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BGH: Preisfestsetzung durch Vermieter nach billigem Ermessen ist nicht zwangsläufig rechtswidrig

Urteil des BGH vom 9.5.2012 - XII ZR 79/10

Ist in einem ge­werb­li­chen Miet­ver­trag eine Klau­sel ent­hal­ten, die dem Ver­mie­ter ein Leis­tungs­be­stim­mungs­recht da­hin­ge­hend einräumt, bei ei­ner Ände­rung der ortsübli­chen oder an­ge­mes­se­nen Miete den vom Mie­ter zusätz­lich oder we­ni­ger zu zah­len­den Be­trag nach bil­li­gem Er­mes­sen (§ 315 BGB) fest­zu­set­zen, so hält dies der In­halts­kon­trolle gem. § 307 Abs. 1 BGB stand. Eine sol­che Klau­sel bie­tet dem Ver­mie­ter ge­rade nicht die Möglich­keit, sei­nen Ge­winn ein­sei­tig zu Las­ten des Mie­ters zu vergrößern.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte im Jahr 1998 mit der Be­klag­ten - einem Se­gel­ver­ein - einen ge­werb­li­chen Miet­ver­trag ab­ge­schlos­sen, der die Zah­lung ei­nes "Nut­zungs­ent­gel­tes" für die Nut­zung ei­ner Stegan­lage, ei­ner Slip­an­lage so­wie ei­ner Was­serfläche an ei­ner Bun­des­was­ser­straße, de­ren Ei­gentüme­rin die Kläge­rin ist, vor­sah. Die Höhe des jähr­lich zu zah­len­den Nut­zungs­ent­gelts be­trug an­fangs 2.099 DM. Das Ver­trags­verhält­nis sollte am 31.12.2002 en­den und sich dann je­weils um ein Jahr verlängern. Eine Klau­sel räumte dem Ver­mie­ter zu­dem ein Leis­tungs­be­stim­mungs­recht da­hin­ge­hend ein, bei ei­ner Ände­rung der ortsübli­chen oder an­ge­mes­se­nen Miete den vom Mie­ter zusätz­lich oder we­ni­ger zu zah­len­den Be­trag nach bil­li­gem Er­mes­sen (§ 315 BGB) fest­zu­set­zen.

Nach ei­ner ers­ten Ent­gel­tan­pas­sung zum 1.1.1999, setzte die Kläge­rin zum 1.1.2002 das jähr­li­che Nut­zungs­ent­gelt auf 1.639 € fest, was der Be­klagte auch ak­zep­tierte. Mit Schrei­ben vom 14.10.2002 ver­langte die Kläge­rin von dem Be­klag­ten zum 1.1.2005 zunächst eine wei­tere Ent­gel­tan­pas­sung auf 3.197 €, die nach Ver­hand­lun­gen der Par­teien von der Kläge­rin auf jähr­lich 2.049 € re­du­ziert wurde. Der Be­klagte zahlte in den Jah­ren 2005, 2006 und 2007 je­doch nur den Be­trag, den die Kläge­rin mit der Erhöhung zum 1.1.2002 ver­langt hatte. Die Kläge­rin machte mit der Klage das nicht ge­zahlte Nut­zungs­ent­gelt von ins­ge­samt rund 1.229 € gel­tend.

AG und LG wie­sen die Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Die Gründe:
Un­zu­tref­fend war das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass der Be­klagte durch die Re­ge­lung zur An­pas­sung des Nut­zungs­ent­gelts un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt wurde und die Klau­sel da­her gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB un­wirk­sam sei.

Die Par­teien hat­ten zur Wert­si­che­rung der Miete einen sog. Leis­tungs­vor­be­halt zu­guns­ten der Kläge­rin ver­ein­bart. Eine sol­che Wert­si­che­rungs­klau­sel un­terfällt gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Ge­set­zes über das Ver­bot der Ver­wen­dung von Preis­klau­seln bei der Be­stim­mung von Geld­schul­den vom 7.9.2007 zwar nicht dem Preis­klau­sel­ver­bot des § 1 Abs. 1 PrKG. Ist die Leis­tungs­vor­be­halts­klau­sel je­doch - wie hier - in vor­for­mu­lier­ten Ver­trags­be­din­gun­gen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB ent­hal­ten, un­ter­liegt sie ei­ner Überprüfung am Maßstab des § 307 BGB.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts wurde die Klau­sel nicht da­durch in­trans­pa­rent, dass das Recht der Kläge­rin zu ei­ner An­pas­sung der Miete da­von abhängig ge­macht wurde, dass das ge­zahlte Nut­zungs­ent­gelt "noch ortsüblich oder sonst an­ge­mes­sen" ist. Rechts­feh­ler­haft war zu­dem die Auf­fas­sung, die Miet­an­pas­sungs­klau­sel ver­stoße des­halb ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot, weil sich aus ihr der Maßstab für die neu fest­zu­set­zende Miete nicht klar er­gebe. Der Kläge­rin wurde schließlich durch die Be­zug­nahme auf § 315 BGB bei der An­pas­sung der Miete ein Er­mes­sen­spiel­raum ein­geräumt, der durch den Be­griff der Bil­lig­keit be­grenzt wird. Nach BGH-Recht­spre­chung ent­spricht eine ein­sei­tige Preis­be­stim­mung in der Re­gel dann der Bil­lig­keit i.S.v. § 315 Abs. 1 BGB, wenn das ver­langte Ent­gelt im Rah­men des Marktübli­chen liegt und dem ent­spricht, was re­gelmäßig als Preis für eine ver­gleich­bare Leis­tung ver­langt wird.

Die Miet­an­pas­sungs­klau­sel hielt zu­letzt auch ei­ner In­halts­kon­trolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand. Durch die Klau­sel wurde si­cher­ge­stellt, dass die Be­klagte als Mie­te­rin nur mit ei­ner Verände­rung der Miete rech­nen mus­ste, die der all­ge­mei­nen Preis­ent­wick­lung bei den Be­zugsgrößen ent­sprach. Zu­dem sah die Klau­sel auch die Möglich­keit ei­ner Her­ab­set­zung der Miete vor und berück­sich­tigte da­mit nicht nur ein­sei­tig die In­ter­es­sen der Kläge­rin an ei­ner Miet­preis­erhöhung, son­dern auch die In­ter­es­sen des Mie­ters an ei­ner Her­ab­set­zung der Miete, wenn es auf­grund der all­ge­mei­nen Markt­ent­wick­lung oder in­folge sons­ti­ger Umstände zu einem Ab­sin­ken der Miet­preise ge­kom­men war. In­fol­ge­des­sen bot die Klau­sel dem Ver­mie­ter nicht die Möglich­keit, sei­nen Ge­winn ein­sei­tig zu Las­ten des Mie­ters zu vergrößern.

Link­hin­weis:
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