­reich des BEHG sein. Zu­dem könn­ten Un­ter­neh­men im Ver­bund­be­reich auch durch die Ver­ein­ba­rung von tech­ni­schen Be­triebsführungs­verträgen als In­ver­kehr­brin­ger zu qua­li­fi­zie­ren sein. Diese un­er­kann­ten Ver­sor­ger können nach § 38 Abs. 5 En­er­gieStG bei Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen eine Ent­las­tung hin­sicht­lich der vom Vor­lie­fe­ran­ten aus­ge­wie­se­nen En­er­gie­steuer beim Haupt­zoll­amt gel­tend ma­chen.

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