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Steuerberatung

Sachzuwendungen: Aufwendungen für Inanspruchnahme einer Eventagentur

BFH v. 15.10.2020 - VI R 13/18

Wird die Höhe des dem Ar­beit­neh­mer zu­ge­flos­se­nen Sach­be­zugs (hier: die Teil­nahme an ei­ner (be­trieb­li­chen) Ver­an­stal­tung) im Wege ei­ner Schätzung an­hand der Kos­ten des Ar­beit­ge­bers be­stimmt, sind in die Schätzungs­grund­lage nur sol­che Kos­ten des Ar­beit­ge­bers ein­zu­be­zie­hen, die ge­eig­net sind, beim Ar­beit­neh­mer einen geld­wer­ten Vor­teil aus­zulösen. Die Auf­wen­dun­gen für einen Event­ma­na­ger sind nicht zu berück­sich­ti­gen. In die Be­mes­sungs­grund­lage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG sind dem­ge­genüber alle der Zu­wen­dung di­rekt zu­zu­ord­nen­den Auf­wen­dun­gen (Ein­zel­kos­ten) ein­zu­be­zie­hen, un­ge­ach­tet, ob sie beim Zu­wen­dungs­empfänger einen Vor­teil begründen können.

Der Sach­ver­halt:
Auf der Grund­lage ei­nes Rah­men­ver­trags zwi­schen der Kläge­rin und der T-GmbH or­ga­ni­sierte diese während der Wo­chen­en­den für aus­gewählte Kun­den und Ar­beit­neh­mer der Kläge­rin sog. "Busi­ness Ver­an­stal­tun­gen". Da­bei hat­ten die Teil­neh­mer u.a. Zu­gang zu ei­ner be­son­de­ren Lounge, aus der sie das Er­eig­nis ver­fol­gen konn­ten. Nach den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen der Kläge­rin und der T-GmbH über­nahm diese als sog. "Lead-Agen­tur" im Rah­men ei­ner Ge­samt­be­treu­ung ver­schie­dene or­ga­ni­sa­to­ri­sche Tätig­kei­ten für die Kläge­rin.

Die Kläge­rin zahlte an die T-GmbH im Streit­zeit­raum für de­ren Leis­tun­gen 71.400 € ein­schließlich Um­satz­steuer. Sie berück­sich­tigte diese Zah­lung aber nicht im Rah­men ih­rer Lohn­steuer-An­mel­dun­gen als Ar­beits­lohn oder als Zu­wen­dung gem. § 37b EStG. Das Fi­nanz­amt ver­trat hin­ge­gen die Auf­fas­sung, die Agen­tur­leis­tun­gen der T-GmbH seien in Be­zug auf die Kun­den der Kläge­rin nach § 37b Abs. 1 EStG und hin­sicht­lich der Ar­beit­neh­mer gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG zu ver­steu­ern.

Die Kläge­rin un­ter­hielt zu­dem als eine Mo­ti­va­ti­ons­platt­form für ihre Ar­beit­neh­mer den "Fan­club M". Der Fan­club bot den Ar­beit­neh­mern die Möglich­keit, ge­mein­sam an or­ga­ni­sier­ten Spor­tak­ti­vitäten, ins­be­son­dere in den Sport­ar­ten Fußball, Lau­fen und Rad­fah­ren, teil­zu­neh­men. Es wur­den u.a. Fußball­tur­niere zwi­schen Mit­ar­bei­ter­mann­schaf­ten der Kläge­rin or­ga­ni­siert, Startplätze für Brei­ten­sport­ver­an­stal­tun­gen zur Verfügung ge­stellt und die Ar­beit­neh­mer bei der Or­ga­ni­sa­tion von lo­ka­len Spor­tak­ti­vitäten und Sport­treffs un­terstützt. Das Fi­nanz­amt war der Auf­fas­sung, die Kläge­rin habe die Agen­tur­leis­tun­gen gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 EStG zu ver­steu­ern.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage teil­weise statt.

