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Steuerberatung

Arbeitslohn durch verbilligte Überlassung von GmbH-Anteilen

BFH 15.3.2018, VI R 8/16

Der ver­bil­ligte Er­werb ei­ner GmbH-Be­tei­li­gung durch einen lei­ten­den Ar­beit­neh­mer des Ar­beit­ge­bers kann auch dann zu Ar­beits­lohn führen, wenn nicht der Ar­beit­ge­ber selbst, son­dern ein Ge­sell­schaf­ter des Ar­beit­ge­bers die Be­tei­li­gung veräußert. In der­ar­ti­gen Fällen han­delt es sich in der Re­gel nicht um eine Veräußerung im gewöhn­li­chen Ge­schäfts­ver­kehr, da ein Ein­fluss des Ar­beits­verhält­nis­ses auf die Ver­kaufs­mo­da­litäten je­den­falls nahe liegt. Eine Ab­lei­tung des ge­mei­nen Werts aus Verkäufen kommt in die­sem Fall re­gelmäßig nicht in Be­tracht.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war im Streit­jahr zum einen als Pro­ku­rist bei der in Deutsch­land ansässi­gen X-GmbH an­ge­stellt. Zum an­de­ren war er für eine in Öster­reich ansässige hun­dert­pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft der X-GmbH als Ge­schäftsführer tätig. Im Rah­men ei­ner bei der X-GmbH durch­geführ­ten Lohn­steuer-Außenprüfung kam das Fi­nanz­amt zu dem Er­geb­nis, dass der Kauf­preis, den der Kläger für eine von ihm er­wor­bene Be­tei­li­gung an der X-GmbH ge­zahlt hatte (27.000 DM), nicht dem tatsäch­li­chen Wert der Be­tei­li­gung ent­spro­chen habe und die Dif­fe­renz vor dem Hin­ter­grund, dass der Veräußerer Haupt­ge­sell­schaf­ter der X-GmbH war, als Ar­beits­lohn i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu qua­li­fi­zie­ren sei.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Auch bei der Zu­wen­dung ei­nes Drit­ten ist Ar­beits­lohn an­zu­neh­men, wenn sie ein Ent­gelt "für" eine Leis­tung bil­det, die der Ar­beit­neh­mer im Rah­men des Dienst­verhält­nis­ses für sei­nen Ar­beit­ge­ber er­bringt, er­bracht hat oder er­brin­gen soll. Im Streit­fall war dem Kläger der Er­werb von (ge­ringfügi­gen) Be­tei­li­gun­gen an der GmbH ermöglicht wor­den, um ihn zu einem wei­te­ren En­ga­ge­ment für das Un­ter­neh­men zu mo­ti­vie­ren und ihn an die­ses zu bin­den. Der als Ar­beits­lohn zu er­fas­sende geld­werte Vor­teil be­stand da­bei nicht in der über­tra­ge­nen Be­tei­li­gung selbst, son­dern in der Ver­bil­li­gung, dem Preis­nach­lass. Die Sa­che war gleich­wohl an das FG zurück­zu­ver­wei­sen, da die Be­wer­tung des geld­wer­ten Vor­teils durch das FG nicht frei von Rechts­feh­lern war. Denn die sei­tens des Klägers er­wor­bene Be­tei­li­gung an der X-GmbH war eine Vermögens­be­tei­li­gung i.S.v. § 19a Abs. 3 Nr. 8 i.V.m. Abs. 3a S. 3 EStG. Als Wert der Vermögens­be­tei­li­gung ist da­her der ge­meine Wert an­zu­set­zen. Vermögens­be­tei­li­gun­gen i.S.d. § 19a Abs. 3 Nr. 8 EStG sind da­bei gem. § 19a Abs. 8 S. 8 EStG mit dem Wert an­zu­set­zen, der vor dem Tag der Über­las­sung, d.h. des Zu­flus­ses der Vermögens­be­tei­li­gung fest­zu­stel­len ist oder war.

