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Vorsteuerabzug bei rückwirkender Rechnungskorrektur nach unzutreffender Bezeichnung des Leistungsempfängers

Niedersächsisches FG 23.10.2014, 5 K 140/14

Ein Un­ter­neh­mer kann die Um­satz­steuer aus Ein­gangs­rech­nun­gen nicht als Vor­steuer ab­zie­hen, wenn die Firma des Un­ter­neh­mers zwar als Leis­tungs­empfänger an­ge­ge­ben wird, zusätz­lich aber auch der frühere In­ha­ber des Un­ter­neh­mens na­ment­lich ge­nannt wird. Eine rück­wir­kende Rech­nungs­kor­rek­tur ist je­den­falls dann nicht möglich, wenn in der erst­mals aus­ge­stell­ten Rech­nung der Leis­tende, der Leis­tungs­empfänger, die Leis­tungs­be­schrei­bung und das Ent­gelt mit aus­ge­wie­se­ner Um­satz­steuer nicht oder un­zu­tref­fend an­ge­ge­ben ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten darüber, ob die Kläge­rin im Streit­jahr 2004 die in Rech­nun­gen der Sche­ring Deutsch­land GmbH aus­ge­wie­sene Mehr­wert­steuer als Vor­steuer ab­zie­hen kann. Die Kläge­rin er­warb durch Kauf­ver­trag vom 16.12.2003 mit Wir­kung zum 1.3.2004 von dem Apo­the­ker R. "Die Apo­theke in der xxx Kli­nik in yyy". Sie be­zog u.a. Lie­fe­run­gen von der Sche­ring Deutsch­land GmbH. Die Rech­nun­gen der Sche­ring Deutsch­land GmbH wa­ren teil­weise adres­siert an: Apo­theke in der xxx Kli­nik
yyy
Apo­the­ker F... R.
H. Str.
00000 yyy

Das Fi­nanz­amt führte zwi­schen März und Juli 2010 bei der Kläge­rin eine Außenprüfung durch. Der Prüfer ver­trat die Auf­fas­sung, dass die Kläge­rin nicht be­rech­tigt sei, aus den Rech­nun­gen der Fa. Sche­ring Deutsch­land GmbH nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG Vor­steu­ern zu zie­hen. Denn in den Rech­nun­gen sei der Leis­tungs­empfänger un­zu­tref­fend be­zeich­net wor­den. Durch den Zu­satz "F... R." werde auf einen an­de­ren Un­ter­neh­mer ver­wie­sen, der eben­falls zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt ge­we­sen sei.

Hier­von be­trof­fen wa­ren Rech­nun­gen - nach Ab­zug von Sconti - über ins­ge­samt rd. 145.000 € zzgl. rd. 23.000 € Um­satz­steuer. Dar­auf­hin er­teilte das Fi­nanz­amt im No­vem­ber 2010 einen geänder­ten Um­satz­steu­er­be­scheid 2004, in­dem es ne­ben an­de­ren Ände­run­gen die Vor­steu­er­beträge um 23.000 € kürzte. Be­reits im Sep­tem­ber 2010 hatte die Rechts­nach­fol­ge­rin der Sche­ring Deutsch­land GmbH - die Bayer Vi­tal GmbH- be­rich­tigte Rech­nun­gen er­teilt, die im An­schrif­ten­feld wie folgt lau­te­ten:

Apo­theke in der xxx Kli­nik
yyy
Apo­the­ke­rin B...H.
H. Str.
00000 yyy

Das FG wies die ge­gen den geänder­ten Um­satz­steu­er­be­scheid ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der Sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 UStG kann der Un­ter­neh­mer die ge­setz­lich ge­schul­dete Steuer für Lie­fe­run­gen und sons­tige Leis­tun­gen, die von einem an­de­ren Un­ter­neh­mer für sein Un­ter­neh­men aus­geführt wor­den sind, als Vor­steuer ab­zie­hen. Der Ab­zug setzt nach Satz 2 der Vor­schrift vor­aus, dass der Un­ter­neh­mer eine nach §§ 14, 14 a UStG aus­ge­stellte Rech­nung be­sitzt. Die in 2004 er­teil­ten Rech­nun­gen der Fa. Sche­ring Deutsch­land GmbH be­rech­ti­gen nicht zum Ab­zug der Um­satz­steuer als Vor­steuer.

Nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG in der für das Streit­jahr gel­ten­den Fas­sung muss eine Rech­nung den vollständi­gen Na­men und die vollständige An­schrift des leis­ten­den Un­ter­neh­mers und des Leis­tungs­empfängers ent­hal­ten. Für die Be­zeich­nung des Leis­tungs­empfängers genügt jede Be­nen­nung, die es der Fi­nanz­behörde er­laubt, den Na­men des Leis­tungs­empfängers und des­sen An­schrift ein­deu­tig und ohne wei­te­res nach­zuprüfen. Für die Be­nen­nung des Leis­tungs­empfängers reicht es ins­be­son­dere aus, wenn er in der Rech­nung mit sei­ner Firma i. S. d. § 17 HGB be­nannt wird.

In den streit­be­fan­ge­nen Rech­nun­gen ist zwar die Firma der Kläge­rin, un­ter der sie im Ge­schäfts­le­ben auf­ge­tre­ten ist, be­zeich­net. Durch den Zu­satz "Apo­the­ker R." wird die Rech­nung hin­sicht­lich der Be­nen­nung des Leis­tungs­empfängers falsch, denn sie er­weckt den Ein­druck, als werde R. un­ter der Fir­men­be­zeich­nung ge­schäft­lich tätig. Dies ist je­doch ge­rade nicht der Fall, weil R. die Apo­theke an die Kläge­rin ver­kauft hat. Der rich­tige Leis­tungs­empfänger lässt sich bei die­ser Sach­lage nicht ohne wei­te­res ein­deu­tig er­mit­teln. Der Rech­nungs­empfänger ist des­halb in der Rech­nung falsch be­zeich­net. Das Recht der Kläge­rin, be­reits im Streit­jahr 2004 aus den Rech­nun­gen der Sche­ring Deutsch­land GmbH die Um­satz­steuer als Vor­steuer ab­zu­zie­hen, er­gibt sich auch nicht auf­grund der im Sep­tem­ber 2010 er­folg­ten Rech­nungs­kor­rek­tu­ren.

Zwar laut EuGH-Recht­spre­chung der Vor­steu­er­ab­zug nicht ver­sagt wer­den, wenn die ma­te­ri­ell-recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen hierfür vor­lie­gen und die nicht ord­nungs­gemäßen Rech­nun­gen vor Er­lass ei­ner Ent­schei­dung der Fi­nanz­behörde kor­ri­giert wer­den. Der Se­nat ist al­ler­dings der Auf­fas­sung, dass eine Rech­nungs­be­rich­ti­gung mit Rück­wir­kung auf den Zeit­punkt der erst­ma­li­gen Rech­nungs­er­tei­lung je­den­falls dann nicht in Be­tracht kommt, wenn das zunächst er­teilte Do­ku­ment die Min­dest­an­for­de­run­gen an eine Rech­nung nicht erfüllt. Zu die­sen Min­dest­an­for­de­run­gen gehören An­ga­ben zum Rech­nungs­aus­stel­ler und Rech­nungs­empfänger, die Leis­tungs­be­schrei­bung und die An­ga­ben zum Ent­gelt und zur ge­son­dert aus­ge­wie­se­nen Um­satz­steuer.

Link­hin­weis:

Für den in der Recht­spre­chungs­da­ten­bank der nie­dersäch­si­schen Jus­tiz veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.

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