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Maßgeblicher Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs

BFH 13.2.2014, V R 8/13

Das Recht auf Vor­steu­er­ab­zug ist für den Vor­an­mel­dungs­zeit­raum (Be­steue­rungs­zeit­raum) auszuüben, in dem das Ab­zugs­recht ent­stan­den ist und die Ausübungs­vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen. Der Steu­er­pflich­tige kann die Vor­steuer nicht in späte­ren Be­steue­rungs­zeiträumen gel­tend ma­chen.

Der Sach­ver­halt:
Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand der Kläge­rin ist die "La­ge­rung und Dis­tri­bu­tion von Wa­ren". Sie war In­ha­be­rin ei­nes ihr be­wil­lig­ten Zoll­la­ger­ver­fah­rens Typ C und la­gerte für ihre Auf­trag­ge­ber Wa­ren wie z.B. Haus­halts­geräte und Wa­ren der Un­ter­hal­tungs­elek­tro­nik. Der Kläge­rin ob­lag die zoll­recht­li­che Ab­wick­lung der Ein­la­ge­rung. Sie er­langte kein Ei­gen­tum an den ein­ge­la­ger­ten Wa­ren. Die Zoll­behörde ging da­von aus, dass die Kläge­rin auf­grund feh­ler­haf­ter Ver­wen­dung von Da­ten­ver­ar­bei­tungs­sys­te­men zoll­recht­li­che Be­stands­auf­zeich­nun­gen nicht kor­rekt geführt habe.

Mit ins­ge­samt sie­ben Ab­ga­ben­be­schei­den im Juni und Juli 2008 setzte die Zoll­behörde Zoll und darüber hin­aus i.H.v. rd. 2,8 Mio. € auch Ein­fuhr­um­satz­steuer fest. Rechts­grund­lage für die Er­he­bung der Ein­fuhr­um­satz­steuer wa­ren Art. 203 und Art. 204 Zoll­ko­dex (ZK) i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG. Die Zoll­behörde gab im No­vem­ber 2012 einem Er­las­san­trag der Kläge­rin teil­weise statt und ermäßigte die Ein­fuhr­um­satz­steuer auf rd. 1,76 Mio. €. So­weit die Ab­ga­ben­er­he­bung auf Art. 203 ZK be­ruhte, wies das FG meh­rere Kla­gen ge­gen die Ab­ga­ben­be­scheide ab. Die Kläge­rin ent­rich­tete die in­so­weit ge­schul­dete Ein­fuhr­um­satz­steuer i.H.v. rd. 48.000 €. In Be­zug auf die Ab­ga­ben­er­he­bung nach Art. 204 ZK rich­tete das FG ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen an den EuGH, der in sei­nem Ur­teil vom 6.9.2012, C-28/11, die Zoll­schul­dent­ste­hung aber als mit Art. 204 ZK ver­ein­bar an­sah.

Mit der im Fe­bruar 2009 bei dem be­klag­ten Fi­nanz­amt ein­ge­gan­ge­nen Um­satz­steu­er­vor­an­mel­dung Fe­bruar 2009 machte die Kläge­rin den Ab­zug der ihr ge­genüber durch die Ein­fuhr­ab­ga­ben­be­scheide fest­ge­setz­ten Ein­fuhr­um­satz­steuer i.H.v. rd. 2,8 Mio. € als Vor­steuer gel­tend. Dem­ge­genüber er­ließ das Fi­nanz­amt einen Vor­aus­zah­lungs­be­scheid Fe­bruar 2009, in dem es den gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­er­ab­zug aus Ein­fuhr­um­satz­steuer nicht berück­sich­tigte. Hier­ge­gen wen­det sich die Kläge­rin mit ih­rer Klage. Während des Ver­fah­rens er­ging der Um­satz­steu­er­jah­res­be­scheid 2009, der gem. § 68 FGO Ge­gen­stand des Kla­ge­ver­fah­rens wurde.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Kläge­rin ist zum Vor­steu­er­ab­zug aus der Ein­fuhr­um­satz­steuer schon des­halb nicht be­rech­tigt, da diese im Streit­jahr we­der fest­ge­setzt noch ent­rich­tet wurde. Auf die Frage ei­nes Leis­tungs­be­zugs für das Un­ter­neh­men (für Zwecke be­steu­er­ter Umsätze) kommt es da­her nicht an.

