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Akteneinsichtsrecht des Insolvenzverwalters gegenüber Finanzbehörde

OVG Schleswig-Holstein 25.1.2018, 4 LB 38/17

Der Aus­kunfts­an­spruch aus § 27 LDSG fällt nicht in die In­sol­venz­masse, weil er höchst­persönli­cher Na­tur und in­fol­ge­des­sen nicht über­trag­bar ist. Die Lan­des­fi­nanz­behörden nach § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG gehören nicht zu den in­for­ma­ti­ons­pflich­ti­gen Stel­len, so­fern Vorgänge der Steu­er­fest­set­zung, Steu­er­er­he­bung und Steu­er­voll­stre­ckung be­trof­fen sind.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen ei­ner Gaststätten­be­triebs­ge­sell­schaft mbH. Er hatte beim be­klag­ten Fi­nanz­amt be­an­tragt, ihm vollständige Ko­pien der Ver­an­la­gungs- und Voll­stre­ckungs­ak­ten der Schuld­ne­rin zur Verfügung zu stel­len. Zu de­ren Guns­ten be­stehe sei­ner An­sicht nach ein An­spruch nach dem In­for­ma­ti­ons­zu­gangs- und nach dem Lan­des­da­ten­schutz­ge­setz. Dem Fi­nanz­amt stehe hin­ge­gen nicht die Möglich­keit der Be­ur­tei­lung zu, für wel­che Zwecke der Kläger die Auskünfte be­gehre.

Das Fi­nanz­amt lehnte den An­trag ab und wies die Wi­der­sprüche des Klägers zurück. Das VG hat das Fi­nanz­amt un­ter Auf­he­bung der Ab­leh­nungs­be­scheide dazu ver­pflich­tet, dem Kläger Ak­ten­ein­sicht für die Voll­stre­ckungs­akte zu gewähren. Auf die Be­ru­fung des Fi­nanz­am­tes hat das OVG das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Klage ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­sion wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Klage ist be­reits un­zulässig, so­weit der Kläger den An­spruch auf Ak­ten­ein­sicht auf § 27 LDSG stützt. Hin­sicht­lich ei­nes sol­chen An­spruchs fehlt dem Kläger be­reits die Ver­wal­tungs- und Verfügungs­be­fug­nis gem. § 80 Abs. 1 InsO und da­mit auch die Pro­zessführungs­be­fug­nis, da der An­spruch nicht dem In­sol­venz­be­schlag un­ter­liegt. Der Aus­kunfts­an­spruch aus § 27 LDSG fällt nicht in die In­sol­venz­masse, weil er höchst­persönli­cher Na­tur und in­fol­ge­des­sen nicht über­trag­bar ist. Ab­ge­se­hen von der feh­len­den Pro­zessführungs­be­fug­nis wäre der Kläger hin­sicht­lich ei­nes An­spruchs aus § 27 LDSG auch nicht kla­ge­be­fugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).

So­weit die Klage zulässig ist, ist sie un­begründet, denn der Kläger hat kei­nen An­spruch auf Ak­ten­ein­sicht. Ein An­spruch aus § 3 S. 1 IZG ist zu ver­nei­nen, weil die Lan­des­fi­nanz­behörden nach § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG nicht zu den in­for­ma­ti­ons­pflich­ti­gen Stel­len gehören, so­fern Vorgänge der Steu­er­fest­set­zung, Steu­er­er­he­bung und Steu­er­voll­stre­ckung be­trof­fen sind. § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG ist durch Art. 1 Nr. 3 b ee IZGÄG in das In­for­ma­ti­ons­zu­gangs­ge­setz ein­gefügt wor­den. Die Neu­fas­sung ist nach Er­lass der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung am 24.5.2017 in Kraft ge­tre­ten. Man­gels Überg­angs­re­ge­lung gilt sie auch für anhängige Anträge auf In­for­ma­ti­ons­zu­gang (vgl. § 14 IZG). Sie ist da­her dem Be­ru­fungs­ur­teil zu Grunde zu le­gen.

Die Be­sei­ti­gung des An­spruchs auf In­for­ma­ti­ons­zu­gang ge­genüber den Lan­des­fi­nanz­behörden durch Art. 1 Nr. 3 b ee IZGÄG ist gülti­ges Recht, denn sie ist mit der Lan­des­ver­fas­sung und dem Grund­ge­setz ver­ein­bar. Ins­be­son­dere Art. 53 S. 1 LV ist nicht ver­letzt. Es han­delt sich um eine Staats­ziel­be­stim­mung. In­di­vi­dual­an­sprüche fol­gen aus ihr nicht. Dies ent­spricht auch der Vor­stel­lung des ver­fas­sungsändern­den Ge­setz­ge­bers. Des­halb sieht Art. 53 S. 1 LV der Ein­schränkung des nur ein­fach­ge­setz­lich ge­re­gel­ten Rechts auf Zu­gang zu In­for­ma­tio­nen durch § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG nicht ent­ge­gen.

Auch ein Ein­griff in ein Frei­heits­grund­recht liegt nicht vor. Ins­be­son­dere greift die Be­sei­ti­gung des In­for­ma­ti­ons­zu­gangs­an­spruchs ge­genüber Fi­nanz­behörden nicht in die Ei­gen­tums­ga­ran­tie gem. Art. 14 GG ein. Zu­dem ist die Be­rufs­frei­heit nicht ein­ge­schränkt. Art. 12 Abs. 1 GG schützt nämlich nur vor sol­chen Be­einträch­ti­gun­gen, die ge­rade auf die be­ruf­li­che Betäti­gung be­zo­gen sind. Es genügt also nicht, dass eine Re­ge­lung oder ihre An­wen­dung un­ter be­stimm­ten Umständen Rück­wir­kun­gen auf die Be­rufstätig­keit ent­fal­tet.

Schließlich ist auch das Gleich­heits­grund­recht aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht ver­letzt. Darin, dass § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG die Fi­nanz­behörden von den in­for­ma­ti­ons­pflich­ti­gen Stel­len aus­nimmt, liegt keine ver­fas­sungs­wid­rige Un­gleich­be­hand­lung. Der all­ge­meine Gleich­heits­satz ge­bie­tet zwar, alle Men­schen vor dem Ge­setz gleich zu be­han­deln. Dem Ge­setz­ge­ber ist da­mit aber nicht jede Dif­fe­ren­zie­rung ver­wehrt. Im vor­lie­gen­den Fall han­delt es sich le­dig­lich um eine Un­gleich­be­hand­lung von Sach­ver­hal­ten. Diese liegt al­lein in der Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen in­for­ma­ti­ons­pflich­ti­gen und nicht in­for­ma­ti­ons­pflich­ti­gen Stel­len. Auch Nach­teile für die Ausübung grund­recht­lich ge­schütz­ter Frei­hei­ten ste­hen nicht in Rede. Da­her ist § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG nur am Maßstab des Willkürver­bots zu prüfen. Un­ter die­ser Vor­gabe ist eine Grund­rechts­ver­let­zung zu ver­nei­nen.

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