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BFH zur Verjährung des Zinsanspruchs bei zurückgeforderter Ausfuhrerstattung

Urteil des BFH vom 11.12.2012 - VII R 61/10

In Fällen - zu Un­recht gewähr­ter - zurück­ge­for­der­ter Aus­fuh­rer­stat­tung für vor dem 1.4.1995 aus­geführte Er­zeug­nisse (hier: le­bende Rin­der) rich­tet sich die Verjährung des da­zu­gehöri­gen Zins­an­spruchs des HZA nach den bis zum 31.12.2001 gülti­gen Verjährungs­vor­schrif­ten des BGB in ana­lo­ger An­wen­dung. Der An­spruch auf Rück­zah­lung ist rück­wir­kend ab dem Zeit­punkt der Er­stat­tungs­gewährung zu ver­zin­sen, wo­bei der Zeit­punkt auch für den Be­ginn des Laufs der Verjährungs­frist für den Zins­an­spruch maßge­bend ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte im Jahr 1991 le­bende Rin­der un­ter In­an­spruch­nahme von Aus­fuh­rer­stat­tung aus­geführt, die das HZA am 11.2.1998 zurück­for­derte. Mit Zins­be­scheid aus No­vem­ber 2002 setzte das HZA Zin­sen auf den Rück­for­de­rungs­be­trag fest, die es später noch her­ab­setzte. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage we­gen Verjährung des Zins­an­spru­ches statt. Mit sei­ner Re­vi­sion hat sich das HZA den im FG-Ur­teil an­ge­spro­che­nen Be­den­ken bezüglich der An­wend­bar­keit der Verjährungs­vor­schrif­ten der VO Nr. 2988/95 des Ra­tes vom 18.12.1995 über den Schutz der fi­nan­zi­el­len In­ter­es­sen der EG auf Zins­an­sprüche an­ge­schlos­sen und auf ein Rechts­fra­gen des Streit­falls be­tref­fen­des, an den EuGH ge­rich­te­tes Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen des BVerwG ver­wie­sen (Be­schl. v. 21.10.2010,  3 C 3.10).

In je­nem Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren hat der EuGH mit Ur­teil vom 29.3.2012 (C-564/10 - Pfei­fer & Lan­gen) die er­ste Vor­la­ge­frage des BVerwG wie folgt be­ant­wor­tet:

"Art. 3 der Ver­ord­nung (EG, Eu­ra­tom) Nr. 2988/95 des Ra­tes vom 18.12.1995 über den Schutz der fi­nan­zi­el­len In­ter­es­sen der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die dort vor­ge­se­hene Verjährungs­frist für die im An­spruch auf Er­stat­tung ei­nes rechts­wid­rig aus dem Uni­ons­haus­halt er­lang­ten Vor­teils be­ste­hende Haupt­for­de­rung nicht für die Er­stat­tung der in­folge die­ser For­de­rung an­ge­fal­le­nen Zin­sen gilt, wenn diese nicht nach Uni­ons­recht ge­schul­det sind, son­dern al­lein nach na­tio­na­lem Recht."

Die Re­vi­sion vor dem BFH war teil­weise er­folg­reich.

Die Gründe:
Die Verjährungs­vor­schrif­ten des Art. 3 VO Nr. 2988/95 fan­den auf den Zins­an­spruch des HZA keine An­wen­dung.