Die Gründe:
Bei der kos­ten­lo­sen Teil­nahme an den sog. "Busi­ness Ver­an­stal­tun­gen" im Rah­men der Wo­chen­en­den und an den Ver­an­stal­tun­gen des Fan­clubs han­delt es sich um sons­tige, nicht in Geld be­ste­hende (Sach-)Bezüge (§§ 8 Abs. 2 Satz 1, 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Die teil­neh­men­den Ar­beit­neh­mer der Kläge­rin er­hiel­ten hier­durch in Gel­des­wert be­ste­hende Vor­teile, die ih­nen nicht lau­fend gewährt wur­den. Diese Vor­teile wa­ren auch durch das Dienst­verhält­nis ver­an­lasst. Die kos­ten­lose Teil­nahme an den je­wei­li­gen Ver­an­stal­tun­gen stand im wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­hang mit dem Dienst­verhält­nis zur Kläge­rin und stellte für die Ar­beit­neh­mer eine Frucht ih­rer Ar­beits­leis­tung dar. Es be­stand auch kein ganz über­wie­gend ei­gen­be­trieb­li­ches In­ter­esse der Kläge­rin. Das In­ter­esse der Ar­beit­neh­mer an der kos­ten­lo­sen Teil­nahme an den Wo­chen­en­den und an den Ver­an­stal­tun­gen des Fan­clubs trat ge­genüber den von der Kläge­rin mit den je­wei­li­gen Zu­wen­dun­gen ver­folg­ten ei­gen­be­trieb­li­chen In­ter­es­sen nicht na­hezu vollständig in den Hin­ter­grund.

Die Be­wer­tung der geld­wer­ten Vor­teile, die die Kläge­rin ih­ren Ar­beit­neh­mern durch die kos­ten­lose Teil­nahme an den "Busi­ness Ver­an­stal­tun­gen" im Rah­men der Wo­chen­en­den und an den Ver­an­stal­tun­gen des Fan­clubs zu­wandte, rich­tet sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei der Ab­lei­tung des übli­chen End­prei­ses an­hand der Kos­ten des Ar­beit­ge­bers han­delt es sich um eine Schätzung des nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu be­wer­ten­den Vor­teils. Es ist des­halb kon­se­quent, bei der Schätzung des Werts die­ses Vor­teils nur sol­che Kos­ten ein­zu­be­zie­hen, die ge­eig­net sind, eine ob­jek­tive Be­rei­che­rung der Ar­beit­neh­mer zu be­wir­ken. Die Auf­wen­dun­gen des Ar­beit­ge­bers für eine Ver­an­stal­tung können un­ter die­sem Ge­sichts­punkt nicht als Ein­heit an­ge­se­hen wer­den. Die Zu­sam­men­fas­sung der vom Ar­beit­ge­ber anläss­lich ei­ner Ver­an­stal­tung gewähr­ten Leis­tun­gen zu ei­ner Ge­samt­zu­wen­dung kann zwar den Umständen des Ein­zel­falls ent­spre­chen. Sie wird aber den tatsäch­li­chen Verhält­nis­sen nicht im­mer ge­recht; es ist nicht ein­mal rich­tig, sie als Re­gel­fall an­zu­se­hen.

Im Streit­fall hat das FG in Be­zug auf die Auf­wen­dun­gen der Kläge­rin für die Event­ma­na­ger eine Be­rei­che­rung der Ar­beit­neh­mer zu Un­recht be­jaht. Denn die Ar­beit­neh­mer hat­ten durch die Ein­schal­tung der Event­ma­na­ger kei­nen Vor­teil er­langt. Zwar mögen die Event­ma­na­ger für eine pro­fes­sio­nelle Aus­rich­tung der je­wei­li­gen Ver­an­stal­tun­gen ge­sorgt ha­ben. Dies führt als sol­ches aber noch nicht zu einem geld­wer­ten Vor­teil, der über die kos­ten­lose Teil­nahme an den je­wei­li­gen Ver­an­stal­tun­gen hin­aus­geht. Vor­lie­gend be­stand zwi­schen den Be­tei­lig­ten Ei­nig­keit, dass die Vor­aus­set­zun­gen für die Pau­scha­lie­rung der Ein­kom­men­steuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Be­zug auf die Zu­wen­dun­gen an die Kun­den der Kläge­rin aus der kos­ten­lo­sen Teil­nahme an den "Busi­ness Ver­an­stal­tun­gen" während der Wo­chen­en­den vor­la­gen.

