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BGH legt dem Gerichtshof der Europäischen Union Frage zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des "Framing" vor

Beschluss des BGH vom 16. Mai 2013 - I ZR 46/12
Der u.a. für das Ur­he­ber­recht zuständige I. Zi­vil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat dem Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Union die Frage vor­ge­legt, ob der Be­trei­ber ei­ner In­ter­net­seite eine Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung be­geht, wenn er ur­he­ber­recht­lich ge­schützte In­halte, die auf an­de­ren In­ter­net­sei­ten öff­ent­lich zugäng­lich sind, im Wege des "Framing" in seine ei­gene In­ter­net­seite ein­bin­det.
Die Kläge­rin, die Was­ser­fil­ter­sys­teme her­stellt und ver­treibt, ließ zu Wer­be­zwe­cken einen etwa zwei Mi­nu­ten lan­gen Film mit dem Ti­tel "Die Rea­lität" her­stel­len, der sich mit der Was­ser­ver­schmut­zung be­fasst. Sie ist In­ha­be­rin der aus­schließli­chen Nut­zungs­rechte an die­sem Film. Der Film war - nach dem Vor­brin­gen der Kläge­rin ohne ihre Zu­stim­mung - auf der Vi­deo­platt­form "YouTube" ab­ruf­bar.
Die bei­den Be­klag­ten sind als selbständige Han­dels­ver­tre­ter für ein mit der Kläge­rin im Wett­be­werb ste­hen­des Un­ter­neh­men tätig. Sie un­ter­hal­ten je­weils ei­gene In­ter­net­sei­ten, auf de­nen sie für die von ih­nen ver­trie­be­nen Pro­dukte wer­ben. Im Som­mer 2010 ermöglich­ten sie den Be­su­chern ih­rer In­ter­net­sei­ten, das von der Kläge­rin in Auf­trag ge­ge­bene Vi­deo im Wege des "Framing" ab­zu­ru­fen. Bei einem Klick auf einen elek­tro­ni­schen Ver­weis wurde der Film vom Ser­ver der Vi­deo­platt­form "YouTube" ab­ge­ru­fen und in einem auf den Web­sei­ten der Be­klag­ten er­schei­nen­den Rah­men ("Frame") ab­ge­spielt.
Die Kläge­rin ist der Auf­fas­sung, die Be­klag­ten hätten das Vi­deo da­mit un­be­rech­tigt im Sinne des § 19a UrhG öff­ent­lich zugäng­lich ge­macht. Sie hat die Be­klag­ten da­her auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz in An­spruch ge­nom­men.
Das Land­ge­richt hat die Be­klag­ten an­trags­gemäß zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Höhe von je 1.000 € an die Kläge­rin ver­ur­teilt. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Klage ab­ge­wie­sen. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­sion be­gehrt die Kläge­rin die Wie­der­her­stel­lung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils.
Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zwar - so der Bun­des­ge­richts­hof - mit Recht an­ge­nom­men, dass die bloße Verknüpfung ei­nes auf ei­ner frem­den In­ter­net­seite be­reit­ge­hal­te­nen Wer­kes mit der ei­ge­nen In­ter­net­seite im Wege des "Framing" grundsätz­lich kein öff­ent­li­ches Zugäng­lich­ma­chen im Sinne des § 19a UrhG dar­stellt, weil al­lein der In­ha­ber der frem­den In­ter­net­seite darüber ent­schei­det, ob das auf sei­ner In­ter­net­seite be­reit­ge­hal­tene Werk der Öff­ent­lich­keit zugäng­lich bleibt. Eine sol­che Verknüpfung könnte je­doch bei ei­ner im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/29/EG zur Har­mo­ni­sie­rung be­stimm­ter As­pekte des Ur­he­ber­rechts und der ver­wand­ten Schutz­rechte in der In­for­ma­ti­ons­ge­sell­schaft ge­bo­te­nen richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung des § 15 Abs. 2 UrhG ein un­be­nann­tes Ver­wer­tungs­recht der öff­ent­li­chen Wie­der­gabe ver­let­zen. Der Bun­des­ge­richts­hof hat dem Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Union da­her die - auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs nicht zwei­fels­frei zu be­ant­wor­tende - Frage vor­ge­legt, ob bei der hier in Rede ste­hen­den Ein­bet­tung ei­nes auf ei­ner frem­den In­ter­net­seite öff­ent­lich zugäng­lich ge­mach­ten frem­den Wer­kes in eine ei­gene In­ter­net­seite eine öff­ent­li­che Wie­der­gabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/29/EG vor­liegt. § 15 UrhG (2) Der Ur­he­ber hat fer­ner das aus­schließli­che Recht, sein Werk in unkörper­li­cher Form öff­ent­lich wie­der­zu­ge­ben (Recht der öff­ent­li­chen Wie­der­gabe). Das Recht der öff­ent­li­chen Wie­der­gabe um­fasst ins­be­son­dere 1. … 2. das Recht der öff­ent­li­chen Zugäng­lich­ma­chung (§ 19a), § 19a UrhG Das Recht der öff­ent­li­chen Zugäng­lich­ma­chung ist das Recht, das Werk draht­ge­bun­den oder draht­los der Öff­ent­lich­keit in ei­ner Weise zugäng­lich zu ma­chen, dass es Mit­glie­dern der Öff­ent­lich­keit von Or­ten und zu Zei­ten ih­rer Wahl zugäng­lich ist. Ar­ti­kel 3 der Richt­li­nie 2001/29/EG (1) Die Mit­glied­staa­ten se­hen vor, dass den Ur­he­bern das aus­schließli­che Recht zu­steht, die draht­ge­bun­dene oder draht­lose öff­ent­li­che Wie­der­gabe ih­rer Werke ein­schließlich der öff­ent­li­chen Zugäng­lich­ma­chung der Werke in der Weise, dass sie Mit­glie­dern der Öff­ent­lich­keit von Or­ten und zu Zei­ten ih­rer Wahl zugäng­lich sind, zu er­lau­ben oder zu ver­bie­ten. Quelle: Pres­se­mit­tei­lung des BGH Nr. 90/2013 vom 16.05.2013
17.05.2013 nach oben

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