Hierbei unterscheidet sich die Compliance Due Diligence Prüfung nicht grundsätzlich von einer Due Diligence Prüfung, sie hat jedoch eine etwas andere Zielsetzung und folgt daher einer anderen Systematik. Zudem ist die Compliance Due Diligence sowohl retrospektiv als auch prospektiv und geht damit über eine Legal Due Diligence hinaus. Ihr vorrangiges Ziel ist es zu überprüfen, ob die wesentlichen unternehmensspezifischen rechtlichen und wirtschaftlichen Unternehmensrisiken identifiziert und als Reaktion hierauf angemessene Informations-, Schulungs- und Kontrollmechanismen – auch als Compliance Management System bezeichnet – etabliert wurden, um diesen Risiken zu begegnen. Es geht daher nicht allein um rechtlich zulässiges, sondern darüber hinaus um integeres Verhalten von Mitarbeitern und Führungskräften. Dieses sichert und schützt die Reputation von Unternehmen als wesentlichen Unternehmenswert von zunehmender Bedeutung und vermeidet oder reduziert zumindest hierdurch Haftungsrisiken.

Am Anfang einer Compliance Due Diligence Prüfung steht somit immer die Ermittlung der rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken, die für das Unternehmen wesentlich sind. Hierbei kommt es auf die Branche und das individuelle Umfeld an, in dem das konkrete Unternehmen agiert: Handelt es sich um einen regulierten Sektor, wie etwa Pharmaunternehmen, Abfallwirtschaft oder Banken? Zählt das Unternehmen zum produzierenden Bereich und ist daher Produkthaftungsrisiken ausgesetzt? Ist das Unternehmen maßgeblich auf den Export ausgerichtet? Gibt es interne Regelungen, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, jedoch wesentliche Unternehmenswerte repräsentieren wie etwa Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit?
Erfahrungsgemäß stehen bei Compliance Due Diligence Prüfungen insbesondere die Bereiche Einkauf, Verkauf sowie Rechnungswesen im Fokus, da sich dort erhebliche haftungs- und ggf. sogar strafrechtlich relevante Risiken wie etwa Korruption, Kartellverstöße, Betrug oder Untreue verwirklichen können, die zudem den Fortbestand des Unternehmens gefährden können. Wichtig ist jedoch, die Mitarbeiter bei der Durchführung der Prüfung mitzunehmen, damit nicht der Eindruck entsteht, diese Abteilungen stünden unter Generalverdacht. Auch darf die Analyse unternehmens- und branchenspezifischer Risiken, etwa Umwelt- oder Produkthaftungsrisiken, hierdurch nicht ins Hintertreffen geraten. Aktuell zeigt sich zudem, dass insbesondere die mit dem Einsatz von Computern und dem Internet verbundenen IT-Risiken von zahlreichen Unternehmen unterschätzt werden.
Neben der materiellen Prüfung ist Gegenstand der Compliance Due Diligence auch eine funktionelle Prüfung des Compliance Management Systems des Zielunternehmens, sofern dieses über ein solches System verfügt. Dieses sollte alle wesentlichen Unternehmensbereiche erfassen und stringent und in sich konsistent etabliert sein. Auch ist zu klären, welche Informations- und Kontrollstrukturen es gibt und ob die Mitarbeiter regelmäßig und in angemessenem Umfang geschult werden. Von großer Relevanz für den Käufer ist die Überprüfung des Systems auf Schwachstellen, aus denen bislang unbekannte Haftungsrisiken resultieren können. Anhaltspunkte für eine Compliance Prüfung lassen sich dem Prüfungsstandard 980 des IDW entnehmen. Hat das Zielunternehmen bislang kein Compliance Management System eingerichtet, lässt dies ggf. auch Rückschlüsse auf die Compliance Kultur und Haftungsrisiken zu, die entsprechend im Kaufpreis oder im Garantiekatalog berücksichtigt werden müssen.
Die Ergebnisse der Compliance Due Diligence bestimmen maßgeblich den weiteren Verlauf der Vertragsverhandlungen und können im schlimmsten Fall zu ihrem Abbruch führen, etwa bei erheblichen kartell-, korruptions- oder produkthaftungsrechtlichen Risiken. In jedem Fall fließen die Ergebnisse in die Vertragsgestaltung, etwa in den Garantie- und Gewährleistungskatalog oder in Freistellungsregelungen sowie in die Kaufpreisfindung ein.
In der Praxis hat sich der Trend weg von einer reinen Legal-, Tax- oder Finance-Due Diligence hin zu einer Compliance Due Diligence bewährt. Der Käufer erhält hierdurch einen umfangreicheren Einblick in das Zielunternehmen, was sowohl das Risiko von Fehlinvestitionen reduziert als auch die spätere Integration des Zielunternehmens in die eigene Unternehmensstruktur erleichtert. Der mit der Durchführung einer Compliance Due Diligence verbundene Mehraufwand ist somit gut investierte Zeit und gut investiertes Geld.