§ 11 Abs. 2 S. 2 BewG sieht vor, dass der ge­meine Wert ei­ner Be­tei­li­gung i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 1 BewG, mit­hin u.a. ei­ner GmbH-Be­tei­li­gung, in ers­ter Li­nie aus Verkäufen ab­zu­lei­ten ist, die we­ni­ger als ein Jahr zurück­lie­gen. Ist dies nicht möglich, so ist er gem. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG un­ter Berück­sich­ti­gung des Vermögens und der Er­trags­aus­sich­ten der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zu schätzen. Die Er­mitt­lung des ge­mei­nen Werts auf­grund von Verkäufen hat Vor­rang vor der Schätzung. Der Sinn und Zweck des § 11 Abs. 2 S. 2 BewG be­steht darin, die­ses Rang­verhält­nis der bei­den Me­tho­den der Er­mitt­lung des ge­mei­nen Werts i.S.d. Vor­rangs der Ab­lei­tung des ge­mei­nen Werts aus der Wert­bestäti­gung am Markt zu re­geln. Die Wert­ablei­tung aus Verkäufen setzt nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG je­doch vor­aus, dass Verkäufe vor­lie­gen, die we­ni­ger als ein Jahr vor dem Be­wer­tungs­stich­tag er­folgt sind. Dies war im Streit­fall der 29.4.2000, da die Über­tra­gung des Ge­schäfts­an­teils mit Ab­lauf des 30.4.2000 er­folgte. Ver­ein­barte Verfügungs­be­schränkun­gen oder Rücküber­tra­gungs­an­sprüche ste­hen dem Zu­fluss nicht ent­ge­gen.

Maßge­bend für die Be­stim­mung des ge­mei­nen Werts von An­tei­len an Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten ist der Preis, der bei ei­ner Veräußerung im gewöhn­li­chen Ge­schäfts­ver­kehr (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG) tatsäch­lich er­zielt wurde. Han­delt es sich um Be­tei­li­gungs­verkäufe des Ar­beit­ge­bers oder ei­ner die­sem na­he­ste­hen­den Per­son an Ar­beit­neh­mer, spricht je­doch schon die­ser Um­stand für die Ver­mu­tung, dass ein sol­cher Ver­kauf in der Re­gel nicht un­ter den Be­din­gun­gen des gewöhn­li­chen Ge­schäfts­ver­kehrs nach den markt­wirt­schaft­li­chen Grundsätzen von An­ge­bot und Nach­frage un­ter Her­an­zie­hung ob­jek­ti­vier­ter Wertmaßstäbe er­folgt, son­dern viel­mehr (auch) we­sent­lich durch das Ar­beits­verhält­nis ver­an­lasst ist. Diese Re­gel­ver­mu­tung sah der BFH im Streit­fall durch die Fest­stel­lun­gen des FG bestätigt.

Da sich der ge­meine Wert des strei­ti­gen Ge­schäfts­an­teils da­mit aus­nahms­weise nicht aus den zeit­na­hen Verkäufen ab­lei­ten ließ, war er un­ter Berück­sich­ti­gung des Vermögens und der Er­trags­aus­sich­ten der X-GmbH zu schätzen. In­so­weit kommt im Streit­fall eine Schätzung nach dem Stutt­gar­ter Ver­fah­ren al­ler­dings nicht in Be­tracht. Viel­mehr hat die Schätzung gem. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG un­ter Berück­sich­ti­gung der Er­trags­aus­sich­ten und auch des Vermögens zu er­fol­gen; eine Schätzung, die aus­schließlich am Er­trag aus­ge­rich­tet ist, schei­det mit­hin von vorn­her­ein als nicht mit dem Ge­setz ver­ein­bar aus. Das FG hat in­so­weit im zwei­ten Rechts­gang eine die­sen An­for­de­run­gen ent­spre­chende Schätzung des ge­mei­nen Werts nach­zu­ho­len. Sollte ihm für eine An­teils­be­wer­tung nach bürger­lich-recht­li­chen Be­wer­tungs­grundsätzen die er­for­der­li­che Sach­kunde feh­len, wird es ein ent­spre­chen­des Sach­verständi­gen­gut­ach­ten ein­zu­ho­len ha­ben.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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