§ 37b Abs. 1 Satz 2 EStG enthält für die Be­wer­tung der Zu­wen­dun­gen nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG eine ei­genständige Be­mes­sungs­grund­lage. Diese verdrängt in ih­rem An­wen­dungs­be­reich die Be­wer­tung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Sich hier­durch er­ge­bende un­ter­schied­li­che Be­wer­tungsmaßstäbe und dar­aus fol­gende un­ter­schied­li­che Er­geb­nisse bei der Be­wer­tung ei­ner Sach­zu­wen­dung sind im Ge­setz an­ge­legt und vom Rechts­an­wen­der da­her hin­zu­neh­men. Ein Ver­stoß ge­gen den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz in Art. 3 Abs. 1 GG ist in­so­weit nicht zu be­sor­gen. Denn die Pau­scha­lie­rung der Ein­kom­men­steuer nach § 37b EStG und die da­mit ein­her­ge­hende, von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ab­wei­chende Be­wer­tung der Zu­wen­dun­gen steht zur Wahl des Steu­er­pflich­ti­gen. Der Steu­er­pflich­tige hat es da­mit selbst in der Hand zu be­stim­men, auf wel­cher Grund­lage die Be­wer­tung vor­zu­neh­men ist. In die Be­mes­sungs­grund­lage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG sind alle der Zu­wen­dung di­rekt zu­zu­ord­nen­den Auf­wen­dun­gen (Ein­zel­kos­ten) ein­zu­be­zie­hen. So­weit die Auf­wen­dun­gen Teil ei­ner Ge­samt­leis­tung sind, ist der auf die je­wei­lige Zu­wen­dung ent­fal­lende An­teil an die­sen Auf­wen­dun­gen an­zu­set­zen, der ge­ge­be­nen­falls im Wege der Schätzung zu er­mit­teln ist.

Darüber hin­aus be­steht gem. § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG keine Rechts­grund­lage dafür, be­stimmte ein­zelne Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen aus der Be­mes­sungs­grund­lage aus­zu­schei­den. Nach dem in­so­weit ein­deu­ti­gen Wort­laut des Ge­set­zes be­misst sich die pau­schale Ein­kom­men­steuer nach den "Auf­wen­dun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen ein­schließlich Um­satz­steuer". Ein­schränkun­gen oder Aus­nah­men hier­von sieht das Ge­setz nicht vor. Es kommt hier­nach für die Ein­be­zie­hung ei­ner Auf­wen­dung des Steu­er­pflich­ti­gen in die Be­mes­sungs­grund­lage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG ins­be­son­dere nicht dar­auf an, ob die be­tref­fende Auf­wen­dung, so­fern sie der zu be­wer­ten­den Zu­wen­dung di­rekt zu­re­chen­bar ist, ih­rer­seits (iso­liert be­trach­tet) zu einem Vor­teil des Zu­wen­dungs­empfängers führen würde.

Die Erwägun­gen, die den BFH bei der Be­wer­tung ei­ner Sach­zu­wen­dung gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG dazu ver­an­lasst ha­ben, die Kos­ten für den äußeren Rah­men ei­ner Ver­an­stal­tung nicht in die Be­wer­tung des Sach­be­zugs ein­zu­be­zie­hen, sind auf die Be­wer­tung ei­ner Zu­wen­dung nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG so­mit nicht über­trag­bar. Im Streit­fall hat das FG die strei­ti­gen Auf­wen­dun­gen der Kläge­rin für das Event­ma­nage­ment der T-GmbH ein­schließlich Um­satz­steuer im Er­geb­nis zu Recht in die Be­mes­sungs­grund­lage des § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG ein­be­zo­gen. Die Kläge­rin hat die Auf­wen­dun­gen ge­tra­gen. Sie wa­ren den (steu­er­ba­ren) Sach­zu­wen­dun­gen zu­guns­ten der an den "Busi­ness Ver­an­stal­tun­gen" während der Wo­chen­en­den teil­neh­men­den Kun­den der Kläge­rin zu­dem di­rekt zu­re­chen­bar.

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