Die Kläge­rin ist nach na­tio­na­lem Recht für das Streit­jahr nicht zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG kann der Un­ter­neh­mer "die ent­rich­tete Ein­fuhr­um­satz­steuer für Ge­genstände, die für sein Un­ter­neh­men nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ein­geführt wor­den sind", als Vor­steuer ab­zie­hen. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG lie­gen im Streit­jahr nicht vor. Die Kläge­rin hat vor­lie­gend Ein­fuhr­um­satz­steuer nur i.H.v. rd. 48.000 € und da­bei in dem Um­fang ent­rich­tet, als das FG mit sei­nen Ur­tei­len die Rechtmäßig­keit der Ab­ga­ben­be­scheide bestätigt hat. Da­nach ist keine darüber hin­aus­ge­hende Ent­rich­tung der Ein­fuhr­um­satz­steuer im Streit­jahr ge­ge­ben.

Die Kläge­rin kann sich für einen Vor­steu­er­ab­zug aus der Ein­fuhr­um­satz­steuer auch nicht auf Uni­ons­recht be­ru­fen. So­weit Ge­genstände für die Zwecke sei­ner be­steu­er­ten Umsätze ver­wen­det wer­den, ist der Steu­er­pflich­tige gem. Art. 168 Buchst. e MwSt­Sys­tRL be­rech­tigt, in dem Mit­glied­staat, in dem er diese Umsätze be­wirkt, vom Be­trag der von ihm ge­schul­de­ten Steuer "die Mehr­wert­steuer, die für die Ein­fuhr von Ge­genständen in die­sem Mit­glied­staat ge­schul­det wird oder ent­rich­tet wor­den ist" ab­zu­zie­hen. Der Be­griff "ge­schul­det" be­zieht sich auf eine recht­lich durch­setz­bare Steu­er­schuld und setzt so­mit vor­aus, dass der Steu­er­pflich­tige zur Zah­lung des Mehr­wert­steu­er­be­trags, den er als Vor­steuer ab­zie­hen möchte, ver­pflich­tet ist. Vor­lie­gend lag das "die Ein­fuhr be­schei­ni­gende Do­ku­ment" i.S.v. Art. 178 Buchst. e MwSt­Sys­tRL, das die Kläge­rin als "Empfänger" oder "Im­por­teur" aus­weist und aus dem sich der "Be­trag der ge­schul­de­ten Mehr­wert­steuer" er­gibt, nicht erst im Streit­jahr (2009), son­dern schon im Vor­jahr vor.

Die Kläge­rin kann für einen Vor­steu­er­ab­zug auch nicht gel­tend ma­chen, sie sei be­rech­tigt, den Vor­steu­er­ab­zug aus ge­schul­de­ter Ein­fuhr­um­satz­steuer nicht nur im Be­steue­rungs­zeit­raum der Schul­dent­ste­hung, son­dern al­ter­na­tiv auch in späte­ren Be­steue­rungs­zeiträumen gel­tend zu ma­chen. Nach § 16 Abs. 2 S. 1 UStG sind von "der nach Abs. 1 be­rech­ne­ten Steuer die in den Be­steue­rungs­zeit­raum fal­len­den, nach § 15 ab­zieh­ba­ren Vor­steu­er­beträge ab­zu­set­zen". Da­nach hat der Un­ter­neh­mer die Vor­steuer in dem Be­steue­rungs­zeit­raum ab­zu­zie­hen, in dem sie ent­stan­den ist. Er kann sie nicht in späte­ren Be­steue­rungs­zeiträumen gel­tend ma­chen. Und schließlich er­gibt sich ein für den Steu­er­pflich­ti­gen be­ste­hen­des Wahl­recht, den Vor­steu­er­ab­zug al­ter­na­tiv auch in einem späte­ren Be­steue­rungs­zeit­raum gel­tend zu ma­chen, auch nicht aus dem Uni­ons­recht.

Link­hin­weis:

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