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BGH zur Auslegung der AGB bzgl. eines "Aktionsbonus" in einem Stromlieferungsvertrag

Urteile des BGH vom 17. April 2013 - VIII ZR 225/12 und VIII ZR 246/12
Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat sich am 17.04.2013 in zwei Ent­schei­dun­gen mit der Aus­le­gung ei­ner All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gung in Strom­lie­fe­rungs­verträgen be­fasst, nach der einem Neu­kun­den bei ei­ner be­stimm­ten Ver­trags­dauer ein ein­ma­li­ger Bo­nus gewährt wird.
In den zu ent­schei­den­den Ver­fah­ren strei­ten die Par­teien darüber, ob die Be­klagte – eine Strom­lie­fe­ran­tin – ver­pflich­tet ist, den Klägern die­sen so­ge­nann­ten "Ak­ti­ons­bo­nus" zu zah­len. Den Strom­lie­fe­rungs­verträgen lag fol­gende All­ge­meine Ge­schäfts­be­din­gung zu­grunde:
"Wenn Sie als Neu­kunde einen Ver­trag mit [der Be­klag­ten] schließen, gewährt Ih­nen [die Be­klagte] einen ein­ma­li­gen Bo­nus. Die­ser wird nach 12 Mo­na­ten Be­lie­fe­rungs­zeit fällig und spätes­tens mit der ers­ten Jah­res­rech­nung ver­rech­net. Neu­kunde ist, wer in den letz­ten 6 Mo­na­ten vor Ver­trags­schluss in sei­nem Haus­halt nicht von [der Be­klag­ten] be­lie­fert wurde. Der Bo­nus entfällt bei Kündi­gung in­ner­halb des ers­ten Be­lie­fe­rungs­jah­res, es sei denn die Kündi­gung wird erst nach Ab­lauf des ers­ten Be­lie­fe­rungs­jah­res wirk­sam."
Die Kläger kündig­ten die Verträge je­weils zum Ab­lauf des ers­ten Be­lie­fe­rungs­jah­res. Die Be­klagte berück­sich­tigte den Bo­nus in den Schluss­rech­nun­gen nicht. Die Be­ru­fungs­ge­richte ha­ben die Kla­gen auf Zah­lung des Bo­nus ab­ge­wie­sen.
Die von den Be­ru­fungs­ge­rich­ten zu­ge­las­se­nen Re­vi­sio­nen der Kläger hat­ten Er­folg. Der un­ter an­de­rem für das Kauf­recht zuständige VIII. Zi­vil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat ent­schie­den, dass die Klau­sel in der hier maßgeb­li­chen Fas­sung für einen ju­ris­ti­sch nicht vor­ge­bil­de­ten Kun­den ohne wei­te­res da­hin ver­stan­den wer­den kann, dass ein An­spruch auf den Bo­nus be­reits dann be­steht, wenn der Ver­trag - wie hier - min­des­tens ein Jahr be­stan­den hat. Die Klau­sel ist des­halb nach § 305c Abs. 2 BGB* in die­sem Sinne aus­zu­le­gen.
*§ 305c BGB: Über­ra­schende und mehr­deu­tige Klau­seln … (2) Zwei­fel bei der Aus­le­gung All­ge­mei­ner Ge­schäfts­be­din­gun­gen ge­hen zu Las­ten des Ver­wen­ders. Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des BGH Nr. 71/2013 vom 17.04.2013
19.04.2013 nach oben

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