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BGH zum Ausgleichsanspruch des Ausfallbürgen gegen den Regelbürgen

Urteil des BGH vom 20.3.2012 - XI ZR 234/11

Aus­fallbürge und Re­gelbürge sind nach ein­hel­li­ger Auf­fas­sung in Recht­spre­chung und Schrift­tum keine Mitbürgen i.S.v. § 769 BGB. Im Fall, dass der im Verhält­nis zum Re­gelbürgen nur sub­sidiär haf­tende Aus­fallbürge den Gläubi­ger der Haupt­for­de­rung be­frie­digt, steht ihm ein in­ter­ner Aus­gleichs­an­spruch ge­gen den Re­gelbürgen zu, der selbständig ne­ben die kraft Ge­set­zes mit der Haupt­for­de­rung auf den Aus­fallbürgen über­ge­hende Bürg­schafts­for­de­rung ge­gen den Re­gelbürgen tritt.

Der Sach­ver­halt:
Die Spar­kasse hatte der Ehe­frau des Be­klag­ten im De­zem­ber 1979 ein Exis­tenzgründungs-Dar­le­hen über 105.000 DM gewährt, für das der Be­klagte sich selbst­schuld­ne­ri­sch verbürgte. Da­ne­ben über­nahm eine Rechts­vorgänge­rin der kla­gen­den Bank eine Aus­fallbürg­schaft bis zum Höchst­be­trag von 80.000 DM. Im Jahre 1981 kündigte die Spar­kasse den Dar­le­hens­ver­trag we­gen Zah­lungsrück­stands und nahm die Kläge­rin aus der Aus­fallbürg­schaft in An­spruch. Von ei­ner In­an­spruch­nahme des Be­klag­ten sah sie sei­ner­zeit we­gen des­sen Zah­lungs­unfähig­keit ab.

Die Kläge­rin über­wies der Spar­kasse einen Be­trag von 78.000 DM als Ab­schlags­zah­lung auf den vor­aus­sicht­lich ein­tre­ten­den Kre­dit­aus­fall. Durch rechtskräfti­ges Ur­teil des AG aus dem Jahr 1993 wurde der Be­klagte, der im März 1985 seine Vermögens­lo­sig­keit erklärt hatte, auf­grund ei­ner Teil­klage ver­ur­teilt, ge­samt­schuld­ne­ri­sch mit sei­ner ehe­frau 6.000 DM an die Kläge­rin zu zah­len.

Mit der vor­lie­gen­den Klage nahm die Kläge­rin den Be­klag­ten er­neut aus des­sen selbst­schuld­ne­ri­scher Bürg­schaft in An­spruch, wo­bei sie ihre Re­gress­for­de­rung un­ter Berück­sich­ti­gung der Er­geb­nisse aus der Ver­wer­tung an­der­wei­ti­ger Si­cher­hei­ten so­wie sons­ti­ger Zah­lun­gen, u.a. der Ur­teils­summe aus dem vor­ge­nann­ten amts­ge­richt­li­chen Ur­teil, zu­letzt mit 30.763 € be­zif­ferte. Das LG gab der Klage wei­test­ge­hend statt; das OLG wies sie auf­grund von Verjährung ab.

Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die von der Kläge­rin gel­tend ge­machte Re­gress­for­de­rung ist nicht verjährt.

Zwar war das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Be­klagte sei­ner In­an­spruch­nahme aus der auf die Kläge­rin über­ge­gan­ge­nen Bürg­schafts­for­de­rung aus der selbst­schuld­ne­ri­schen Bürg­schaft die Ein­rede der Verjährung der Haupt­for­de­rung ent­ge­gen­hal­ten konnte. Al­ler­dings hatte sich das OLG al­lein mit der auf die Kläge­rin über­ge­gan­ge­nen Dar­le­hens­for­de­rung der Spar­kasse als der Haupt­schuld und der in­so­weit be­ste­hen­den Bürg­schafts­ver­pflich­tung des Be­klag­ten, nicht aber mit dem Aus­gleichs­verhält­nis der Par­teien als Bürgen un­ter­ein­an­der be­fasst. Aus die­sem Rechts­verhält­nis stand der Kläge­rin nämlich ein ei­genständi­ger, vom Be­ru­fungs­ge­richt außer Acht ge­las­se­ner Rück­griffs­an­spruch ge­gen den Be­klag­ten ent­spre­chend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB zu, der nicht verjährt ist.

Aus­fallbürge und Re­gelbürge sind nach ein­hel­li­ger Auf­fas­sung in Recht­spre­chung und Schrift­tum keine Mitbürgen i.S.v. § 769 BGB. Im Ge­gen­satz zur gewöhn­li­chen Bürg­schaft ist der Aus­fallbürge nicht auf die Ein­rede der Vor­aus­klage an­ge­wie­sen. Seine Haf­tung ist viel­mehr schon we­sensmäßig sub­sidiär und stellt im All­ge­mei­nen das Ge­gen­teil der selbst­schuld­ne­ri­schen Bürg­schaft dar. Die im Verhält­nis zum Re­gelbürgen be­ste­hende Sub­si­dia­rität der Ein­tritts­pflicht des Aus­fallbürgen schließt gleich­wohl einen in­ter­nen Aus­gleichs­an­spruch des Aus­fall- ge­genüber dem Re­gelbürgen ent­spre­chend der Rechts­lage un­ter Mitbürgen nicht aus. Denn an­dern­falls würde die bei der Aus­fallbürg­schaft be­ab­sich­tigte Pri­vi­le­gie­rung des Aus­fallbürgen ge­ra­dezu in ihr Ge­gen­teil ver­kehrt.

Die Aus­fallbürg­schaft soll nicht den Re­gelbürgen, der für den dem Haupt­schuld­ner gewähr­ten Kre­dit oh­ne­hin stets ein­zu­ste­hen hat, begüns­ti­gen, son­dern viel­mehr den Kre­dit­ge­ber ge­gen das Ri­siko der Leis­tungs-unfähig­keit des vor­ran­gig haf­ten­den Re­gelbürgen ab­si­chern. Wollte man an­ge­sichts des­sen dem Aus­fallbürgen den ei­genständi­gen Aus­gleichs­an­spruch ent­spre­chend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB ge­gen den Re­gelbürgen ver­sa­gen, würde dies zu dem sach­wid­ri­gen Er­geb­nis führen, dass der - im Verhält­nis zum Re­gelbürgen ge­rade pri­vi­le­gierte - Aus­fallbürge hin­sicht­lich sei­ner Re­gressmöglich­kei­ten schlech­ter stünde als der Re­gelbürge. In­fol­ge­des­sen griff die vom Be­klag­ten er­ho­bene Verjährungs­ein­rede nicht durch. Hin­sicht­lich die­ses Re­gress­an­spruchs konnte schon des­halb nicht gem. § 195 BGB n.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB mit Ab­lauf des 31.12.2004 Verjährung ein­tre­ten, weil er be­reits zu­vor rechtshängig ge­wor­den war.

Link­hin­weis:
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