Art. 3 VO Nr. 2988/95 gilt im Fall der Rück­for­de­rung rechts­wid­rig aus dem Uni­ons­haus­halt er­lang­ter Vor­teile nicht für die auf den Rück­zah­lungs­an­spruch be­rech­ne­ten Zin­sen, falls diese nicht nach Uni­ons­recht, son­dern nach na­tio­na­lem Recht ge­schul­det sind. So ver­hielt es sich im Streit­fall. Für die Gewährung von Aus­fuh­rer­stat­tun­gen für - wie im Streit­fall - Aus­fuh­ren des Jah­res 1991 galt die VO Nr. 3665/87, die zunächst keine Re­ge­lung be­tref­fend die Wie­der­ein­zie­hung rechts­wid­rig gewähr­ter Er­stat­tun­gen ent­hielt. Eine sol­che Rück­for­de­rungs­vor­schrift zzgl. ei­ner sek­tor­be­zo­ge­nen uni­ons­recht­li­chen Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten, auf zu Un­recht gewährte und des­halb zurück­zu­for­dernde Aus­fuh­rer­stat­tun­gen Zin­sen zu er­he­ben, wurde erst­mals mit der Neu­fas­sung des Art. 11 VO Nr. 3665/87 durch die Ver­ord­nung Nr. 2945/94 zur Ände­rung der Ver­ord­nung 3665/87 in das Aus­fuh­rer­stat­tungs­recht auf­ge­nom­men. Nach Art. 2 VO Nr. 2945/94 ist die VO Nr. 3665/87 in der Fas­sung die­ser Ände­rung auf ab dem 1.4.1995 an­ge­mel­dete Aus­fuh­ren an­zu­wen­den und gal da­her nicht für die Aus­fuh­ren des Streit­falls.

Da sich im deut­schen Recht keine spe­zi­elle, die Verjährung markt­ord­nungs­recht­li­cher Rück­zah­lungs- bzw. ent­spre­chen­der Zins­an­sprüche be­tref­fende Vor­schrift fin­det, war die Frage der Verjährung der strei­ti­gen Zins­for­de­rung in ent­spre­chen­der An­wen­dung der bis zum 31.12.2001 gülti­gen Verjährungs­vor­schrif­ten des BGB a.F. zu be­ant­wor­ten. Da­nach war der über­wie­gende Teil der Zins­for­de­run­gen des HZA verjährt.

Der An­spruch auf Rück­zah­lung zu Un­recht gewähr­ter Aus­fuh­rer­stat­tung ist rück­wir­kend ab dem Zeit­punkt der Er­stat­tungs­gewährung zu ver­zin­sen. Die­ser Zeit­punkt ist auch für den Be­ginn des Laufs der Verjährungs­frist für den Zins­an­spruch maßge­bend. Der er­ken­nende Se­nat schließt sich hier­bei der Rechts­auf­fas­sung des BVerwG an. Die vom bürger­li­chen Recht ab­wei­chende Aus­le­gung des Be­griffs der "Ent­ste­hung" ei­nes An­spruchs im öff­ent­li­chen Recht mit der Folge, im Fall ei­ner rück­wir­ken­den An­spruchs­ent­ste­hung auch den rück­wir­ken­den Be­ginn der Verjährung für möglich zu hal­ten, er­scheint ins­be­son­dere ge­recht­fer­tigt, weil es sonst al­lein in der Hand der Behörde läge, durch die Wahl des Zeit­punkts des Be­schei­der­las­ses den Zeit­punkt der "Ent­ste­hung" ih­res An­spruchs und da­mit den Be­ginn des Laufs der Verjährungs­frist zu be­stim­men.

Die für die Zins­for­de­run­gen des HZA (ab ih­rer Ent­ste­hung im vor­ge­nann­ten Sinn) lau­fende vierjährige Verjährungs­frist wurde nicht gem. § 53 Abs. 1 S. 1 VwVfG in der bis zum 31.12.2001 gel­ten­den Fas­sung durch den Er­lass des Rück­for­de­rungs­be­scheids vom 11.2.1998 un­ter­bro­chen. Nach die­ser Vor­schrift un­ter­bra­chen nur zur Durch­set­zung des An­spruchs ei­nes öff­ent­lich-recht­li­chen Recht­strägers er­las­sene Ver­wal­tungs­akte die Verjährung die­ses An­spruchs. Der Rück­for­de­rungs­be­scheid vom 11.2.1998 diente in­des al­lein der Durch­set­zung des Rück­zah­lungs­an­spruchs des HZA, nicht aber des Zins­an­spruchs. Daran änderte auch der am Ende die­ses Be­scheids ge­ge­bene Hin­weis auf die ge­setz­li­che Ver­zin­sungs­re­ge­lung des § 14 Abs. 1 MOG nichts.

Link­hin­weis:
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